Balve. Immer öfter ist das Frühjahr im Hönnetal rappeltrocken - auch wenn Gewitter die Regenbilanz nach oben treiben. Dem Wald droht Gefahr.
Er war so guter Hoffnung: Balves Förster Richard Nikodem. Ein nasser Winter ging im Hönnetal nahtlos in einen feuchten Frühling über. Das Dürre-Problem schien gelöst. Doch Ende Mai drehte sich die Großwetterlage fundamental. Auf patschnass folgte rappeltrocken. Die inzwischen vierwöchige Trockenheit war vor allem in der Anfangszeit von frischem Ostwind begleitet. Die mitunter steife Brise ließ die gerade durchgefeuchteten Böden schneller trocknen als erwartet. Inzwischen kursiert bei Meteorologen das Stichwort „Blitzdürre“. Förster Nikodem muss die Folgen bekämpfen. Wie macht er das?
+++ BALVES WALD: MILLIONENSCHÄDEN AUF WIRTSCHAFTSWEGEN +++
Ausgerechnet eine Folge von zu viel Wasser bereitet ihm die Zeiten von zu wenig Wasser am meisten Sorgen. Monster-Tief „Bernd“ hatte dem Hönnetal am 14. Juli 2021 nicht nur ein fatales Hochwasser beschert – Dauerregen spülte Wirtschaftswege aus. Es gab Millionenschäden. Inzwischen sind Fördermittel da.
Die Wiederherstellung der Pisten gehört zu den Langzeitaufgaben von Richard Nikodem. Seit Anfang Mai ist er, gemeinsam mit Mitarbeitern der Fachfirma Trippe, zwischen Mischwald und Fichtenschonung unterwegs, um, wie er sagt, „Wege zu schieben“. Dazu wird ein sechsrädriges Spezialfahrzeug eingesetzt, ausgestattet mit zwei Baggerschaufeln. Das gelbe Ding nennt sich „Grader“. Die Trippe-Truppe rückt damit Fahrspuren gerade, buchstäblich. Manchen Zeitgenossen geht das schnell nicht genug. Sie argwöhnen behördlichen Schlendrian. Forst-Experte Nikodem hält gegen. Der harte Oberboden ist schwer zu bearbeiten. Immerhin: „Wir sind in Volkringhausen so weit durch, jetzt fahren wir nach Mellen und Langenholthausen.“ Wie sieht’s aus im Forst?
Riesengroße Waldbrandgefahr
„Wir haben eine riesengroße Waldbrandgefahr“, weiß Richard Nikodem. „Das Forstamt ist in Waldbrandbereitschaft versetzt worden. Ein Kollege ist immer über das Notfalltelefon erreichbar, fürs ganze Forstamt. Wir haben aber bis jetzt noch keine Waldbrände gehabt.“ Schäden sind dennoch entstanden. Wie das?
+++ NEUAUFFORSTUNG IM BALVER WALD: DROHNE IM ANFLUG +++
Als Borkenkäfer wüteten, musste krankes Nadelholz schnellstmöglich raus aus der Gefahrenzone Wald. Vor allem Fichten fielen. Zurück blieben Kahlflächen. Teilweise rückte grünende Natur durch wilde Aussaat nach, teilweise pflanzten Richard Nikodem und die Forstbetriebsgemeinschaften im Hönnetal Bäume auf eigene Rechnung nach. Die Jungpflanzen sind der Sonne auf Freiflächen wenig überraschend stärker ausgesetzt, als würden sie zwischen ausgewachsenen Bäumen sprießen. Vor allem auf Kuppen sowie West- und Südhängen brennt die Sonne gerade gnadenlos.
„Einzelne Baumarten tun sich da echt schwer“, weiß der Experte. „Ich hatte letztens einen Waldbesitzer am Telefon, ihm sind die Küstentannen weggetrocknet. Kiefer und Buche hat er auch gepflanzt. Die haben es wohl noch geschafft.“
Dabei haben sich die Waldbesitzer längst auf ein geändertes Klima eingestellt. Sie haben bemerkt, dass sich in den vergangenen Jahren gerade im Frühjahr Trockenzeiten häufen. Deshalb setzen sie kleinere Pflanzen als früher üblich. Warum?
„Das haben den Charme, dass kleinere Bäume weniger Wasser verbrauchen“, stellt Richard Nikodem fest. Größere Gewächse hingegen reagierten auf Trockenstress mit einem Pflanzschock.
Der Experte mag jedoch nicht für alle Lagen im Hönnetal Alarm schlagen. Geschützte Lagen im Tal haben von den feuchten Monaten in der kalten Jahreszeit profitiert. Wie die Statistik des lokalen Internetportals wetter-balve.de ausweist, waren bis Juni sämtliche Monate zu nass. Im Januar, März und Mai fiel gar in etwa das Doppelte der gewohnten Regenmenge.
Der Juni wird vermutlich mit einer kuriosen Niederschlagsbilanz in die heimische Wetter-Geschichte eingehen. Die Trockenheit wird in der Summe wohl durch zwei Gewittergüsse kaschiert. Einen Sturzregen hat Balve bereits hinter sich. Am 23. Juni fielen binnen kurzer Zeit 40,8 Liter Regen pro Quadratmeter. Am Freitag könnte ein weiteres Donnerwetter dafür sorgen, dass die Bilanz zumindest ausgewogen bleibt. Nützt das dem Boden?
Brettharter Boden
Leider nicht. Der jüngste Starkregen hinterließ auf Straßen im Stadtgebiet braune Spuren. Erdreich von Äckern, Wiesen und Wegen wurde kurzerhand gespült. Schlammiges Hönnewasser fand sich noch Tage später in der Ruhr wieder und sorgte im Revier buchstäblich für Aufsehen. Im heimischen Boden kam der Regen nicht an. Er war bretthart.