Arnsberg/Werl. . Sie brauchte Geld für eine Brustvergrößerung, deshalb ließ sie ihre eigene Bank überfallen: Eine Bank-Filialleiterin aus Werl und ihr Freund müssen für drei Jahre und drei Monate in Haft. Ein dritter Angeklagter wurde zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Ihn hatte im letzten Augenblick der Mut verlassen.

Schwarzes T-Shirt, grauer Schal, die dunklen Haare zum Pferdeschwanz gebunden, die schmalen Lippen zusammengepresst - betont dezent sitzt die 23-Jährige Ex-Sparkassenangestellte auf der Anklagebank des Arnsberger Landgerichts. Das Urteil nimmt sie wie ihre beiden Mitangeklagten gefasst auf.

Zu je drei Jahren und drei Monaten Gefängnis werden sie und ein 26-jähriger Freund wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung und Freiheitsberaubung verurteilt. Der dritte Angeklagte, ein 29-jähriger Arnsberger, bekommt 18 Monate Haft auf Bewährung - weil ihn im letzten Moment der Mut verlässt und er sich samt Fluchtfahrzeug aus dem Staub macht.

Die Sparkassenfiliale in Werl-Büderich wurde am 20. Mai 2011 überfallen. Beute: 95 000 Euro. Schnell war klar: Es muss Insider-Wissen im Spiel gewesen sein. Mitte Juni klicken die Handschellen bei der 23-jährigen Filialleiterin und einem 26-jährigen Freund.

Überfall mit Freund aus Neheim ausgeheckt

Das Gericht sieht folgende Version als erwiesen an: Die junge Frau heckt den Plan mit dem drei Jahre älteren Mann, der inzwischen in Neheim wohnt und sich mit einer Autowerkstatt auf Bergheim selbstständig gemacht hat, aus. Bei ihrem ersten Einsatz als Filialleiterin will sie per SMS signalisieren, wenn die Lage günstig sei.

Der 26-Jährige stiehlt mit dem dritten Angeklagten, einem Arnsberger mit einem Hang zu schnellen, teuren Autos, am 19. Mai in Neheim einen Motorroller, den sie im Bulli nach Büderich bringen. Sie setzen ihre Motorradhelme auf, kreisen durch den Ort, warten auf das Startsignal aus der Bank. „Ja, die Felgen können gekauft werden“, schreibt die Filialleiterin um 16.28 Uhr.

Dann geht alles ganz schnell: Der Motorroller braust vor die Sparkasse, beide Männer steigen ab und steuern auf die Glastür zu. Der 29-Jährige bekommt Bedenken, will dem 26-Jährigen den Überfall ausreden. Der lässt sich nicht beirren. Mit einer - nicht geladenen - Softair-Pistole bedroht er seine Komplizin und die Sparkassen-Auszubildende, reicht einen vorbereiteten Zettel herüber. Die 23-Jährige hat dafür gesorgt, dass sich die junge Auszubildende außer Reichweite eines Alarmknopfes befindet. Die Frau wird mit Kabelbindern an einen Stehtisch gefesselt.

95 000 Euro Beute in Rucksack gestopft

Die Aktenlage war eindeutig. Drei Jahre und drei Monate Haft für die Hauptangeklagten lautet das Urteil.
Die Aktenlage war eindeutig. Drei Jahre und drei Monate Haft für die Hauptangeklagten lautet das Urteil. © Uwe Schaffmeister

Die Filialleiterin und ihr Mittäter stopfen im Tresorraum das Geld - stolze 95 000 Euro, eine Summe, die selbst den 26-Jährigen überrascht - in einen Rucksack. Der Bankräuber flüchtet durch den Hinterausgang, will zum Fluchtauto. Doch das ist samt Mittäter verschwunden. So rennt er um 16.34Uhr mit Helm und Beute durch Büderich, bis ihn eine nichts ahnende Freundin abholt und nach Neheim zu seiner Halle bringt. Dort wird später das Geld verteilt - je 10 500 Euro bekommen die junge Frau und der 29-Jährige. Als der 26-Jährige im Urlaub erfährt, dass ihm die Ermittler dicht auf den Fersen sind, stellt er sich freiwillig, legt ein Geständnis ab. Seine Mittäterin hingegen rückt nur zögernd mit der Sprache heraus.

Das Gericht folgt bei der Verurteilung der beiden Männer der Forderung des Staatsanwaltes. Für die Bankangestellte hat dieser viereinhalb Jahre Haft gefordert. Die Verteidiger plädieren auf Bewährungsstrafen. Das kommt für das Gericht nicht in Frage. Der Vorsitzende Richter der 2. Großen Strafkammer, Willi Erdmann, betont in der Urteilsbegründung: „Dieser Fall hatte seine Besonderheit. Aber ein Sparkassenüberfall bleibt ein Sparkassenüberfall.“

Geldwünsche für Brustvergrößerung und neues Auto

Geldnot sei bei dem 26-Jährigen als Motiv anzusehen. Er habe dringend Geld für einen Bulli für sein neu gegründetes Unternehmen benötigt. Bei der Filialleiterin sei es darum gegangen, „sich Wünsche zu erfüllen“ - wie eine Brustvergrößerung und ein neues Auto. Davon, dass sie dem 26-Jährigen hörig sei, wie die junge Frau glauben machen wollte, sei „in der Hauptverhandlung nicht mal im Ansatz“ etwas erkennbar gewesen. Auch eine mangelnde Ablösung vom streng gläubigen Elternhaus, die ihr Verteidiger anführte, sei nicht erkennbar.

Für die Täter spreche, dass die Beute bis auf 327,33 Euro bereits zurückgezahlt wurde. Auch ein Teil der 3500 Euro Schmerzensgeld an die Auszubildende, die wegen des Überfall-Traumas noch heute in therapeutischer Behandlung ist, wurde schon überwiesen. Der 26-jährige Jungunternehmer, der in zwei Monaten Vater wird, gab sich im letzten Wort reumütig: „Ich möchte mich in allerschärfster Form entschuldigen. Es war einfach eine Schwachsinnsidee. Ich weiß heute nicht, was mich da geritten hat.“