Arnsberg/Werl. . Ein Trio hatte sich vor der 2. Großen Strafkammer des Arnsberger Landgerichts wegen des Überfalls auf die Sparkasse in Werl-Büderich am 20. Mai des vergangenen Jahres zu verantworten

Der Vorsitzende Richter der 2. Großen Strafkammer, Willi Erdmann, brachte auf den Punkt, was sich viele im voll besetzten Gerichtssaal fragten: „Wie kann eine junge Frau mit qualifizierter Ausbildung und geregeltem Einkommen ohne Geldprobleme, auf die Bereitschaft kommen, sich in so etwas zu begeben?“ Und direkt an die Frau gewandt, die zusammen mit einem 26-jährigen Freund am 20. Mai 2011 die Sparkassenzweigstelle Werl-Büderich überfallen und 95 000 Euro erbeutet hatte (siehe Bericht auch auf Seite Westfalen-Rundschau im Hauptteil), sagte Erdmann: „Bei Ihnen hab’ ich lange darüber nachgedacht“.

26-Jähriger bemühte sich von Anfang an Schaden zu begleichen

Verlegen und mit Tränen in den Augen antwortet die frisch gebackene Bankangestellte mit Abitur: „Es gab keine finanzielle Not und auch mit Wünschen hat das nichts zu tun“. Und dann stammelt sie was vom „Gefallen für den langjährigen Freund“ und von einem „Ehrenwort“, bis sie schließlich doch zugibt, dass sie einen Teil der Beute auch für eine Vergrößerung ihres Busens aufwenden wollte. Also doch ein finanzielles Motiv für einen langgehegten Wunsch? Letztendlich konnte der gesamte Hintergrund vor Gericht gestern aber nicht aufgeklärt werden. Vieles über die Motivlage blieb im Verborgenen. Und ihr anfangs angekündigtes lückenlose Geständnis war dann doch von einigen Unstimmigkeiten und vagen Schilderungen gekennzeichnet.

Anders die Lage und das Verhalten beim 26-jährigen Mitangeklagten. Dem mittlerweile selbstständigen Autohändler, der inzwischen in Neheim wohnt und eine Garage auf Bergheim unterhält, war von Anfang an anzumerken, dass er gestern vor Gericht reinen Tisch machen wollte, ohne Wenn und Aber. Auch seine Bereitschaft, den Schaden wieder gut zu machen und Schmerzensgeld dem Opfer, einer Bankauszubildenden, die gestern berichtete, wie schlecht es ihr heute immer noch nach dem Überfall geht, zukommen zu lassen. Auch war sein Motiv schnell nachvollziehbar: Er wollte mit einem neuen Bulli einen weiteren Schritt in die begonnen Selbstständigkeit gehen. „Von der Beute war ich überrascht, dass es soviel war. Für mich zu viel, wusste gar nicht, was ich damit anstellen sollte“, schilderte er gestern dem Gericht.

Nachdem der Überfall, bei dem der 3. Angeklagte, ein 29-jähriger Mann aus Arnsberg, in letzter Sekunde vor der Tat abgesprungen war, so reibungslos über die Bühne ging, versteckte der Autohändler zunächst das Geld in einer Garage im Haus der Eltern in Werl, bevor er die Mittäter nach und nach auszahlte.

Auch der Rückzieher des dritten Täters bewahrte ihn nicht vor einer Anklage. Wegen Mitwirkung an dem Überfall wird er einer Beihilfe beschuldigt, während sich die beiden anderen Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu verantworten haben.

Angefangen hatte eigentlich alles damit, dass die junge Bankangestellten ihren langjährigen Vertrauten mal wieder sprechen wollte, weil ihr neuer Freund ihr den Umgang mit ihm untersagte. So meldete sie sich einige Tage vor dem Überfall und erzählte dem 26-Jährigen, wie kurios die Situation in der Sparkasse war, dass sie sogar einen Tag mit einer Auszubildenden allein sei, die Überwachungskameras defekt seien und eine Menge Geld im Tresor lagere. Schnell hatte man gemeinsam den Plan ausgeheckt, das Ding durchzuziehen. Binnen einer Stunde, so der 26-Jährige gestern vor Gericht, sei die komplette Tatausführung besprochen worden. Dann machte er sich auf den Weg, um noch einen Bekannten mit Geldsorgen zu finden, den er dazu einteilen konnten, die Auszubildende, die die beiden Hauptangeklagten schon länger kannten, in Schach zu halten.

Vorbereitet wurde auch ein Zettel mit der Aufschrift: „Tür zu - Geld raus“. „Hätte ich gesprochen, hätte die Auszubildende mich erkannt“, sagte der Angeklagte. Nur, dass der frisch angeheuerte Mittäter so schnell kalte Füße bekam, damit hatte keiner gerechnet. So musste der 26-Jährige dann seinen zugedachten Part mitübernehmen und auch noch die Auszubildende fesseln. Aber alles ging erst über die Bühne, nachdem die 23-Jährige per SMS signalisiert hatte, dass die Luft rein sei.

Und weil der dritte Täter mitsamt dem vorgesehenen Fluchtauto getürmt war, musste der Bankräuber mit Sturmhaube und Motorradhelm nach der Tat durch halb Büderich laufen. Schließlich gelang es ihm, nach Hause zu kommen. Bei den Eltern wurde in einer ungenutzten Garage das Geld gebunkert.

Tage später gönnte er sich erstmal einen Urlaub auf Kreta. Schon unterwegs ereilten ihn Meldungen von der Festnahme der Freundin. Er reiste zurück und stellte sich sofort der Polizei. Gleichzeitig begann er, den Schaden wieder gut zu machen, was sicherlich positiv beim Strafmaß bewertet werden dürfte.

Der Prozess wird am 16. Januar fortgesetzt.