Arnsberg. Mit diesen Strategien möchten Hoteliers und Küchenchefs aus Arnsberg Stellen neu besetzen. Früher übliches Verhalten in der Branche ist passé.

„Die Zeiten, in denen Pfannen durch die Küche flogen und der Chef die Servicekräfte angebrüllt hat, sind vorbei. Heutzutage befindet man sich auf Augenhöhe mit seinen Angestellten“, sagt Christian Danne. Seit 1995 führt der Gastronom die Geschicke des Gasthofs Danne im Schatten von Kloster Oelinghausen.

Solche Eskapaden und Wutausbrüche könne man sich in der Branche gar nicht mehr leisten. Es sei denn, man wolle die Personalsituation im eigenen Betrieb noch weiter verschärfen. Fachkräftemangel wird in nahezu jedem Wirtschaftszweig in Deutschland beklagt. Aber in der Gastronomie sei das Problem bereits Ende der 90er Jahre erstmals aufgeploppt. Sukzessive habe sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Laufe der Zeit verschlechtert. „Corona hat dann die Lage verschärft. Früher waren wir mit bis zu 22 Personen hier im Gasthof aktiv, aktuell sind wir noch zu elft“, sagt Christian Danne.

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Offene Stellen habe er der Agentur für Arbeit schon vor geraumer Zeit gemeldet, alle zwei Monate würde er aus Meschede angerufen und gefragt, ob das Stellenangebot noch so aktuell sei. Doch Rückmeldungen von Bewerbern gebe es praktisch keine einzige. Über soziale Medien und per Aushang in Schulen sucht Danne Aushilfskräfte für das Wochenende oder die Abendstunden. Aber auch dort ist die Erfolgsquote überschaubar.

Sicherlich hat man früher in manchen Häusern die Mitarbeiter regelrecht verheizt. Dahingehend ist das heutzutage ein ganz anderes Arbeiten.“
Friederike Menge - über den Wandel in der Branche im Umgang mit den Mitarbeitern

„Wir haben uns bewusst vor längerer Zeit dazu entschieden, dass montags und dienstags Ruhetag ist. An Sonntagen haben wir nur mittags und nachmittags geöffnet, damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Freizeit haben“, so Danne. In den Abendstunden habe man feste Schließzeiten, sodass niemand mehr bei im Gasthof Danne bis Mitternacht schuften müsse. „Wir wollen den alten Klischees von miesen Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung mit fairen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen entgegentreten“, unterstreicht Christian Danne.

Koch und Gastronom Christian Danne an seinem Arbeitsplatz: der Küche im Gasthof Danne in Oelinghausen.
Koch und Gastronom Christian Danne an seinem Arbeitsplatz: der Küche im Gasthof Danne in Oelinghausen. © Eric Claßen | Eric Claßen

Vergleichbare Erfahrungen hat auch Friederike Menge gemacht. Die 32-jährige Arnsbergerin hat den elterlichen Hotel- und Restaurantbetrieb übernommen und dabei gelernt, die heutigen Gegebenheiten anzupassen. „Sicherlich hat man früher in manchen Häusern die Mitarbeiter regelrecht verheizt. Dahingehend ist das heutzutage ein ganz anderes Arbeiten. Während meiner Ausbildung waren Schichten, die zehn oder zwölf Stunden lang waren, die Regel. Mein Cousin hat drei Jahre nach mir angefangen und musste dann nur noch acht Stunden arbeiten“, berichtet die junge Hotelchefin.

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Grundsätzlich könne sie jungen Menschen die Arbeit in der Hotellerie und Gastronomie nur empfehlen. „Die Branche ist international. Ich habe selbst in London und Kopenhagen gearbeitet, meine Ausbildung in einem Fünf-Sterne-Hotel mit Sterneküche in Hamburg absolviert. Wir Deutschen sind in der Hotelbranche gern gesehen. Wir gelten noch immer als professionell, zuverlässig, pünktlich und sehr gut ausgebildet. Deswegen kann man auch richtig Karriere machen und sich weiterbilden, wenn man möchte“, zählt Menge die Vorteile des Berufs auf.

Mittlerweile habe sich die Ausbildung in Deutschland verändert. Früher habe man in Hotels beispielsweise grundsätzlich noch wirklich alle Abteilungen durchlaufen. Vom House Keeping über die Küche, den Service bis hin zu den ganzen administrativen Tätigkeiten. Mittlerweile sei das etwas anders. Man unterscheide nun zwischen der Ausbildung für Restaurantfachangestellte und für Hotelfachangestellte. „Wir können bei uns im Haus nur Restaurantfachangestellte ausbilden, weil wir für die Ausbildung von Hotelfachangestellten gar nicht alle Abteilungen hier im Hotel haben. Dazu müsste man in einem größeren Haus anfangen.“

Wenn das Personal fehlt, bleiben die Zapfhähne geschlossen und es fließt auch kein Bier in der Gastronomie. (Symbolfoto)
Wenn das Personal fehlt, bleiben die Zapfhähne geschlossen und es fließt auch kein Bier in der Gastronomie. (Symbolfoto) © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Dafür hätten junge Köche einen unschätzbaren Vorteil, wenn sie beim Hotel- und Restaurant Menge anfangen würden. „Bei uns dürfen die Azubis schon richtig mitarbeiten, während ich in Hamburg miterleben durfte, dass sie dort anfangs nur Hilfsarbeiten ausüben mussten. Wer also das Kochhandwerk direkt lernen möchte und mit großer Leidenschaft dabei ist, kann hier kreativ sein und schnell Erfahrungen sammeln“, so Menge.

Wie beim Gasthof Danne ist das Restaurant bei Menge auch an zwei Tagen die Woche geschlossen. „Anders kann man Mitarbeiter gar nicht mehr halten. Wir haben uns auch schon vor vielen Jahren dazu entschlossen, Weihnachten zu schließen und am 1. Mai. Es ist immer wichtig, die richtige Balance zu finden. Zum einen soll der Gast zufrieden sein, zum anderen muss ich aber auch zufriedene Mitarbeiter haben.“

So schätzt DEHOGA die Lage ein

Hans-Dietmar Wosberg, Präsident des DEHOGA Westfalen und Arnsberger Gastronom, äußert sich zum Thema Fachkräftemangel in der Hotellerie und Gastronomie: „Erst einmal freuen wir uns, dass wir an den Trend des Beschäftigungsaufbaus vor Corona wieder anknüpfen konnten. Wir haben über 20 Prozent neue Beschäftigungsverhältnisse zwischen 2013 und 2023 aufbauen können und liegen nach deutlichen Verlusten während der Pandemie wieder rund ein Prozent über 2019.“

Aber der Arbeits- und Fachkräftemangel bleibe nach seiner Einschätzung eine der größten Herausforderungen. „Machen wir uns nichts vor. Wir versuchen Prozesse zu optimieren, unser Angebot anzupassen genauso wie Öffnungszeiten und Ruhetage. Natürlich geht es auch damit, sich insgesamt attraktiver zu machen – die Ausbildungsvergütungen beginnen heute beispielsweise bei 1.100 Euro, der letzte Tarifabschluss brachte deutliche Lohnsteigerungen – im Bereich der Arbeitsbedingungen tut sich einiges. Manche Hotels im HSK bieten beispielsweise eine 4-Tage-Woche an. Es gibt sehr viele Stellschrauben, von denen jeder in seinem Betrieb prüfen muss, ob er sie drehen möchte, aber auch kann.“

Sein Eindruck sei, dass man in allen Bereichen, sowohl bei den Fachkräften wie den Aushilfen Verstärkung gebrauchen könne, unabhängig von der Betriebsart. Also, Restaurants suchen genauso wie Hotels. „Was das Gastgewerbe sicherlich auszeichnet, ist unsere Offenheit und Integrationsbereitschaft wie -fähigkeit. Wir können Integration, insofern sind wir offen für Menschen mit Migrationshintergrund, Quereinsteiger, aber natürlich auch für Menschen mit Behinderungen.“

Am Ende zähle für viele Nachwuchskräfte und Auszubildende das Gesamtpaket und dazu könne auch die Strahlkraft eines Betriebes gehören. Für alle Betriebe gelte gleichermaßen, dass man sich heute „mehr auf die Hinterbeine“ stellen müsse, um gute Beschäftigte zu bekommen – egal in welchem Segment.

Doch nicht nur bei den Gastgebern setzt ein Umdenken ein. Friederike Menge stellt seit den Corona-Lockdowns fest, dass die Gäste mehr Verständnis dafür hätten, wenn Restaurants nicht mehr jeden Tag und von mittags bis spät in den Abend geöffnet haben. „Früher haben die letzten Nachtschwärmer noch in Ruhe ihr Bier an der Theke ausgetrunken und die Servicekräfte mussten noch so lange bleiben. Mittlerweile fragen aber auch viele Gäste nach der Rechnung, wenn sie sehen, dass sich das Lokal leert. Auch in persönlichen Gesprächen zeigen viel Verständnis dafür, dass wir in unserer Branche flexibler werden mussten.“