Arnsberg. Rudolf Schmidt nutzt neue Cannabis-Gesetze: „Highlife Arnsberg“ entsteht.
Er fühle sich nicht mehr wie ein Verbrecher. Könne offen darüber schreiben. Sogar reden. Rudolf Schmidt (27) freut sich über die Teil-Legalisierung von Cannabis. „Ich war mir eigentlich von Anfang an sicher, dass die Legalisierung kommt“, sagt er. So sicher, dass er gemeinsam mit Freunden und Verwandten einen der ersten Cannabis-Clubs in Arnsberg gründet: den eingetragenen Verein „Highlife Arnsberg“.
Er selbst rauchte mit 16 Jahren seinen ersten Joint. „Heute rauche ich eigentlich fast gar nicht mehr“, so Schmidt. „Höchstens so drei- bis viermal im Jahr.“ Es habe ihn damals beruhigt, er habe einen klaren Kopf gehabt und auch keinen Blödsinn geredet. „Es gibt ja nicht nur negative Seiten - zum Beispiel regt es den Appetit an. Irgendwie schmeckt das Essen besser. Bei mir waren es süße Speisen, die ich dann gerne aß.“
Außerdem sei Cannabis auch für Sportler gar nicht schlecht. „Es dient im Sport oft der Muskelentspannung“, so Rudolf Schmidt. Alkohol greife die Muskeln dagegen an. Also wäre das Feierabendbier für sie halt der Feierabend-Joint. „Warum nicht!? Ein Joint entspannt mich mehr als ein Bier.“
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„Egal-Einstellung“ schmälert Schullust
Und dennoch: Rudolf Schmidt steigerte damals in kurzer Zeit seinen Konsum. „Ich habe dann teils schon morgens nach dem Aufstehen einen Joint geraucht“, gibt er zu. Und auch, dass er eine gewisse „Egal-Einstellung“ bekam, erzählt er offen. „Ich habe dann auch die Schule vernachlässigt und letztlich abgebrochen.“ Der Gymnasiast begann dann mit einer Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik, brach auch diese ab. „Ich fühlte mich unterfordert - wollte etwas Eigenes.“
Es kam eine Zeit, in der er merkt, dass das regelmäßige tägliche Kiffen ihn „nicht mehr glücklich macht“. Er habe sich nicht mehr wohlgefühlt, so sagt er heute. Einmal, weil die Zusammensetzung des Cannabis sich mit der Zeit verändert habe. Aber auch weil er Einschlafprobleme bekam, wenn er mal nicht rauchte. „Nebenwirkungen“, wie er bestätigt. „Das Gras wurde stärker - löste stärkere Nebenwirkungen aus.“ Er begründet dies mit „Düngemitteln aus China“, die extrem ungesund seien. Mit etwa 23 Jahren hörte er mit dem intensiven Rauchen von Cannabis auf.
Highlife Arnsberg soll sensibilisieren und die Community zusammenbringen
„Wenn mich damals jemand begleitet hätte, wäre es vielleicht anders gelaufen“, so Rudolf Schmidt heute. Genau das möchte er mit seinem Verein „Highlife Arnsberg“ - Menschen sensibilisieren, begleiten und zusammenbringen. Zu den Mitgliedern gehörten bereits jetzt Politiker ebenso wie Arbeiter oder auch Menschen, die Cannabis zu medizinischen Zwecken verschrieben bekommen. Diese Menschen tauschten sich bereits aus - und würden vom Verein begleitet.
Natürlich werde er keine 16-Jährigen begleiten - die Mitglieder im Verein müssten 18 Jahre alt sein. „Der Jugendschutz ist uns sehr wichtig“, sagt Schmidt, „meiner Meinung nach fehlt es da auch an Prävention in den Schulen - schon in der Grundschule bestmöglich. Und dann alle zwei Jahre in der weiterführenden Schule.“ Trotzdem sehe er Cannabis nicht als Einstiegsdroge, sondern hält eher falsche Freundeskreise für schuldig. „Wenn im Freundeskreis härtere Drogen genommen werden, fällt man schnell da rein.“
Er und sein Verein hielten sich konsequent an die Gesetzeslage - und dementsprechend auch an das Ziel, den Jugendschutz zu verstärken und den Schwarzmarkt zu schwächen. „Gänzlich ausschalten wird man den Schwarzmarkt nicht“, so der erfahrene Cannabis-Konsument.
Außerdem sei auch Aufklärungsarbeit geplant. „Wir richten eine Präventionsabteilung und Suchtberatung ein.“ Und wenn jemand aussteigen wolle, so sei dies auch gar kein Problem. Denn einerseits gebe es die Möglichkeit, die Vereinsmitgliedschaft mit einer zweimonatigen Frist aufzukündigen, andererseits könne man sie auch für drei Monate ruhen lassen.
„Notfalls kicken wir auch jemanden raus“
Und was, wenn ein 18-jähriges Mitglied seine erlaubten Cannabis-Bestände mit Minderjährigen teilt? „Wir können natürlich nicht überprüfen, ob unsere Mitglieder Cannabis an Minderjährige weitergeben“, so Rudolf Schmidt, „aber notfalls kicken wir auch jemanden raus.“
Das ist erlaubt, das verboten
500 Mitglieder darf ein Cannabis Social Club haben.
Ab dem 1. Juli dürfen die Vorsitzenden den Eigenanbau beantragen. Der Anbau darf dann erst mit Genehmigung durch die Behörden beginnen.
Highlife Arnsberg e.V. rechnet mit einem Preis von 6,50 und 7 Euro für ein Gramm Gras. Verkauft werden darf nur Cannabis aus dem Eigenanbau, kein Weiterverkauf anderer Hersteller.
Gesetzlich erlaubt ist eine Abgabe von bis zu 50 Gramm pro Monat an Erwachsene (unter 21-Jährige 30 Gramm).
Die „Cannabis-Plantage“ darf nicht in der Nähe einer Schule oder eines Kindergartens sein. Im Internet gibt es eine sogenannte Bubatzkarte, auf der die Verbotszonen beispielsweise visualisiert werden.
Auf dieser Bubatzkarte sind beispielsweise auch Fußgängerzonen gekennzeichnet, in denen allgemein zwischen 7 und 20 Uhr kein Cannabis geraucht werden darf.
Dies sei sogar schon zweimal geschehen. Denn bereits jetzt, kurz nach Eintragung des Vereins, gebe es eine große WhatsApp-Community. „Wir haben schon um die 250 Mitglieder“, so der Vereinsvorsitzende, „und da kam es auch schon vor, dass wir Personen ausgeschlossen haben.“ Einmal habe ein Mitglied herumgetönt, dass er einen Teil seiner erlaubten 50 Gramm monatlich dann an Minderjährige verkaufen wolle. „Ein anderer wollte das Gras generell von uns beziehen und dann auf dem Schwarzmarkt verkaufen.“ Verhaltensregeln müssen von jedem Mitglied eingehalten werden. „Jeder soll sich vorbildlich verhalten - denn das Verhalten unserer Mitglieder fällt letztlich auch auf uns als Verein zurück.“
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Es gehe ihm und seinem Verein darum, den Leuten auch etwas Positives zu vermitteln - vor allem aber Cannabis in bestmöglicher Qualität durch den Anbau in hochmodernen Plantagen. „Es wird alles sauber dokumentiert - unser Mitglied muss samt Mitgliedsausweis und Personalausweis persönlich vorbeikommen, um Cannabis zu bekommen. Die Pflanzen werden professionell angebaut und auch dort wird alles dokumentiert.“
Cannabisplantage in Arnsberg
Aktuell gibt es noch keine Cannabis-Plantage, denn der Antrag zwecks Genehmigung eines Cannabis-Anbaus kann erst am 1. Juli des laufenden Jahres gestellt werden. „Innerhalb von drei Monaten soll die Genehmigung dann vorliegen, so dass wir wohl Ende des Jahres mit der Herausgabe von Cannabis an unsere Mitglieder beginnen können“, so Schmidt.
Und woher kommt das Geld für eine hochprofessionelle Cannabis-Plantage? Als Verein dürfen Cannabis-Clubs- und Anbauvereinigungen keine Gewinne erwirtschaften. Dennoch dürfen die Beiträge der Mitglieder die Selbstkosten des Clubs/Vereins decken.
„Unsere Mitglieder zahlen aktuell einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 10 Euro und eine Anmeldegebühr von 29 Euro.“ Letztere müsse sicherlich nach einer gewissen Zeit angepasst werden, denn eine moderne Cannabis-Anlage koste schon locker bis 400.000 Tausend Euro. Geplant ist, eine solche Anlage in einer Halle in Arnsberg aufzubauen. Ein Gramm Canabis könne dann etwa zwischen 6,50 Euro und 7 Euro kosten. Und da ein jeder ja auch selbst zu Hause bis zu drei Pflanzen anbauen dürfe, wolle Highlife Arnsberg auch Workshops anbieten und Tipps zum Cannabis-Anbau geben.
Freunde und Familie finden die Idee gut
Und wie reagierten Freunde und Familie? „Mein Bruder ist mein Stellvertreter im Verein“, sagt Rudolf Schmidt, „und ich habe tatsächlich nichts Negatives aus der Familie oder aus dem Freundeskreis gehört.“ Der Schatzmeister sei ein befreundeter Sportler. Ganz im Gegenteil: Es gebe sogar den ein oder anderen, der Mitglied im Verein sei, werde oder später, wenn die Cannabis-Anlage dann steht, auch dort mithelfen wolle. Und das, obwohl er bzw. sie selbst gar kein Cannabis rauche.
Rudolf Schmidt scheint in seiner neuen Aufgabe als Vereinsvorsitzender aufzugehen - und das, obwohl er als selbständiger Süßigkeitenverkäufer mit einem Lädchen in Hamm auch zeitlich eng eingebunden ist. „Ich fühle mich endlich nicht mehr wie ein Verbrecher“, sagt er, „kann frei über Cannabis schreiben oder reden.“