Arnsberg. Bergdorf im Umbruch: Erst Steinbrucherweiterung bei Lanwehr, jetzt Neues zu vier geplanten Windrädern - oder werden es nur drei?
Nach der geplanten Erweiterung des Steinbruchs Lanwehr müssen die Wennigloher (und Müscheder) eine weitere Veränderung schlucken - dieses Mal geht es um Windenergie.
„Frischer Wind für Windenergie in Arnsberg!“ Erinnern Sie sich noch an diese Nachricht? Nein? Ok, ist auch schon eine Weile her. Im September 2020 beantragte die in Sundern ansässige Firma „Windkraft-Wicheln-Wennigloh GmbH & Co. KG“ die Erteilung von vier Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von jeweils einer Windenergieanlage (WEA) im Stadtgebiet Arnsberg – in den Gemarkungen Müschede, Wennigloh und Arnsberg.
Optimistisch, was die Umsetzung angeht, zeigten sich „die Macher“ seinerzeit: „Läuft alles nach Plan, sollen die Anlagen bereits ab dem vierten Quartal 2021 Strom liefern...“, hieß es. „Zeitsprung“ - ins erste Quartal 2024:
Wer steckt dahinter
Die Windkraft-Wicheln-Wennigloh-GmbH & Co. KG ist ein Zusammenschluss ausschließlich von Bürgern aus Müschede und Wennigloh.
Die Gesellschaft wurde am 2. Februar 2016 - damals noch unter dem Namen Energiekontor Sauerland GmbH & Co. KG - gegründet. Am 3. Februar 2017 erfolgte dann die Namensänderung aufgrund eines existierenden Markenschutzes des alten Namens, der bis dahin nicht bekannt war.
Inhaltlich hat sich seit Gründung der Gesellschaft nichts geändert weitere Info dazu hier.
Auf den Feldern zwischen beiden Orten drehen sich keine „Windmühlen“ - und daran wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren auch nichts ändern - obwohl inzwischen alle Genehmigungen vorliegen. „Warum?“ Hubertus Vollmer-Lentmann schildert den aktuellen Stand und blickt voraus: Im Juni 2023 habe die Untere Immissionsschutzbehörde des HSK die ersten zwei Anträge positiv beschieden, so der Geschäftsführer der „VL Erneuerbare Energien Verwaltungs-GmbH“, die das Bürgerwind-Projekt steuert. Im August folgten die beiden weiteren positiven Bescheide. Eine erneute Offenlegung der Unterlagen war vorausgegangen; drei der geplanten WEA sind rechtlich sicher - die Anlage 3 (nahe Wennigloh vorgesehen) ist noch ein Fall für die Verwaltungsrichter. „Eine Privatperson hat beim Oberverwaltungsgericht Münster nachbarschützende Klage eingereicht“, bestätigt Kreissprecher Martin Reuther. Der Verhandlungstermin steht noch aus, doch „wir sind sehr optimistisch, in dieser Sache Recht zu bekommen“, sagt Hubertus Vollmer-Lentmann.
Weniger optimistisch sind die Initiatoren von „Bürgerwind Müschede-Wennigloh“ mit Blick auf eine Einspeisung „ihres Bürgerstroms“ ins Netz: Derzeit arbeite man verstärkt an der Planung des Umspannwerks - doch durch den Ukrainekrieg sind die Lieferzeiten für Großkomponenten wie Umspannwerke auf 24 bis 36 Monate ab Bestellung gestiegen. Problematisch. Die Vergütung der Windräder wird in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt. „Wir müssen uns in einem Ausschreibungsverfahren auf eine von der Bundesnetzagentur ausgeschriebene Windkraftmenge bewerben. Im Verlauf dieser Ausschreibung müssen wir als Sicherheit bis zur Inbetriebnahme eine Bürgschaft hinterlegen. Nach erfolgreicher Ausschreibung und Zuschlagserhalt haben wir 18 bis 24 Monate Zeit, die Anlagen komplett in Betrieb zu nehmen“, erklärt Vollmer-Lentmann. Gelinge das nicht, beginnt die Netzagentur damit, diese Kaution einzukassieren. „Wir sind somit zuerst darauf angewiesen, Planung, Genehmigung und Bestellung für das Umspannwerk zu forcieren, bevor wir in die Ausschreibung gehen können“, so der Planer weiter. Viele Faktoren also, die den Zeitplan verlangsamen.
Stichwort Zeitplan, wie könnte dieser nun aussehen? Noch innerhalb des Jahres 2024 wollen die Bürgerwindler die Ausschreibung - Stand jetzt für alle vier Anlagen - auf die Schiene gesetzt haben, denn ohne erfolgreiche Ausschreibung keine Finanzierung. Der Baubeginn könnte dann im zweiten Halbjahr 2026 erfolgen - ab 2027 sollen die „Mühlen“ dann Ökostrom erzeugen.
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Errichtet werden sollen vier Anlagen vom Typ V150-5.6 des Herstellers Vestas mit 5600 kW Nennleistung und 150 Metern Rotordurchmesser; Nabenhöhe 119 bzw. 125 Meter, Gesamthöhe jeweils 200 Meter. Eine nahe Müschede bereits in Betrieb befindliche Windenergieanlage soll dann zurückgebaut werden. Die Errichtung der neuen Räder ist mit einigem Aufwand verbunden: „Die Zulieferung erfolgt über die A 46 (Anschlussstelle Hüsten) auf die B 229 in Richtung Hachen. Von dort wird über die K 10 in Richtung Wennigloh geliefert. Die Standorte WEA 1 und 2 können über Wirtschaftswege mit Zufahrt über den Steinbruch versorgt werden, die Standorte WEA 3 und WEA 4 werden der K 10 folgend über temporäre Stahlplattenstraßen und anliegende Wirtschaftswege angeliefert“, heißt es dazu im Antrag.
Vielleicht auch ein Grund, warum vor allem in Wennigloh öffentlich Protest gegen die Pläne geäußert wurde. Man wisse um diese Bedenken, sagen die Projektentwickler, die weiterhin auf Transparenz setzen. Die Politik aus Müschede und Wennigloh habe man im vergangenen Herbst zu einer Informationsrunde eingeladen - „nicht alle waren anwesend“, sagt Hubertus Vollmer-Lentmann - und kündigt an: „Die Ausgestaltung der Bürgerenergiegesellschaft wird noch Zeit in Anspruch nehmen. Hierzu werden wir jedoch noch extra öffentliche Versammlungen, etc. abhalten.“ Wichtig, denn die im Jahr 2015 konkretisierte Idee, mit Bürgern vor Ort Windenergieanlagen zu errichten und zu betreiben, von denen alle profitieren, ist noch immer Programm.