Arnsberg. 35 Windräder, jedes 270 Meter hoch, mitten im Wald. „Völlig überzogen“, meinen Anlieger und wehren sich. Wie der Protest aussehen soll.

35 mal 270 Meter macht 9450 Meter. Zu viel, viel zu viel, meinen Bürgerinnen und Bürger aus Arnsberg - und fordern: „Kein Windpark im Herdringer Forst!“ Im November 2023 hat sich diese Initiative gegründet, im Februar dieses Jahres ist ein erstes öffentliches Treffen geplant, sagt Mitgründer Günther Klauke im Gespräch mit dieser Redaktion. Wogegen richtet sich der Protest? Blicken wir kurz zurück.

Natürlich kommen besagte „9450 Meter“ nicht am Stück daher - sie verteilen sich wie folgt: Bis zu 35 Windenergieanlagen (WEA) der 7,5-Megawatt-Klasse sollen im Nordwesten des Arnsberger Waldes (auf 1500 Hektar vorgeschädigter Forstfläche) gebaut werden – 15 dieser 270 Meter hohen „Windmühlen“ auf Arnsberger Stadtgebiet. Anfang Mai 2023 wurden diese Pläne öffentlich; das federführende Projektentwicklungsunternehmen Juwi hat angekündigt, die Einreichung der Genehmigungsanträge bei den zuständigen Behörden (die Kreisverwaltungen HSK und Soest) sei im vierten Quartal 2024 vorgesehen. Flächeneigentümerin ist die Kulturstiftung Schloss Herdringen, bereits Mitte Januar 2023 wurde ein Gestattungsvertrag mit der Juwi GmbH unterzeichnet. Soweit die Fakten.

Fakten und Kontakt

Es gibt im Stadtgebiet von Arnsberg acht kleinere Naturschutzgebiete im Herdringer Forst. Diese könnten mit Blick auf die Zuwegungen ein Problem werden; ebenso wie die Pachtpreisexplosion für Windenergieanlagen.

Die Überlegungen der BI zu einem vernünftigen Mix aus Windenergie und PV finden sich ausführlich auf deren Website.

Wer Kontakt aufnehmen möchte: BIHF Bürgerinitiative Herdringer Forst in 59707 Arnsberg, Postfach 1704, Telefon: +49 151 54642498, Mail: bihf@herdringerforst.de

„Das ist uns einfach zu groß“, bringt die Bürgerinitiative Herdringer Forst (kurz BIHF) ihre Bauchschmerzen auf den Punkt - und sammelt ebenfalls Fakten, nachzulesen auf der im Januar dieses Jahres ins Netz gestellten Website www.herdringerforst.de . Dort formuliert die BIHf außerdem ihr Ziel: „Wir fordern vom Waldbesitzer Kulturstiftung Schloss Herdringen, der Juwi GmbH sowie der Kommunalpolitik die sofortige Einstellung der Planungsmaßnahmen zum Windpark Herdringer Forst.“ Das betroffene Waldgebiet in einer Größe von 1500 ha müsse zum Schutz der Umwelt unverzüglich wieder aufgeforstet werden. „Es kann nicht sein, dass aus dem wichtigsten Naherholungsgebiet der Region ein landschaftlicher Schandfleck entsteht. Tier- und Pflanzenwelt müssen in der bisherigen Form erhalten bleiben“, untermauert die BI ihre Forderung.

Photovoltaik als Alternative

PV-Module auf dem Dach eines Wohnhauses: Als mögliche Alternative regt die BI Photovoltaik (PV) zur Gewinnung von „sauberem“ Strom an.
PV-Module auf dem Dach eines Wohnhauses: Als mögliche Alternative regt die BI Photovoltaik (PV) zur Gewinnung von „sauberem“ Strom an. © dpa | Marijan Murat

Dabei betonen Klauke und seine Mitstreitenden, nicht grundsätzlich gegen Windenergie zu sein, wohl aber gegen riesige Anlagen auf Höhen und im Wald. „Das ist der falsche Ansatz“, meint der Bruchhausener, und regt als mögliche Alternative Photovoltaik (PV) zur Gewinnung von „sauberem“ Strom an. „Klare Vorteile für Solarenergie“ argumentiert die BI: Zwar würden die geplanten WEA im Herdringer Forst gegenüber einem 10.000-Dächer-PV-Programm in Arnsberg einen nahezu identischen Investitionsaufwand bei vergleichbarem Energieertrag benötigen; „allerdings mit gewaltigen Nachteilen“ sagt die BI, und nennt u.a. Waldvernichtung durch Rodung und Zuwegung; Emissionen; Zerstörung des Lebensraums der Tier- und Pflanzenwelt; Lebensgefahr für Vögel, Fledermäuse und Insekten; Sicherheitsrisiken durch mögliche Unfälle wie Eisschlag, Delamination, Einsturz, Ölverluste oder Brände. Zudem müssten sich Anlieger ggf. auf fallende Immobilienpreise einstellen. Völlig unklar sei derzeit auch, wie sich Lärmemissionen der geplanten WEA mit bereits bestehenden Lärmbelästigungen durch die Autobahn, die Flugschneisen (Dortmund und oder Paderborn) oder örtliche Industriebetriebe addieren.

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Die Frage aller Fragen jedoch sei: „Wer bekommt den Strom?“ Strom für 150.000 Haushalte soll der Windpark Herdringer Forst produzieren, kündigt der Projektierer an. „Doch in umliegenden Kommunen leben lediglich ca. 95.000 Einwohner; im höchsten Fall sind es also 45.000 Haushalte“, schätzen die BI-Vertreter. Also speise man den erzeugten Strom ins Stromnetz und verteile ihn bundesweit. „Zahlen wir Arnsberger demnächst erhöhte Strompreise, weil der in unserem Landschaftsschutzgebiet erzeugte Strom ins Ruhrgebiet strömt?“, fragt die BI.

5000 Flyer verteilt

Und wie sieht vor diesem Hintergrund das weitere Vorgehen aus? „Wir werden uns weiterhin intensiv mit der Thematik beschäftigen“, kündigt Günther Klauke an, „und allen Betroffenen möglichst viele Informationen liefern.“ Dabei werde die neue Website bereits sehr gut angenommen - vor allem die Visualisierungen, wie sich die heimische Landschaft durch das Projekt verändern würde, kämen gut an. Außerdem wünsche sich die Bürgerinitiative Info von den Projektbeteiligten - „so rechtzeitig, dass noch Handlungsspielräume bleiben“. Um auf sich aufmerksam zu machen, haben die Bürgerprotestler in den vergangenen Tagen bereits 5000 Flyer im Raum Arnsberg verteilt. Der genaue Termin des ersten Treffens folgt zeitnah.