Arnsberg/HSK/Kreis Soest. IHK-Präsident Andreas Knappstein zum Ergebnis der Konjunkturumfrage: „Kein guter Start ins Jahr 2024“. Das sind die Ursachen.

Was Wetter und Wirtschaft derzeit gemeinsam haben? Es ist stürmisch. „Man muss mit dem Sturm umgehen können“, hat IHK-Präsident Andreas Knappstein einen Plan, wie heimische Unternehmen aus Gegenwind Rückenwind machen können, um ihre Situation zu verbessern. Letzteres scheint dringend geboten, denn die Stimmung war im Januar 2024 eher gedämpft. „Kein guter Start ins neue Jahr“, bringt Knappstein die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage auf den Punkt.

459 Unternehmen - quer durch alle Branchen - aus den Kreisen Hochsauerland und Soest hat die Kammer zu Jahresbeginn befragt - Fazit: Deren wirtschaftliche Lage hat sich weiter verschlechtert. 29 Prozent der Befragten beurteilen ihre Situation als „schlecht“; immerhin 21 Prozent mit „gut“. Damit habe sich - der Prognose aus dem Herbst 2023 folgend - der negative Trend fortgesetzt, stellt Stefan Severin fest - vor allem in der Industrie, aber auch im Handel und im Gastgewerbe, so der Sprecher der Kammer weiter.

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Aber wo genau liegen die Ursachen? Auf Ursachenforschung haben sich am Montagmorgen in Arnsberg - stellvertretend für die regionale Unternehmerschaft - sechs Geschäftsführende/Inhabende heimischer Betriebe begeben, darunter auch der IHK-Präsident höchstpersönlich: Andreas Knappstein, Chef der Möbel Knappstein GmbH & Co. KG mit Sitz in Schmallenberg, sieht für den Einzelhandel allgemein den Faktor „Attraktivität“ als entscheidend: „Wir müssen attraktiv sein - was wiederum abhängig von der Attraktivität der Innenstädte ist“, so der Möbelhändler. Als größten Konkurrent hat Knappstein unverändert den Online-Handel auf dem Schirm, ein Wettbewerb, der ihn mit Sorge auf die Zukunft blicken lässt. Angesprochen auf die jüngsten Insolvenzen zweier namhafter heimischer Hersteller, zeigt Andreas Knappstein „klare Kante“: „Ich verkaufe gerne Ware von Wesco oder Ritzenhoff“, sagt er, „und hoffe, dass auch zukünftig tun zu können, denn es sind alles Top-Produkte.“

Erhöhte Mehrwertsteuer als Genussbremse

Große Sorgen drücken die Gastronomie, vor allem wegen der seit Jahresbeginn wieder auf 19 Prozent angehobenen Mehrwertsteuer. Doch auch neue Tarifverträge sowie die immer noch nicht ganz ausgebeulte „Corona-Delle“ machen sich negativ bemerkbar. „Wir haben im Januar noch keine Preiserhöhung umgesetzt“, berichtet Friederike Menge; doch angesichts der angesprochenen Faktoren sei dieser Schritt wohl unausweichlich. Hinzu komme ein verändertes Gästeverhalten, so die Juniorchefin des Arnsberger Traditionsbetriebes „Hotel & Restaurant Menge an der Schlacht“: „Statt früher alle 14 Tage gehen die Leute momentan im Schnitt nur noch einmal im Monat essen.“ Erfreulich hingegen die erhöhte Auslastung im Hotelbereich: „Da sind wir inzwischen wieder fast auf ‚Vor-Corona-Niveau‘ angelangt“, so Menge. Trotzdem sei der geplante Ausbau des Hotels derzeit fraglich, weil die Regierung plötzlich Fördertöpfe deckele/streiche. Die Regelung, bei Außerhausverkauf weiterhin sieben Prozent Mehrwertsteuer zu berechnen, im Restaurant aber 19, halte sie für sinnlos, schießt sie einen weiteren Giftpfeil Richtung Berlin.

Arg gebeutelt wird aktuell auch die „Verkehrswirtschaft“ - man denke nur an Mauterhöhung oder Brückenchaos. Trotzdem verbreitet Christoph Dahlmann Optimismus: „Man muss positiv an Probleme rangehen - die Mitarbeitenden mitnehmen“, sagt der Geschäftsführer der A.L.S. (Allgemeine Land- und Seespedition GmbH) aus Hüsten. Die wirtschaftliche Lage sei zwar schwer, doch in seinem Unternehmen sehe es recht gut aus. Anders als „klassische Transporteure, bei denen der Chef oft selbst noch am Steuer sitzt“, sei A.L.S. breit aufgestellt und gut vernetzt. Investiert wurde zuletzt in ein hochmodernes Logistikzentrum in Voßwinkel.

Industrie hat es am schwersten

Zurück zur Umfrage: Die Industrie weist die schwierigste Geschäftslage aller Branchen aus. Die Elektroindustrie ist die einzige große Industriebranche mit positiver Lagebewertung. Im Maschinenbau und der Metallindustrie ist die Situation deutlich negativ. Den Auftragsbestand beurteilt die Branche wie schon im vergangenen Herbst als schlecht. Die Aussichten sind düster: Vier von zehn Betrieben erwarten einen Rückgang der Geschäfte.

Bauwirtschaft und Dienstleistungssektor zeichnen zwar noch ein leicht positives Bild - doch: „Der Abschwung wird sich 2024 verlangsamt fortsetzen“, prognostiziert Jörg Nolte. Anzeichen für eine Besserung seien noch nicht auszumachen – weder im Export noch auf der Investitionsseite, so der IHK-Hauptgeschäftsführer weiter. In der negativen Erwartung seien sich alle Branchen einig, wobei der Pessimismus im Handel besonders groß ist. „Die konjunkturelle Talsohle ist noch nicht erreicht. Die entscheidende Frage ist nun, ob die derzeitige Entwicklung eine vorübergehende Delle in der Konjunktur darstellt oder ob sie strukturelle Verwerfungen nach sich ziehen wird“, betont Andreas Knappstein. Es sei zwar zu erwarten, dass die Inflation 2024 weiter zurückgeht und die Kaufkraft zulegt. Doch angesichts der großen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten verharrten die Investitionsabsichten auf niedrigem Niveau. Der IHK-Präsident sieht die Politik in der Pflicht, das Investitionsklima zu verbessern: „Unternehmen benötigen Verlässlichkeit und Klarheit. Aktuell sorgt aber weder die Politik für verlässliche Entscheidungen, noch erzeugt die Bürokratie verständliche Verwaltungsakte. Bleibt die Frage - welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf den Arbeitsmarkt?

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Die angespannte Lage und die Aussicht auf weiterhin schwierige Geschäfte wirken sich auch auf die Beschäftigungsabsichten aus. Gut 60 Prozent der Betriebe kündigen an, die Zahl der Mitarbeiter konstant zu halten. Doch einem Unternehmen, das zusätzliche Einstellungen plant, stehen drei gegenüber, die mit weniger Mitarbeitern rechnen.