Arnsberg. Ein Arnsberger erklärt, was Eltern bei der Trennung unbedingt vermeiden sollten und wie er Beruf, Haushalt und Erziehung gemanagt hat.

„Es gab Zeiten, in denen ich einfach nur noch funktioniert habe.“ Sven Felder (Name durch Redaktion geändert) lächelt zwar bei diesen Worten. Aber man merkt ihm an, dass er sich an manche Begebenheiten aus seiner Vergangenheit nicht immer gerne erinnert. Auch wenn diese mehr als zehn Jahre zurückliegen.

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Der 48-Jährige aus Arnsberg war alleinerziehend. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass es in der Beziehung zu meiner Frau so nicht weitergehen konnte. Eine ganze Zeit lang habe ich die Trennung schlicht und einfach nur deswegen nicht gewagt, weil ich Bedenken wegen unserer beiden Kinder hatte. Aber irgendwann ging es nicht weiter.“

Betreuung am Wochenende

Sven und Ehefrau Pia trennten sich im Streit, übrig blieben die beiden Söhne Jan (6 Jahre) und Dominik (9 Jahre). „Wir haben uns zunächst dazu entschieden, dass beide Söhne in unserem Haus bei meiner Ex-Frau bleiben. Ich habe mir dann eine eigene Wohnung gesucht und hatte die Kinder nur alle zwei Wochen an den Wochenenden. Da wird man dann schnell als ‚Wochenend-Papa‘ abgestempelt.“ Auch die „Kinderrückgabe“ nach den gemeinsamen Wochenenden sei nicht immer konfliktfrei verlaufen. „Meine Ex-Partnerin war wenig flexibel, was zu Streit führte. Ich kann nur jedem empfehlen, auch im Sinne der Kinder flexibel zu handeln und nicht auf die Minute zu beharren.“

Großes Armutsrisiko für Alleinerziehende

Nach Angaben des Verbands allein erziehender Mütter und Väter Landesverband NRW gibt es allein in Nordrhein-Westfalen knapp 590.000 Alleinerziehende. Bei 83 Prozent handelt es sich um Mütter.

„Alleinerziehende Mütter arbeiten deutlich häufiger als Mütter in Paarfamilien Vollzeit oder vollzeitnah (46 Prozent der Alleinerziehenden und nur 31 Prozent der Mütter in Paarfamilien). Trotzdem haben Alleinerziehende weniger als die Hälfte des Haushaltseinkommens von Paarfamilien (1.873 Euro im Vergleich zu 4.094 Euro) bei den gleichen Fixkosten“, erklärt Ute Zimmermann, Pressereferentin des Verbands.

Der Anteil der Alleinerziehenden mit einem Nettoeinkommen unter 1.500 Euro liege bei 49 Prozent (bei alleinerziehenden Vätern seien es 28 Prozent). Aus diesem Grund liege das Armutsrisiko für Alleinerziehende bei rund 46 Prozent. „Rund die Hälfte aller Alleinerziehenden müssen ohne Unterhalt für ihre Kinder auskommen. 25 Prozent der Alleinerziehenden bekommen nur sporadisch Unterhalt. Lediglich 25 Prozent erhalten Unterhalt, der mindestens dem Unterhaltsvorschuss entspricht“, so Zimmermann.

In Deutschland bekommen nach Angaben des Verbands für allein erziehende Mütter und Väter deshalb rund 800.000 Kinder die staatliche Leistung des Unterhaltsvorschuss.

Doch nach drei Jahren habe auch das nicht mehr so geklappt, wie es mal ursprünglich angedacht gewesen sei und er habe den älteren Sohn zu sich genommen, erinnert sich Sven Felder. Alles sei damals eine einzige Herausforderung gewesen. „Ich musste mir wieder eine größere Wohnung suchen, damit Dominik auch ein eigenes Zimmer hatte. Gleichzeitig musste der Haushalt gemanagt werden und im Job hatte ich auch zu funktionieren“, sagt Felder. Der Arnsberger arbeitet als Ingenieur.

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Für ihn sei die Zeit auch deshalb so herausfordernd gewesen, weil er seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden wollte. „Mein Ziel war es immer, dass die Kinder halbwegs ausgewogenes Essen bekommen und sich nicht jeden Tag von Chips, Tiefkühlpizza und Döner ernähren. Zum Glück hatte ich einen guten Draht zu meinen beiden Söhnen, sodass sie mich unterstützt haben“, berichtet der 48-Jährige. Nudeln mit selbstgemachtem Pesto seien bis heute bei beiden Jungs beliebt.

Fairer Umgang der Eltern miteinander

Eine Ausbildung zum Jugendtrainer im hiesigen Sportverein hat es ihm ermöglicht, seinen jüngeren Sohn mehr als nur jedes 2. Wochenende zu sehen und dadurch auch mit ihm enger in Kontakt bleiben zu können. „Nach einiger Zeit haben wir uns dann geeinigt, dass er auch zu mir zieht und ich mich um beide kümmere“, so Felder. Für ihn sei wichtig, dass sich die Eltern möglichst sauber trennen und fair miteinander umgehen. Das wiederum würden auch die Kinder spüren. „Leider ist das in unserem Fall nicht so gewesen. Die Kinder sind immer die Leidtragenden des Streits unter den Eltern.“

Auch bei der neuen Partnerwahl rät der Vater von mittlerweile zwei erwachsenen Söhnen, alles sorgsam abzuwägen. „Ich hatte das große Glück, eine neue Partnerin zu finden, die alles mitgetragen und akzeptiert hat. Doch es gibt auch Fälle, in denen die Kinder mit dem neuen Partner des Elternteils überhaupt nicht klarkommen. Unter solch einem Umstand hat mein jüngster Sohn gelitten. Auch deshalb habe ich mich damals dazu entschlossen, ihn auch zu mir zu nehmen.“

Sven Felder macht keinen Hehl daraus, dass auch die Finanzfrage eine große Rolle für Alleinerziehende spiele. „Alleinerziehende Frauen sind oftmals abhängig vom Unterhalt des Vaters. Da spielen sich oft Dramen ab. Umgekehrt musste ich als alleinerziehender Vater auch mit meinem Gehalt allein alles finanzieren. Nach kurzer Zeit überlegt man sich, was man sich überhaupt noch gönnen kann und möchte. Man muss sich einschränken, was auch Auswirkungen auf die Psyche hat“, berichtet er offen.

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Hilfe hatte er im Grunde lange Zeit nur von seinen Eltern. „Von den Lehrerinnen und Lehrern gab es keine Unterstützung. Was ich allerdings jedem, der in eine vergleichbare Situation gerät, empfehlen kann: sucht für die Kinder Vereine. Dort können sie integriert werden, finden Freunde und haben Abstand vom schwierigen Alltag.“ Sven Felder will das Vereinswesen aber keinesfalls als „Verwahranstalt“ betrachten. „Nein, die Mitgliedschaft in einem Verein kann Halt geben und Gemeinschaft schaffen, die es so in der Familie nicht mehr gibt.“

Vor mehr als zehn Jahren sei er als alleinerziehender Vater noch eher eine Ausnahme gewesen. Trotzdem gab es in seinem Umfeld nur Respektbekundungen und Anerkennung. „Ich habe nicht einen dummen Kommentar in Erinnerung!“ Durch seine eigenen Erfahrungen habe er auch heute noch großen Respekt vor anderen Alleinerziehenden. „Besonders die Mütter stecken in einer Zwickmühle, weil sie den Kindern gerecht werden wollen, aber das oftmals mit ihrem Beruf kaum vereinbaren können. Die Verantwortung, die man trägt, ist gewaltig.“