Arnsberg. Dem Arnsberger Krisenmanagement sind bei der Neuaufstellung für Katastrophenfälle und der Blackout-Planung Tücken aufgefallen
Die Planungen von Katastrophen- und Krisenfällen - insbesondere eines langanhaltenden Stromausfalls - warfen beim neu aufgestellten Krisenmanagement der Stadt Arnsberg nach dem Abarbeiten der großen Linien eines „Blackout 72“-Szenarios immer wieder neue Fragen auf. „Je tiefer man sich in die Themen arbeitet, desto mehr Situationen fallen einem auf, für die es auch Lösungen geben muss“, erklärte der städtische Krisenmanager Bernd Löhr kürzlich, „das sind Dinge, an die man anfangs gar nicht denkt“. Unsere Zeitung stellt einige der Fälle vor.
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Ausfall von Alarmanlagen
Der Betrieb von Brandmelde- und Alarmanlagen ist in der Regel über maximal 24 Stunden mit Akkus gesichert. „Der danach eintretende Ausfall führt dazu, dass keine automatische Überwachung oder Früherkennung mehr gegeben ist“, sagt Bernd Löhr. Eine entsprechende Vorsorge durch die jeweiligen Betreiber sei geboten, um die Gebäude eigenständig zu überwachen und Störungen (Feuer oder Einbruch) über die ausgewiesenen Notfalltreffpunkte zu melden. „Den Betrieben wird daher dringend empfohlen, frühzeitig Vorsorge zu treffen, da im Falle eines Ausfalls vermutlich keine externen Dienstleister wie Security mehr erreichbar und verfügbar sein werden“, warnt Löhr. Eine Überwachung der Betriebe könne im Vorfeld mit eigenem Personal vorgeplant werden.
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Aufzüge
Die elektrisch betriebenen Aufzüge in Wohnhäusern, Betrieben, Behörden und Industriebetrieben werden bei einem Blackout nicht mehr funktionieren. „Die sogenannte Aufzugsnotbefreiung durch die Feuerwehr wird vermutlich aufgrund stark zunehmender Einsatzzahlen und zeitintensiveren Meldewegen durch diese nicht wie gewohnt erfolgen können“, fürchtet Löhr. Betreiber müssten selbstständig vorsorgen, um die Aufzüge bei einem Blackout zeitnah auf eingeschlossene Personen zu kontrollieren, da die Notrufe in den Anlagen nicht funktionieren werden.
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Hebevorrichtung Abwasser
Gebäude, die tiefer als der öffentliche Abwasserkanal gelegen sind, pumpen ihre Abwässer und Fäkalien mittels Hebeanlagen in das straßenseitige Kanalnetz. „Viele Keller könnten somit unter Umständen überschwemmt werden, da die Hebeanlagen ohne Strom nicht funktionieren“, sagt Bernd Löhr. Deshalb sollten Eigentümer auch hier Vorsorgemaßnahmen treffen, ansonsten bleibe die Abwasseranlage ohne Funktion.
Medizinische Geräte im Haus
Medizinische Geräte, wie z.B. Beatmungsgeräte sind zumeist im Akku-Betrieb für wenige Stunden gesichert. Die eigene Vorsorge ist in diesem Punkt essenziell und sollte in Abstimmung mit dem persönlichen Umfeld abgesichert werden.
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Tanken
Die öffentlich zugänglichen Tankstellen sind in der Regel nicht auf einen Blackout vorbereitet und nicht mit Notstrom für Pumpen, Kassensysteme und Beleuchtung versorgt. „Es wird somit kein Bezug von Treibstoffen, auch nicht für die zivilen Notstromgeneratoren, möglich sein“, sagt Löhr. Die eigene Bevorratung sei möglich, allerdings ist für die Lagerung zu Hause nur eine bestimmte Menge Treibstoff zugelassen. In NRW dürfen in Kleingaragen bis zu 20 Liter Benzin und maximal 200 Liter Diesel in geeigneten Behältern gelagert werden.
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Geldautomaten und Kassen
Bei einem Blackout fallen sämtliche elektronischen Zahlungssysteme und Bankautomaten aus. „In diesem Fall wird Bargeld das einzig mögliche Zahlungsmittel sein“, glaubt der Krisenmanager der Stadt Arnsberg. Auch die Geschäfte sollten sich auf den Barverkehr einstellen, sofern ein Verkauf überhaupt möglich ist. Für die persönliche Vorsorge ist es entsprechend ratsam, Bargeld zu bevorraten.
Nicht sofort wieder in Normalzustand gehen
Was sollte bedacht werden, wenn nach einem „Blackout“ der Strom zurückkehrt?
Wichtige elektrische Geräte, Sicherungen im Sicherungskasten sowie Gasthermen (falls vorhanden) überprüfen (gegebenenfalls Fachbetriebe). Nur unbedingt benötigte elektrische Geräte einschalten, um eine Überlastung des Stromnetzes zu verhindern. Nur dringende Telefonate führen, um das Netz nicht zu überlasten. Lebensmittel in Kühlschrank und Tiefkühltruhe überprüfen.
Unnötige Privatfahrten mit Auto vermeiden, um Treibstoff zu sparen – vorhandener Treibstoff wird für Einsatzorganisationen benötigt. Es würde längere Zeit andauern, bis der Normalzustand bei der allgemeinen Versorgung wieder erreicht wird.
Todesfälle
„Im Bestattungswesen kann es durch einen möglichen Blackout zu Verzögerung kommen“, fürchtet Löhr. Die Stadtverwaltung und Technischen Dienste Arnsberg sind im engen Austausch mit den Bestattungsunternehmen, die den Hinterbliebenen in diesem Fall beratend zur Seite stehen. Ausgeguckt wurden aber auch kühle stromunabhängige „Zwischenlager“, in denen Verstorbene würdevoll auf ihre Bestattung warten könnten.
Straßenbeleuchtung
Die Arnsberger Straßenbeleuchtung mit ihren rund 12.000 Leuchtstellen wird an unterschiedlichen Stellen im Stadtgebiet dezentral mit elektrischem Strom eingespeist. „Die Aufrechterhaltung wäre somit nur mit einem sehr hohen technischen und personellen Aufwand möglich, da an unzähligen Stellen leistungsfähige Stromerzeuger in Betrieb genommen werden müssten“, sagt Bernd Löhr. Diese erfordern eine dauerhafte Be- und Überwachung und müssen nachgetankt werden. Ferner wären große Mengen an Treibstoff mit der dazugehörigen Logistik erforderlich. „Daher wird bei einem Blackout keine öffentliche Straßenbeleuchtung zur Verfügung stehen“, so der Experte.
Winterdienst & Abfallabfuhr
Die Technischen Dienste Arnsberg führen mit eigenen und externen Ressourcen (Personal und Geräten) den Winterdienst im Stadtgebiet durch. Einige Straßen befinden sich jedoch in der Zuständigkeit anderer Straßenbaulastträger (z.B. Hochsauerlandkreis oder Landesbetrieb Straßen.NRW). „Der Winterdienst würde voraussichtlich nicht flächendeckend gewährleistet werden können und sich voraussichtlich vorrangig auf Hauptverkehrsstraßen beschränken müssen“, glaubt Löhr. Entsprechende Abstimmung aller Beteiligten hierzu liefen derzeit. Die Abfallentsorgung liegt im privaten Bereich überwiegend in der Zuständigkeit der Technischen Dienste Arnsberg und kann unter gewissen Umständen aufrechterhalten werden. Zwingend erforderlich hierfür sind die personellen und technischen Ressourcen sowie der nötige Treibstoff für die Entsorgungsfahrzeuge. Die Abfallentsorgung sei zudem von den externen Deponien abhängig, inwieweit der Müll dort entgegengenommen werden kann. „Abstimmungsgespräche werden derzeit geführt“, erklärt Bernd Löhr. Es sei davon auszugehen, dass es zu Verschiebungen im Abfuhrrhythmus kommen könnte.
Schulen & Kita
„Es ist davon auszugehen, dass der Schul- und Kitabetrieb in einem solchen Fall vermutlich komplett ruhen wird“, sagt die Stadt Arnsberg. Eltern sollten sich vorsorglich auf die eigene Betreuung der Kinder im eigenen Umfeld einstellen. „Bislang gibt es hierzu noch keine einheitlichen Empfehlungen von Bund und Land“, bedauert Löhr. Eine kommunale Lösung werde derzeit von der Stadt Arnsberg abgestimmt.
Öffentlicher Nahverkehr
Der ÖPNV wird vermutlich so lange aufrechterhalten bleiben können, wie Treibstoff für die Busse zur Verfügung steht. Je nach Dauer des Blackouts könnte hier ein andauernder Ausfall die Folge sein. Der Bahnverkehr hängt von der Dauer der eigenen Notstromversorgung ab und kann vermutlich nicht dauerhaft betrieben werden. Sofern der Schienenverkehr ruhen sollte, ist davon auszugehen, dass auch die beschrankten Bahnübergänge geschlossen bleiben, was teilweise für Umwege sorgen wird. Für entsprechende Pläne sind die jeweiligen Betriebe in der Verantwortung.
Regelung des Straßenverkehrs
Die Ampeln werden ebenfalls dezentral mit Strom versorgt. Die Aufrechterhaltung wäre somit nur mit einem sehr hohen technischen und personellen Aufwand möglich. Daher werden bei einem Blackout keine „Ampeln“ zur automatischen Verkehrsregelung zur Verfügung stehen. Die Vorfahrtsregelungen seien jedoch an allen Ampelanlage, mit Ausnahme der „Fußgängerampeln“, mit Verkehrsschildern geregelt. Rund die Hälfte der etwa 60 Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet Arnsberg befindet sich in der Zuständigkeit der Stadt Arnsberg. Der verbleibende Rest verteilt sich auf Straßen.NRW sowie auf den HSK.