Neheim. Heute ist der Auftakt der neuen Session für die Jecken von Blau-Weiß Neheim. Darum feiern sie auch in der Krise Karneval.
Freitagmorgen, 11.11. Uhr: Auftakt der Karnevalssaison 2022/23! Endlich wieder Feiern, endlich wieder „Helau“ und „Alaaf“.
Für Blau-Weiß Neheim startet die Session in diesem Jahr auf dem Marktplatz, Präsidentin Gertrud Franke hofft auf viele Besucherinnen und Besucher – und auch darauf, mal wieder zu feiern. Startschuss also für die fünfte Jahreszeit, Zeit für die Jecken.
Kritik gibt es dafür allemal. Franke erklärt im Interview, warum sie es gerade in der derzeitigen weltpolitischen Situation für wichtig hält, das Lachen und die Freude nicht zu verlieren. Und warum jeder den Karneval unter dem Motto „Jeder ist ein Stück vom Moppelglück“ besuchen sollte.
Hallo Frau Franke. Bald geht es los! Sie stecken zurzeit bis zum Hals in den letzten Vorbereitungen für den 11.11., oder?
Gertrud Franke: Tatsächlich gönne ich mir gerade mal ein Stündchen Ruhe. Meiner Begrüßungsrede muss ich eigentlich noch den letzten Schliff geben (lacht). Aber soweit haben wir alles im Griff.
Wie fühlt sich das an, nach zwei Jahren endlich wieder eine Feier wie 2020 ausrichten zu können?
In der letzten Saison wussten wir ja gar nicht, was Sache ist – wegen Corona. Die Innenräume waren alle zu klein, um dort zu feiern. Letztendlich haben wir es gewagt, die Feier auf den Marktplatz zu verlegen. Mit Erfolg, mehr Leute sind gekommen. Heute feiern wir wieder dort, und hoffen, dass noch ein paar Leute mehr dabei sein werden.
Wie ist denn die Stimmung im Verein – auch angesichts der aktuellen Situation?
Die Stimmung ist eigentlich gut. Wir lassen uns nicht runterziehen. Es ist gerade in dieser Situation wichtig, den Karneval weiter zu leben, sich zu begegnen und vor allem den Kindern eine Plattform zu bieten. Daher proklamieren wir auch heute schon das neue Kinder-Prinzen-Paar. Wir sind auch sehr dankbar, dass die Schulen uns da entgegen kommen und die Schüler aus den Garden heute frei haben.
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Wie lief die Vorbereitung in diesem Jahr? Gab es Unterschiede zu vergangenen Saisons?
Wir wissen zurzeit nicht, was im Januar oder Februar auf uns zu kommt, ob wir dann noch feiern können. Daher wollen wir den heutigen Tag genießen und feiern und das Beste hoffen. Ganz ohne Lachen geht’s schließlich auch nicht. Und wir sollten gerade jetzt das Gute in der Welt sehen, und auch in diesen Zeiten feiern. Wenn wir alle alles sein lassen, ist auch niemandem geholfen.
Wie schaffen Sie es, diesen Spagat zwischen Frohsinn und Ernst zu machen?
In der vergangenen Saison haben wir aufgrund der Coronakrise die großen Veranstaltungen abgesagt. Die Bacchusverbrennung fand aufgrund des plötzlichen Krieges in der Ukraine im kleinen Kreis statt, wo wir dann eine Spendensammlung gemacht haben. Das haben wir auch für andere Zwecke schon gemacht. Trotzdem ist es wichtig, dass man zwischendurch mal alles vergessen kann – zum Beispiel an Karneval.
Es gibt so wenige Möglichkeiten, bei denen die Kinder gemeinsam mit ihren Urgroßeltern feiern und tanzen können. Karneval war schon immer für Jung und Alt. Vor allem die Jugendarbeit und die Besuche in den Altenheimen sind uns sehr wichtig, da sie auch den Menschen wichtig sind. Ich kann nicht helfen, wenn ich den Fokus immer auf das Negative lege. Auch in schwierigen Situationen ist es wichtig, Spaß zu haben. Lachen und Weinen hängt zusammen.
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Gibt es Kritik?
Natürlich gibt es viele, die uns fragen „Wie könnt ihr feiern?“ Aber helfen wir denn, wenn wir es lassen? In der letzten Saison haben wir uns auch gefragt, was wir nun machen sollen, nach Feiern war uns da nicht zumute. Da verging mir auch wirklich das Lachen. Wir müssen aber auch an die Zukunft unserer Kinder denken. Wir können uns zurücknehmen, in allen Dingen. Aber dadurch ändern wir nichts.
Der Karneval 2022/23 wird also ganz wie gewohnt geplant?
Die Session ist tatsächlich komplett geplant. Nach heute ist erstmal Ruhe, im Dezember gibt es die Nikolausfeier, im Januar einen Gesellschaftsabend. Hier finden Ehrungen statt, die in den vergangenen zwei Jahren an den Haustüren vollzogen wurden. Ab Februar soll es dann wieder rundgehen, den Auftakt macht der Prunksitzung. Von Altweiber bis Aschermittwoch ist dann jeden Tag eine andere Veranstaltung. Unseren Sponsoren sind wir unglaublich dankbar, dass sie uns wieder die gesamte Session unterstützen.
Was ist heute um 11.11 Uhr geplant?
Zunächst wird um 11.11 Uhr die Session 2022/23 eröffnet. Dann werden Orden verliehen. Dann wollen wir mit unserem DJ Maschke und seiner tollen Musik feiern. Am gleichen Tag wird um 12.11 Uhr dann auch das Kinder-Prinzenpaar proklamiert.
In Köln läuft der Vorverkauf der Karten deutlich schleppender als in den vergangenen Jahren. Wie fällt die Resonanz hier im Sauerland aus?
Bei uns ist der Zutritt zum Marktplatz frei, daher können wir das im Vorhinein nicht so gut abschätzen. Jeder, der Lust und Laune hat, ist herzlich willkommen. Vielleicht kommen ja die Leute, die sonst nach Köln fahren, für ein Stündchen bei uns vorbei. Mit unserer Werbung haben wir schon viele begeistert – wir hoffen, dass heute dementsprechend erfolgreich wird.
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Was erhoffen Sie sich, bei den Besuchern auszulösen?
Das ist ganz einfach: hier steht das Karnevalsfeiern im Fokus, jeder kann mitmachen. Und einfach einen Tag lang mal nur Spaß haben und alles vergessen. Das tut uns allen gut, und die Stimmung wird sicherlich genauso toll wie in Köln.
Eine letzte Frage: was geben Sie Kritikern mit auf den Weg?
Uns sollte das Lachen nie vergehen, auch wenn die Welt gerade aus den Fugen gerät. Nur wenn wir alle miteinander anders umgehen, unsere Freude weitergeben, können wir etwas ändern. Wenn ich immer das Schlechte sähe, könnte ich nie feiern. Es hat immer und es wird immer einen Grund geben, aus dem man nicht feiern „darf“. Wir hoffen einfach, mit dem Karneval etwas Licht ins Dunkel zu bringen.