Arnsberg-Niedereimer. Klimawandel und Personamangel setzen Gärtnerei Krass in Niedereimer zu. Produktion und Verkauf bald eingestellt. Dienstleistungsbetrieb bleibt.
Die Entscheidung fiel schwer, war am Ende aber alternativlos. Die Baumschule Krass in Niedereimer wird zum Jahresende ihre Produktion von Pflanzen und den offenen Verkauf einstellen. „Das tut weh“, sagt Johannes Krass. Zusammen mit seinem Bruder Michael ist er Inhaber des 54 Jahre alten Familienbetriebes. Ein fatales Zusammenspiel von Personalmangel und Klimawandel setzten dem Geschäft zu. Nun wird nach reiflicher Überlegung ein Schlussstrich gezogen.
Abverkauf beginnt ab sofort
Im Baumschulbetrieb Krass in Niedereimer findet ab sofort ein rabattierter Abverkauf von Pflanzen und Hartwaren statt.
Bereits ausgestellte Gutscheine sollten bis zum Jahresende eingelöst werden.
Der Weihnachtsbaumverkauf wird in diesem Jahr wie gewohnt stattfinden.
Außer der kompletten Pflanzenfläche werden auch sämtliche Hartwaren, Blumenerden und Mulche bis Ende Dezember abverkauft.
Es tröstet, dass der Betrieb mit seinen nun sechs verbliebenen Mitarbeitenden ganz auf individuelle Planung und Bepflanzung sowie Dienstleistungen in der Gartenpflege setzen wird. „Die Mitarbeiter, die wir haben, sind top“, sagt Johannes Krass, „aber für alle war die Belastungsgrenze überschritten.“ Vor allem aber auch für ihn selbst. „Mein Mann arbeitet 90 Stunden die Woche“, sagt Ehefrau Sandra Krass. Das konnte so nicht weitergehen
Bis 40.000 Stauden
Dass es schwer ist, gutes Personal zu finden, ist nicht neu und führt aktuell zu vielen Aufgaben in der Geschäftswelt. Die Verbindung mit dem Klimawandel aber ist ein erschreckendes Phänomen. Die Welt der selbst produzierenden Gartenbaubetriebe hat sich verändert. „Seit vier Jahren plagt uns die Dürre“, erklärt der Johannes Krass. Der Gärtner und studierte Landschaftsökologe hat zuletzt vier Hektar Pachtfläche für Anpflanzungen und Pflanzenproduktion bewirtschaftet. 30.000 bis 40.000 Stauden wurden produziert.
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„Die heißen Sommer haben uns unsagbar viel Arbeit beschert“, so Krass. Die Personaldecke hingegen sei zu dünn geworden, um die fast rund um die Uhr und auch an Wochenenden nötige Bewässerung vorzunehmen. Starkregen und Stürme bedrohen ebenfalls andauernd die Produktion. „Ein Automatisieren beim Bewässern ist mehr als jetzt nicht möglich“, so der Gärtner. Da sei qualifizierte Handarbeit nötig, dazu brauche es ausgebildete Baumschulgärtner, die aber heute nicht mehr zu finden seien, wenn auch Wochenendarbeit abverlangt werde. Dabei hatte die Baumschule Krass selbst ausgebildet. „Die Leute gehen dann aber zu Kommunen oder Betrieben mit anderen Arbeitszeiten“, sagt Johannes Krass.
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Es ist dem Vater zweier Kinder (17 und 14 Jahren) anzumerken, wie schwer es ihm fällt, diesen Schritt zu gehen. Seine Eltern Michael und Elisabeth Krass aus Warstein hatten den Betrieb 1968 gegründet. Nach Anfangsjahren am Rumbecker Hammer auf dem ehemaligen Prym-Gelände fand 1981 der Umzug nach Niedereimer an die untere Wannestraße statt. 2002 übernahmen Baumschulgärtnermeister Michael (53) und Johannes - er studierte nach der Gärtnerausbildung in Münster - den elterlichen Betrieb. Bis zuletzt halfen die Eltern sogar mit, als es personell eng wurde. „Doch das können die nun bald auch nicht mehr“, weiß Johannes.
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Von der Pflanzenproduktion, die im Raum Arnsberg nun kaum noch jemand selbst vornimmt, verabschiedet sich der Betrieb nun ebenso wie vom Verkauf. „Da steckte viel Herzblut drin, so eine Arbeit ging nur mit Liebe zur Sache“, erzählt der 51-Jährige, „aber die Rahmenbedingungen passten jetzt einfach nicht mehr“. Die personalintensive Versorgung der Anzucht- und Vorratshaltung Tausender Pflanzen wird mitsamt Präsenzverkauf wegfallen müssen.
Klimagerechte Bepflanzung
Der Betrieb geht in einen Transformationsprozess: Der Klimawandel als einer der Auslöser wird Johannes Krass und sein Team auch weiterhin beschäftigen. „Die komplette Überplanung bestehender Bepflanzungskonzepte nach klimaangepassten und ökologischen Gesichtspunkten ist Teil unseres Dienstleistungsangebots, auf das wir uns nun konzentrieren“, erklärt Johannes Krass. Angeboten wird künftig zudem die Planung und Bepflanzung von individuellen Gärten und Beeten sowie deren Pflege. Als Landschaftsökologe ist Johannes Krass gerade auch auf den „ökologischen Umbau von Pflanz- oder Rasenflächen zu trockenheitsliebenden Staudenbeeten“ spezialisiert. Weiterhin werden auch Bestellungen von Pflanzen angenommen und ausgeliefert. Allerdings würden diese zukünftig termingerecht dazu besorgt und können nicht mehr ad hoc im Laden abgeholt werden.
Die Firmensitz soll in Niedereimer bleiben. Die Mitarbeitenden sollen weiter bleiben. Was aus dem jetzt so liebevoll und naturnah eingerichteten Verkaufsraum werden soll, ist ungewiss.
„Da machen wir uns jetzt noch keine Gedanken zu“, sagt Johannes Krass. Auch dazu fehle momentan die Zeit.