Arnsberg/Sundern. Prüfungsangst und Hilflosigkeit: Die Pandemie bereitet Schülern Probleme. Nachhilfe-Anbieter aus Arnsberg/Sundern berichten von Verunsicherung.

Home-Schooling, Präsenzunterricht, Wechselmodell: Zwei teilweise chaotische Jahre liegen hinter den Schülerinnen und Schülern aus Arnsberg und Sundern. Freitag, der 13. März 2020, wird vermutlich in die deutsche Geschichte eingehen, als vor etwa zwei Jahren die Schulen in allen Bundesländern vorerst geschlossen wurden.

Mittlerweile wird deutlich: Die Corona-Pandemie hat Schulen, Eltern sowie Kinder und Jugendliche vor enorme Herausforderungen gestellt. Mit den Halbjahreszeug­nissen, die an diesem Freitag, 28. Januar, landesweit an die Schülerinnen und Schüler ausgegeben werden, dürften sich auch Lernrückstände und schulische Wissensdefizite offenbaren. Was also tun?

Der Bedarf an Nachhilfe in Arnsberg und Sundern nimmt zu

Nachhilfe kann unterstützen, diese Lücken zu schließen. Exemplarisch haben wir mit den Leiterinnen zweier privater Anbieter aus Arnsberg und Sundern über den steigenden Bedarf an außerschulischem Förderunterricht, die akuten Probleme sowie die Folgen der Corona-Krise für Schülerinnen Schüler gesprochen. Klar ist aber auch: Das strukturelle Problem kann durch Nachhilfe nicht gelöst werden.

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„Gespräche, Gespräche, Gespräche“ führt Karin Oberg, Diplom-Lerntherapeutin aus Arnsberg. Bei fast allen Schülerinnen und Schülern, die ihre „Praxis für Lerntherapie“ besuchen, spüre sie große Verunsicherung. In ihren Köpfen herrsche Angst: Davor, dass sie die nächste Prüfung nicht bestehen könnten. Dass der Leistungsdruck für sie zu hoch wird. Dass sie das Schuljahr nicht schaffen. Für schulpsychologische Hilfe gibt es im Hochsauerlandkreis das Angebot der regionalen Schulberatungs­stelle (siehe Box).

Schulpsychologische Beratungsstelle im HSK

Für schulpsychologische Unterstützung hat das Land NRW sowie der Hochsauerlandkreis in Meschede die regionale Schulberatungsstelle für den HSK eingerichtet. Sie besteht aus einem Team von drei Diplom-Psychologinnen und -Psychologen und einem Pädagogen.

Die Schulpsychologen sind Ansprechpartner für Schulleitungen, Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter, weitere in Schule tätige pädagogische Fachkräfte und auch für Eltern und Schüler aller Schulen.

Kontakt: Regionale Schulberatungsstelle für den HSK., Steinstraße 27, Meschede, 0291 – 94 1392, schulberatung@hochsauerlandkreis.de.

Mehr Informationen gibt es auch im Internet unter schulpsychologie.nrw.de

Mit Blick auf die schulischen Probleme betont Karin Oberg: „Das vergangene Schuljahr war ganz schlimm. Die schulischen Defizite sind riesig und ziehen sich durch alle Fächer.“ Sie und ihre Mitarbeiterin Julia Große Hovest, studierte Mathematikerin, Dyskalkulietherapeutin und diplomierte Lerndidaktikerin, fördern vor allem in den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch. Neben dem aktuellen Lernstoff müssen sie mit den Schülerinnen und Schülern auch immer Inhalte aus dem vergangenen Schuljahr nachholen. Das kostet Zeit. Parallel dazu suchen immer mehr Eltern Hilfe für ihre Kinder. Eine Herausforderung.

V.l. Diplom-Lerntherapeutin Karin Oberg und Mitarbeiterin Julia Große Hovest.
V.l. Diplom-Lerntherapeutin Karin Oberg und Mitarbeiterin Julia Große Hovest. © Wolfgang Becker | Wolfgang Becker

„Ich frage mich da selbst: Wie sollen die Schüler das alles aufholen?“, so Angelika Zöllner, Leiterin des bundesweit tätigen Nachhilfe-Anbieters „Studienkreis“ am Standort Sundern. Insgesamt 100 Kinder und Jugendliche haben sich derzeit für ihr Angebot angemeldet – Tendenz steigend. Sie spricht von verunsicherten Schulleitungen, frustrierten Eltern und hilflosen Schülerinnen und Schülern nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie.

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Kann der schulische und psychologische Schaden, den die jungen Menschen genommen haben, kompensiert werden? Angelika Zöllner stockt und wägt ab: „Es gibt die ‘Selbstlerner’, die die Schule nicht unbedingt brauchen“, sagt sie, „aber bei den ‘Normalschülern’ sieht das natürlich anders aus“. Diese Defizite will das Schulministerium NRW nun in Form von sogenannten Bildungsgutscheinen zum „Ausgleich pandemiebedingter Lernrückstände“ bei einzelnen Schülerinnen und Schülern angehen.

Angelika Zöllner, Leiterin Studienkreis Sundern.
Angelika Zöllner, Leiterin Studienkreis Sundern. © Privat | Privat

Der Bildungsgutschein berechtigt die Schülerin oder den Schüler dazu, bei einem der vom Ministerium für Schule und Bildung zugelassenen Bildungsanbieter insgesamt zehn Lerneinheiten à 90 Minuten für individuelle Förderung in einer Kleingruppe in Anspruch zu nehmen, wie es in einer Mitteilung zum neuen Bildungsprogramm „Ankommen und Aufholen in NRW“ heißt.

Mit Bildungsgutscheinen will das Land NRW Hilfsangebote schaffen

Insgesamt rund 50 Millionen Euro werden im Rahmen der individuellen Förderung in Form von Bildungsgutscheinen investiert. Der Bildungsgutschein entspricht einem Gegenwert von 200 Euro. Die Schulen entscheiden, welche Schülerinnen und Schüler Bildungsgutscheine erhalten.

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Für das Förderprogramm sind in den Städten Arnsberg und Sundern mit dem Studienkreis Arnsberg-Neheim, der Gemeinschaftslehrwerkstatt Arnsberg sowie dem Studienkreis Sundern bislang (Stand 26. Januar) drei private Bildungsanbieter von der Landesregierung zugelassen.

Die Nachfrage an Nachhilfe und außerschulischem Förderunterricht wird aber künftig weiter steigen. Aus diesem Grund möchte Angelika Zöllner ihr Team beim Studienkreis Sundern von derzeit 15 Lehrkräften um fünf neue Stellen erweitern. Der Bedarf erfordert es.