Hochsauerlandkreis. Der Bio-Diesel HVO darf auch in Deutschland verkauft werden. Tankstellenbetreiber aus dem Hochsauerlandland erklären ihre Pläne zur Einführung.
Klima-, Fritten- oder Biodiesel – so wird der neue Dieselkraftstoff umgangssprachlich genannt, der jetzt in Deutschland getankt werden kann. Das Besondere daran: Er wird zu 100 Prozent aus Altspeiseölen wie zum Beispiel Frittierfett hergestellt. Wir haben bei einigen Tankstellenbetreibern im Altkreis Brilon nachgefragt, ob und wann HVO100, so die offizielle Bezeichnung des neuen Kraftstoffs, vor Ort erhältlich sein wird. An den Zapfsäulen wird das neue Produkt als HVO 100-Diesel oder „XtL“ gekennzeichnet.
Aral: Noch nicht klar, ob Standorte im HSK in Frage kommen
An den Aral-Tankstellen im HSK gibt es den neuen Biosprit zurzeit noch nicht. Die Pressestelle des Energiekonzerns erklärte auf unsere Anfrage: „Aral prüft alle Optionen zur Einführung neuer Kraftstoffe, die der Gesetzgeber der Branche gibt, sehr sorgfältig. Aktuell untersuchen wir die Einführung von Aral HVO für den Schwerlastverkehr an ca. 40 Standorten in Deutschland. Ob auch Standorte im Hochsauerlandkreis in Frage kommen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Zur Begründung erklärte Aral-Pressesprecher Kai Krischna, dass die Einführung eines neuen Kraftstoffes wie HVO eine umfassende Vorbereitung erfordere, da abhängig von den Gegebenheiten am jeweiligen Standort mitunter individuelle Lösungen gefunden werden müssten.
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„Neben einer Überprüfung der technischen Infrastruktur muss beispielsweise für das neue Produkt eine Logistik zur Versorgung der Tankstellen aufgebaut, das Design der Zapfsäulen umgestaltet und Kassensysteme angepasst werden. Zudem bedarf es der Abklärung mit den jeweils zuständigen Behörden, weshalb wir heute noch nicht sagen können, wann und wo es genau losgehen wird“, so Kai Krischnak, Pressesprecher Aral. Der Energiekonzern begrüße die Einführung nachhaltiger Kraftstoffe: „Sie bieten die Chance, rasch und nachhaltig CO2-Emissionen im Fahrzeugbestand zu senken – insbesondere im Schwerlastverkehr.
Shell ist im „Planungsprozess“
Auch der Energiekonzern Shell ist offenbar noch in der Planungsphase. Im Altkreis Brilon gibt es Tankstellen in Brilon und in Hallenberg. Die Pressestelle des Unternehmens teilt mit: „Wir werden Shell Renewable Diesel (HVO) im laufenden Jahr schrittweise an ausgewählten Tankstellen anbieten. Bei der Auswahl haben wir uns auf Standorte mit viel Lkw-Kundschaft fokussiert. Die genaue Anzahl und konkrete Lokationen der Tankstellen (auch für NRW) sind gerade im detaillierten Planungsprozess, daher können wir heute noch nicht sagen, welche Standorte das sein werden.“
Raiffeisen Westfalen Mitte: Umstellung an einigen Tankstellen geplant
Ob die Raiffeisen-Tankstelle im Hasselborn in Brilon in naher Zukunft HVO anbieten wird, ist zurzeit noch nicht klar. Christian Pieper, Spartenleiter Energie bei der Raiffeisen Westfalen Mitte, erklärte auf Anfrage der WP, dass das Unternehmen sich schon seit einiger Zeit mit dem Thema beschäftige. Geplant sei, den neuen Sprit an drei bis vier Tankstellen mit ins Angebot zu nehmen. Welche von den insgesamt 20 Tankstellen in der Region das sein werden, stehe aber zurzeit noch nicht fest.
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Die Kunden-Nachfrage sei aktuell eher verhalten. Noch sei nicht klar, wie der Endverbraucher sich entscheide, wenn der Preis deutlich über dem herkömmlichen Diesel liege. Perspektivisch werde HVO schätzungsweise ca. 10 Cent teurer sein, aber das könne sich auch täglich ändern. Und dann sei die Frage, ob die Kunden bereit seien, aus Klimaschutzgründen mehr zu zahlen. Für die Raiffeisen Westfalen Mitte sei die Klimaneutralität ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für die Einführung. Praktisch gesehen bedeute das aber auch, dass an den Tankstellen, wo der neue Treibstoff künftig angeboten werde, ein anderer aus dem Angebot herausgenommen würde.
Kaiser-Tankstelle Brilon wird umgebaut
Eine Anlaufstelle für Kunden, die HVO100 tanken möchten, wird demnächst die Kaiser-Tankstelle in Brilon bieten. Francesco Frisina, der zuständig ist für Einzelhandel/Tankstellen/Erneuerbare Energien erklärt: „Wir stecken gerade in der Beauftragung des Umbaus an unserer Tankstelle Nehdener Weg 9 in Brilon für HVO 100. Der 2021 eröffnete Neubau ist seinerzeit schon für alternative Energieträger geplant und gebaut worden. Eine Umrüstung ist daher ohne großartigem Aufwand möglich.
Der Kraftstoff wird hier sowohl für Privatkunden als auch für Geschäftskunden angeboten werden
Weitere Standorte sind aktuell in der Planung, aber noch nicht konkret beauftragt.“ Weitere Kaiser-Tankstellen gibt es im Sauerland in Marsberg-Bredelar und in Meschede.
Teurer als normaler Diesel
Aktuell sei HVO 100 aufgrund der höheren Produktionskosten und der aufwendigeren Beschaffung teurer als „Normaler“ Diesel, erklärt Francesco Frisina. Dennoch sieht er das Klientel eindeutig sowohl im privaten als auch im Geschäftlichen Bereich. Seine Einschätzung: „Dieser Kraftstoff bietet eine echte Alternative zu dem klassischen Diesel und könnte für die Zukunft eine gute und wichtige Alternative sein. Aus meiner Sicht wäre es super, wenn es zukünftig ein Portfolio an alternativen Energieträgern gibt, die mit der rein elektrischen Fortbewegung im Einklang ist.“
Tankstellenkarte zeigt im HSK keinen Treffer
Die Bezeichnung HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oil. Das ist die englische Bezeichnung für hydriertes Pflanzenöl – daher kommt auch die umgangssprachliche Bezeichnung „Fritten-Diesel“. Der Verein „eFuelsNow“ hat eine Tankstellenkarte entwickelt, die einen aktuellen Überblick über Tankstellen mit HVO-Diesel anbietet, allerdings darauf verweist, dass sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Die Suche dort ergibt: Im HSK ist auf dieser Karte keine Tankstelle verzeichnet. Deutlich wird aber auch, dass es in Deutschland bereits eine ganze Reihe von Tankstellen gibt, an denen man HVO 100 tanken kann. In einigen anderen europäischen Ländern zeigt die Karte sogar eine hohe Tankstellen-Dichte, zum Beispiel in Norwegen oder in den Niederlanden.
Das sagt der Bundesverband freier Tankstellen
Der Bundesverband freier Tankstellen (bft) sieht für HVO ein großes Potenzial in der Speditions- und Logistikbranche und geht davon aus, dass 80 Prozent der Nutzung im gewerblichen Bereich sein wird. Der Verband fordert: „Wir brauchen zur Einführung von HVO Klarheit bei der CO2-Abgabe, denn deren Lenkungswirkung ist erfüllt. Dies würde die Akzeptanz bei Einführung deutlich erhöhen. HVO ist so gut wie CO2-neutral. Ohne CO2-Abgabe von 12,04 Cent und der Mehrwertsteuer, die auf die Abgabe fällig wird, würde HVO etwa 14 Cent pro Liter günstiger. Nach Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, in denen HVO schon längst getankt werden kann, läge der Preis in Deutschland auf Höhe des fossilen Diesel bzw. leicht darüber.“
ADAC gibt Verbraucher-Tipps
Der ADAC gibt einige Verbraucher-Tipps zu dem Thema. Der Automobilclub rät Autofahrern, nur konkret vom Fahrzeughersteller freigegebene Kraftstoffe zu tanke. Empfohlen wird, die Angaben in der Bedienungsanleitung und im Tankdeckel zu prüfen. Bei Unsicherheiten sollte man beim Vertragshändler nachfragen und sich die Eignung des Fahrzeugs schriftlich bestätigen lassen.