Marsberg/Erlinghausen. Stirbt ein Kind während der Schwangerschaft, stehen die Eltern oft unter Schock. Yvonne Asshauer hilft ihnen, mit der Trauer umzugehen.

Wenn die Nachricht kommt, dass das kleine Herz im Mutterleib nicht mehr schlägt, ist das für die Mutter ein Schock. Doch zum Verarbeiten bleibt der Frau meistens kaum Zeit: oft wird sie von ihrem Gynäkologen oder der Hebamme direkt ins Krankenhaus geschickt, um das Ende der Schwangerschaft einzuleiten. „Dabei sollte man den Frauen erstmal Zeit geben, um für sich eine Entscheidung zu treffen, wenn kein medizinischer Notfall besteht“, findet Yvonne Asshauer. Die Erlinghäuserin ist ausgebildete Doula, Releasingcoach und ehemalige Hebamme. Sie hat sich darauf spezialisiert, Eltern bei stillen Geburten zu begleiten.

Thema Stille Geburt ist immer noch ein Tabu

Stille Geburt - so werden die Geburten genannt, bei denen ein Kind nach der 12. Schwangerschaftswoche tot zur Welt kommt. Diese Geburten werden „still“ genannt, weil danach kein Schrei des Babys ertönt. „Das Thema ist leider immer noch ein sehr großes Tabu“, erklärt Yvonne Asshauer. Das liege vor allem daran, dass mit den Themen Verlust und Trauer oft unschöne Erinnerungen und Ängste verknüpft werden, glaubt sie: „Bei dem Thema fehlt gesellschaftlich einfach die Offenheit.“ Dabei müsse es nicht so sein: „Der Tod gehört zum Leben dazu, genauso wie die Trauer. Natürlich ist Trauer schmerzhaft und tut unglaublich weh, aber man muss über dieses Gefühl sprechen dürfen. Vor allem die Mutter.“ Gerade das Abschiednehmen von einem Kind sei ein schwieriger Prozess, bei dem eine Begleitung für die Eltern sehr wichtig ist: „Der Tod eines Babys ist etwas anderes als der Tod eines Erwachsenen, der sein Leben gelebt hat.“

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Bei dem Umgang mit dem Thema fehle es vielen Menschen an Sensibilität, auch vielen Gynäkologen und Hebammen, erklärt Yvonne Asshauer: „Wenn die Schwangere zu ihrem Arzt geht, weil sie fühlt, dass etwas nicht stimmt, und dann die Diagnose erhält, wird sie oft direkt ins Krankenhaus überwiesen für eine Ausschabung.“ Dabei stehe die Mutter zu diesem Zeitpunkt unter Schock. „Es ist schade, dass bei vielen Fachleuten das Bewusstsein dafür fehlt, dass man auch abwarten darf, wenn kein medizinischer Notfall besteht.“ Dass die Frau sich Zeit nehmen könne, um zur Ruhe zu kommen. Um zu entscheiden, ob sie bei diesem Weg jemanden an ihrer Seite haben möchte, wie sie das Kind zur Welt bringen und wie sie Abschied nehmen wolle. „Bei einem sensiblen Umgang mit der stillen Geburt ist es wichtig, die Gefühle der Mutter wahrzunehmen und ihr Zeit und den Raum zu geben, den sie braucht. Hier kann eine Begleitung helfen.“

Yvonne Asshauer arbeitet als Doula und Hebamme in Erlinghausen. Sie ist auch auf die Begleitung von stillen Geburten und Sterneneltern spezialisiert
Yvonne Asshauer arbeitet als Doula und Hebamme in Erlinghausen. Sie ist auch auf die Begleitung von stillen Geburten und Sterneneltern spezialisiert © privat | Yvonne Asshauer

Frauen in der Trauer und bei Abschiednehmen von ihrem Kind begleiten

Oft seien die Frauen, die zu Yvonne Asshauer kommen, mit ihrer Trauer überfordert und allein. Die vielen Facetten, die die Trauer haben kann, müssten verarbeitet werden, über sie müsse man sprechen dürfen: „Ich erlebe das oft, dass Frauen nach dem ersten Schock nicht nur Trauer über den Verlust spüren, sondern auch Wut oder Frustration, Schuld- und Schamgefühle.“ Werden diese Gefühle einfach verdrängt, zögen sich die Mütter häufig seelisch und körperlich zurück. Die Spuren, die das bei ihnen hinterlässt, bleiben oft ein Leben lang: „Manchmal kommen Frauen zu mir, deren stille Geburt schon viele Jahre zurückliegt. Weil sie das traumatische Erlebnis nicht verarbeitet haben.“

All den Emotionen Raum zu geben, den Umgang mit ihnen zu lernen und wieder ins Gleichgewicht zu kommen - dabei unterstützt Yvonne Asshauer die Frauen, die sie begleitet. Ihre Aufgabe sei es, zuzuhören, die Gefühle nicht zu bewerten, Gesprächsangebote zu machen und den Frauen bei der Verarbeitung der Trauer zur Seite zu stehen. Die Begleitung werde nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen der Frauen gestaltet. Manche Frauen kämen für ein einziges Gespräch, manche betreue sie über mehrere Wochen. Die Methoden bei einer Begleitung seien ganz unterschiedlich: Yvonne Asshauer arbeitet mit Gesprächen, aber z.B. auch mit Körperarbeit, Meditationen, therapeutischen Frauenmassagen oder auch der Releasing-Methode. Diese helfe dabei, Blockaden zu lösen und auf seelischer Ebene loszulassen, erklärt die Doula: „Die Trauer wird nicht losgelassen, aber sie kann aufgelöst und zu etwas Stärkendem werden.“ Die Begleitungen fänden in der Regel in ihren Räumlichkeiten in Erlinghausen statt, auch telefonisch oder über einen Videochat seien Gespräche immer möglich. Und auch Hausbesuche bietet sie an, ebenso Gespräche für die Partner der Frauen.

Der Weg, mit der Trauer um ein Sternenkind umzugehen, kann auch bunt sein: Viele Sterneneltern verarbeiten ihren Verlust, indem sie ein Andenken an ihr Kind erschaffen, die Urne gestalten oder das Grab schmücken. Doula Yvonne Asshauer erzählt von Familie Thielemann, die Abschied von ihrem kleinen Sohn nehmen musste.
Der Weg, mit der Trauer um ein Sternenkind umzugehen, kann auch bunt sein: Viele Sterneneltern verarbeiten ihren Verlust, indem sie ein Andenken an ihr Kind erschaffen, die Urne gestalten oder das Grab schmücken. Doula Yvonne Asshauer erzählt von Familie Thielemann, die Abschied von ihrem kleinen Sohn nehmen musste. © privat | Familie Thielemann

Mitgefühl haben, aber nicht mitleiden müssen

All die Emotionen und das Leid der Frauen gehen an Yvonne Asshauer natürlich nicht spurlos vorbei. Doch sie habe lernt, damit umzugehen: „Die Gespräche beschäftigen mich natürlich weiterhin, aber sie belasten mich nicht mehr. Ich nehme viele Emotionen auf, aber ich habe auch gelernt, sie wieder loszulassen.“ Dabei helfe es ihr, draußen in der Natur zu sein und zu meditieren. Auch die Körperübungen, die sie sonst mit den Müttern macht, wende sie bei sich selbst an. „Ich habe gelernt, Mitgefühl zu haben, aber nicht mitzuleiden.“ Das erst mache es ihr möglich, anderen Frauen in ihrer Trauer beizustehen.

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Familien, die eine Begleitung vor, während und auch nach einer stillen Geburt suchen, finden die richtigen Ansprechpartner meist über das Internet und die Sozialen Medien. Meist müssten sie dies auf eigene Faust tun, es gebe bisher kaum etablierte Hilfsstrukturen bei Frauenärzten oder auf Geburtenstationen, wie Yvonne Asshauer erklärt: „Leider ist es noch nicht sehr verbreitet, dass Fachärzte und Hebammen den Frauen gezielt einen Ansprechpartner vermitteln.“ Auch sie selbst werde von den Müttern für gewöhnlich über ihre Website wegbegleiterin-doula-yvonne.de und ihren Instagram-Kanal @yvonne.asshauer.coaching kontaktiert. Auch über ihre Emailadresse yvonne.asshauer@web.de können Frauen sie ansprechen.

Yvonne Asshauer wünscht sich, dass der Weg zu einer Begleitung für die Mütter bei stillen Geburten in Zukunft einfacher wird: „Es ist wichtig, dass das Thema öffentlich mehr Raum bekommt und die Bedürfnisse der betroffenen Frauen stärker wahrgenommen werden.“