Hochsauerland. Wenn es regnet, sprechen wir Sauerländer von „plästern, pladdern oder gallern“. Die Sprach-App „Palava“ schaut ganz Westfalen aufs Maul.

Was sagt man in verschiedenen Regionen, wenn es stark regnet? In Marsberg spricht man ganz klar von „plästern“. In Olsberg ist von „pladdern“ oder „pläddern“ die Rede. In Medebach gibt es die „plästern“-Fraktion und die „schiffen“-Variante. „Gallern“ ist mehr im Höxteraner Raum verbreitet und „meimeln“ sagt man ausschließlich im Kreis Mettman oder im Raum Ascheberg. Was das alles soll?

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Die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) haben die Sprach-App „Palava“ entwickelt. Mithilfe dieses Tools wollen die Sprachwissenschaftler/innen der LWL-Kommission für Mundart und Namenforschung und des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte die regionale Alltagssprache in Nordrhein-Westfalen erforschen. Rund 9.000 Nutzer/innen von „Palava“ haben seit Juni 2023 die kostenlose App genutzt und Fragen zu ihrer Alltagssprache beantwortet. Seit Mittwoch ist die erste Sprachkarte in der App online.

Vom „Frierpitter“ bis zum „Friesepinn“

„Es ist toll, dass wir so viele Antworten bekommen haben. Diese geben uns Einblicke in die Alltagssprache, die wir mit anderen Methoden bisher nicht erhalten konnten“, sagt LVR-Sprachforscherin Dr. Charlotte Rein. Auf der ersten veröffentlichten Sprachkarte sind passend zum Aprilwetter die vielfältigen Antworten auf die Frage zu sehen „Wie nennst Du es, wenn es stark regnet?“ Die Karte zeigt sowohl kleinräumig vorkommende Varianten wie besagtes „meimeln“ oder „drätschen“ als auch Wörter, die in ganz NRW verbreitet sind, die man aber nicht überall in Deutschland kennt. „Hierfür ist ,plästern‘ ein sehr gutes Beispiel,“ erläutert LWL-Sprachwissenschaftler Timo Schürmann.

Nettes Feature, aber noch ausbaufähig: die App
Nettes Feature, aber noch ausbaufähig: die App "Palava" befasst sich mit regionaler Umgangssprache. © WP | Thomas Winterberg

Einmal im Monat stellen die Sprachwissenschaftler/innen von LWL und LVR nun eine neue Karte ein. Dazu gibt es jeweils einen Kartenkommentar, der die Verbreitung und die Herkunft der verschiedenen Wörter näher erläutert. Grundlage für diese Karten bilden die Audioaufnahmen von den Nutzern/innen der App.

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Zugegeben. Wenn man sich die App herunterlädt und die sprachlichen Unterschiede zum Beispiel zwischen Brilon und Winterberg vergleicht, dann gibt es doch deutliche Parallelen und eigentlich wenig Differenzen. Eine „besonders starke Kälte“ nennt der Winterberger demnach „Eiseskälte“, der Schmallenberger „Schweinekälte“ und der Briloner „Hundekälte“. Hier stellt sich natürlich die Frage, wie repräsentativ die Antworten der Nutzer sind. Den „starken Hunger“ titulieren der Briloner und der Medebacher mit „Schmacht“ und der Winterberger schlicht mit „Bären“ oder „Bärenhunger“. Auch bei einem Kostverächter sind sich die Regionen einig: Das ist ein „Schnöggel“. Wer leicht friert, wird in Medebach angeblich „Friesepinn“ gescholten, in Winterberg „Frostbeule“ und in Meschede „Frierpitter“. Fehl da nicht auch noch ein „Frostkötel“? Witzig ist die Definition einer Marihuana Zigarette, die der Briloner als „Joint“ benennt und der Schmallenberger als „Keine Ahnung“...

App ist kostenlos nutzbar

Die Sprachforscher/innen laden alle Interessierten ein, über die App ihre Alltagssprache zu teilen und die Karte mit ihren Begrifflichkeiten ständig zu erweitern. Die App „Palava“ gibt es kostenlos in allen App-Stores.