Marsberg. Zwei Straftäter erheben Vorwürfe gegen die Bedingungen im Therapiezentrum Marsberg. Der Träger LWL reagiert auf die massiven Anschuldigungen.
Zwei Insassen des Maßregelvollzugs des Therapiezentrums Marsberg erheben schwere Vorwürfe gegen die Einrichtung. Das LWL-Therapiezentrum für Forensische Psychiatrie Marsberg ist ein Fachkrankenhaus für suchtkranke Straftäter mit derzeit 111 stationären Therapieplätzen.
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So soll es nach Beschwerden der Insassen zu positiven Drogenkontrollen gekommen sein. Die Drogeneinnahme ist im Maßregelvollzug verboten und die nach Angabe der Insassen falschen Testergebnisse hätten Konsequenzen, wie eine negative Sozialprognose, zur Folge. Ebenso soll es einen Mitarbeiter der Einrichtung gegeben haben, der selbst suchtkrank sei. Insgesamt beklagen die Insassen eine restriktive Stimmung. Beschwerden würden nicht ernst genommen oder sogar sanktioniert. Über zwei DIN-A4-Seiten ist der Brief der Häftlinge lang. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass eine mangelnde individuelle Förderung der Patienten vorliege und dass Therapiepläne nicht dem Ziel der Entlassung, sondern der längerfristigen Unterbringung dienen würden. Der Landschaftsverband (LWL) widerspricht den Vorwürfen deutlich.
Urin wird extern auf Drogenkonsum überprüft
So würden die Urinproben gar nicht von der Anstalt selbst überprüft: „Die Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum werden in § 31 StrUG NRW geregelt. Die labortechnischen Untersuchungen werden durch externe, akkreditierte Speziallabore durchgeführt, beispielsweise mit LC-MS (Liquid Chromatography Mass Spectrometry). Auffällige Befunde werden üblicherweise nochmals in einem Kontrollverfahren überprüft, sodass falsch positive Befundungen mit größtmöglicher Sicherheit vermieden werden“, so LWL-Pressesprecher Thorsten Fechtner auf Anfrage der Westfalenpost.
Vorgeworfen wird dem LWL außerdem, dass Geld in Baumaßnahmen statt in Therapieangebote gesteckt würde. Auch hier widerspricht der LWL: „Die angeführten aktuellen Baumaßnahmen in unserer Klinik berühren nicht die für die Behandlung der Patienten zur Verfügung stehenden Finanzmittel“, so Fechtner. Er führt weiter aus: „Viele Patienten, die zu uns kommen, haben erhebliche Bildungsdefizite. Oftmals haben sie keinen Schulabschluss und nur die wenigsten eine abgeschlossene Berufsausbildung. Hinzu kommt, dass zunehmend mehr Patienten Probleme mit der deutschen Sprache haben. Unser Ziel ist es aber, den Patienten nach der stationären Suchttherapie und der Entlassung aus dem Maßregelvollzug bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu bieten und so das Rückfallrisiko weiter zu reduzieren. Schulische und berufliche Bildungsangebote sind daher ein fester Bestandteil unseres therapeutischen Angebots“, so der Sprecher.
Einzelne Ausfälle bei den therapeutischen Angeboten sind nicht auszuschließen
Für alle Patienten werden nach Angabe des LWL gemäß den gesetzlichen Vorgaben schulische Angebote vorgehalten. Unter-25-Jährige könnten in der klinikeigenen Schule beschult werden und versuchen, einen Schulabschluss zu erreichen. Im Rahmen der Erwachsenenbildung bestehe für über 25-jährige Patienten ebenfalls die Möglichkeit, einen Schulabschluss anzustreben, teilt der LWL mit. Gleichzeitig schränkt Thorsten Fechtner jedoch ein: „Therapeutische Angebote werden grundsätzlich vorgehalten, einzelne Ausfälle, die auch durch Vertretungen nicht kompensiert werden können, sind jedoch nicht immer auszuschließen.“
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Der LWL gibt außerdem zu Protokoll, dass Patienten aus ihrer Sicht jeden Tag die Möglichkeit hätten, sich in Gesprächen zur Situation ihrer Unterbringung zu äußern: Neben den regulär stattfindenden therapeutischen Gesprächen haben alle Patienten die Möglichkeit, täglich zusätzliche Gesprächswünsche anzumelden. Zudem besteht in der alltäglichen ‚Tagesreflexion‘ die Möglichkeit, das aktuelle Befinden und weitere Anliegen zu thematisieren. Auch könnten Mitarbeitende aus der Pflege oder aus anderen Therapiebereichen jederzeit angesprochen werden“, so Fechtner. Darüber hinaus gäbe es weitere Möglichkeiten, wie das hausinterne Beschwerdemanagement. Fechtner zitiert außerdem aus dem Protokoll eines unangekündigten Besuches der staatlichen Besuchskommission: „‘Wie im letzten Jahr gewinnt man auch in diesem Jahr von der Einrichtung einen sehr guten Eindruck. Sie wird getragen von einem hohen Engagement der Mitarbeiter mit einer rehabilitativen Ausrichtung und psychotherapeutischem Anspruch. Die Haltung gegenüber den Patienten ist von Wertschätzung und Respekt geprägt.‘
Auch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter besuche die Einrichtung nach Auskunft des Pressesprechers regelmäßig, und auch hier seien keine der angeführten Missstände festgestellt worden.
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Dass es Mitarbeiter gegeben hätte, die selbst süchtig gewesen seien, weist der LWL von sich: „Solche Vorwürfe sind uns nicht bekannt. Die Einstellung von Mitarbeitenden im Maßregelvollzug unterliegt strengen (Sicherheits-)Kriterien“, so Fechtner. Dass Mitarbeiter aus Gewissensgründen, so der Vorwurf der Insassen, gekündigt hätten, ist dem LWL ebenfalls nicht bekannt: „Mitarbeitergespräche ergaben keine Hinweise auf Kündigungen aus Gewissensgründen.“
Negative Prognosen bewusst negativ gehalten?
Die beiden Häftlinge werfen dem LWL ebenfalls vor, dass die Prognosen bewusst negativ gehalten würden, was die Chancen auf andere Unterbringungsmöglichkeiten schmälern würde. Darauf antwortet der LWL: „In einem gesetzlich vorgeschriebenen Rhythmus nehmen wir zum Behandlungsverlauf der Patienten Stellung (§ 67 StGB), welche vonseiten des Gerichts – durch die Strafvollstreckungskammer (StVK) – überprüft wird. Den Patienten steht die Möglichkeit einer persönlichen Anhörung durch die StVK offen. Die Stellungnahmen werden nach forensischen Standards erstellt.
Es werden die Behandlungs-, Sozial- und Legalprognosen betrachtet. Hierzu werden wissenschaftlich evaluierte kriminalprognostische Verfahren eingesetzt. Über die Fortdauer und gegebenenfalls auch bedingte Entlassungen, aber auch über die Beendigung der Maßregelvollzugsbehandlung, entscheidet die StVK in Verbindung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft.“ Jeder Verlegungswunsch werde individuell geprüft. Die Entscheidungen zu Verlegungswünschen werden den Patienten immer transparent gemacht, so die LWL-Pressestelle abschließend.