Brilon. In Brilon wird in der Moschee das Ende des Ramadan mit Gästen aller Glaubensrichtungen gefeiert. Der Bürgermeister feiert dabei eine Premiere.
Wir haben das akademische Viertel eingehalten“, sagt Dr. Ahmet Arslan schmunzelnd, als er „pünktlich“ um 15.15 seine Begrüßungsansprache hält. Am Wochenende hat die türkisch-islamische Gemeinde Brilon zu einem Ramadan-Festempfang in ihren Gebetsraum eingeladen. „Gäste gelten im Islam als Segen Gottes“, so Dr. Arslan, „und den lassen wir uns natürlich nicht entgehen.“ Dr. Arslan ist Lehrer für Deutsch und Islamische Religionslehre am Gymnasium der Stadt Meschede und engagiert sich ehrenamtlich für den interreligiösen Dialog. Am vergangenen Dienstag, sagt Dr. Arslan, habe die diesjährige islamische Fastenzeit geendet und in den darauf folgenden Tagen hätten die Gläubigen drei Tage lang viel Zeit mit dem Besuch von Freunden, Verwandten und Bekannten verbracht - mit reichlich Essen, Tee und Gebäck: „Heute, am vierten Tag, freuen wir uns auf ein Fest mit Teilnehmern unabhängig von Religion, Konfession oder Weltanschauung.“
Moderation von Imam Ismail Cayiroglu
Mit viel Humor und einem Spritzer Ironie gibt er einen Vorgeschmack auf das Programm, bevor er die Moderation an Imam Ismail Cayiroglu übergibt. Der Imam ist verheiratet, hat vier Kinder und ist seit zwei Jahren für die Briloner Moschee tätig. Noch drei Jahre wird er bleiben, bevor er zurück in die Türkei geht, wo er für die Ditib arbeitet. Er zitiert in dem typischen Gebetsgesang verschiedene Verse aus dem Koran, zunächst in der arabischen Originalsprache, dann auf Türkisch. Schließlich übersetzt Dr. Arslan ins Deutsche.
Bürgermeister Dr. Christof Bartsch übernimmt und setzt sich im Schneidersitz auf den Teppich. „In dieser Haltung ist das auch Premiere für mich“, sagt er lachend. „Ich danke dem Türkisch-Islamischen Kulturverein ganz herzlich für die Einladung. Und danke, dass Sie auch an das Jugendparlament gedacht haben.“ Er sei nicht nur als Bürgermeister, sondern auch als Bürger an einem kulturellen Austausch und Miteinander interessiert.
Brilon: Impressionen vom Ramadan-Festempfang in der Moschee
Oft werde der Fokus auf das Trennende, statt das Gemeinsame gelegt. Feiern wie diese seien der richtige Weg für Austausch und Verständnis. In allen Religionen, egal ob Judentum, Christentum oder eben dem Islam gelte das Gebot von Kants Kategorischem Imperativ: „Es wird unterschiedlich ausgedrückt, meint aber immer das Gleiche: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu.“ Wie beschämend sei es da, was auf der Welt passiert. „Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg gehen.“
Propst über Gespräche vor vielen Jahren mit Mullahs im Iran
Auch Propst Dr. Reinhard Richter ist vor Ort: „Ich bedanke mich, dass auch ein Vertreter der katholischen Kirche hier sprechen darf.“ Er wolle sich nicht zu sehr in der Ethik verlieren, doch sei in der heutigen Zeit das Miteinander mit vielen Herausforderungen verbunden - „Auch politisch merkt man das.“ Er berichtet von seinem Aufenthalt in Armenien und den Gesprächen, die er vor vielen Jahren mit Mullahs im Iran geführt habe. Schließlich singt er noch einen Auszug aus dem Salve Regina und ist sich sicher: „Die Sprache des Herzens findet immer einen Weg.“
Als Vertreter für die evangelische Religionsgemeinde ist Dirk Schmäring aus Ramsbeck gekommen. Auch er ist überzeugt: „Wenn man richtig kommuniziert, kann man viele Gemeinsamkeiten entdecken.“
Veranstaltungen für den interkulturellen Austausch
Cansu Müjde-Algin vom kommunalen Integrationszentrum des HSK lobt das Engagement von Dr. Bartsch, um beispielsweise Sprachkurse speziell für solche Frauen zu unterstützen, „die vorher nie die Chance dazu hatten.“ Cansu Müjde-Algin ist in Brilon als Case-Managerin tätig. Ihre Großeltern seien damals als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. Sie seien schlecht integriert und dadurch sehr einsam gewesen: „Jetzt, in dritter Generation, werden die ersten Akademiker hervorgebracht.“
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Auch der Leiter der Polizeiwache Brilon, Michael Padberg, ist gekommen: „Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut. Veranstaltungen dieser Art finde ich für den interkulturellen Austausch sehr wichtig.“
Es werden noch einige Gebetsketten als Andenken verteilt und dann machen sich alle Gäste gemeinsam „auf die Socken“ in den Speiseraum. Wortwörtlich, denn Schuhe haben in einer Moschee bekanntlich nichts verloren.
Zwei große Tische voll traditionell türkischer und anderer orientalischer Köstlichkeiten stehen bereit. Die Frauengruppe des Vereins hat sich mächtig ins Zeug gelegt: Padima Öztürk, Hacer Yapici, Kadriye Koldere, Leiterin Zerrin Bercin und andere begeistern die Gäste mit Spezialitäten von Köfte bis Baklava. „Das Süße ist süßer als bei uns und das Herzhafte ist herzhafter als bei uns. Das ist eine echte Bereicherung,“ meint Thomas Haugwitz vom Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Brilon. „Mir ist die Moschee durchaus vertraut, es gibt die interreligiöse Meditation und diese Moschee ist auch Gastgeber dafür. Ich bin sehr gerne hier in dieser Atmosphäre und schätze die Offenheit der Menschen für unterschiedlichste Fragen und ihre Bereitschaft zum Dialog.“
Einladung an alle die Moschee zu besuchen
Hans-Günther Bracht ist zum ersten Mal dabei: „Ich wollte schon seit vielen Jahren immer mal kommen und jetzt ist mir das endlich gelungen.“ Er sei beeindruckt von der Architektur: „Von außen eher unauffällig, aber innen sehr repräsentativ. Dazu die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Gläubigen. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen.“
Neben Bracht sitzt Wolfgang Kleineberg. Beide wollen lieber gar nicht so genau wissen, wie viele Kalorien sie gerade verdrückt haben. Kleineberg: „Mir hat vor allem das gefallen, was auch der Bürgermeister eben schon gesagt hat. Also das Miteinander, die Toleranz.“ Der Dialogbeauftrage Dr. Arslan sei ihm außerdem ganz besonders positiv aufgefallen.
Auch Dr. Bartsch lässt es sich im Speiseraum gut gehen: „Ich habe mich an die deftigeren Sachen gehalten. Und der Tee ist natürlich nicht zu toppen!“ Es sei eine wirklich tolle Idee, auch die nicht-muslimischen Briloner in das Fest mit einzubeziehen.
Ahmet Yildiz, 1. Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde, zeigt sich mit dem Verlauf der Feier sehr zufrieden: „Das war zwar das erste Mal, dass wir das gemacht haben, aber hoffentlich nicht das letzte Mal.“ Andersgläubige, wie zum Beispiel Christen, hätten offenbar oft Hemmungen vorbeizukommen. Diese sollten aber wissen, dass sie immer willkommen sind und hereinkommen dürfen. Wer dennoch einen bestimmten Anlass suche, könne sich den 3. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, merken. „Da feiern wir hier auch den Tag der offenen Moschee.“ Ein konkretes Programm sei zwar noch nicht geplant, Besucher dürfen sich aber freuen. Ahmet Yildiz: „Wir sind da immer sehr spontan.“