Winterberg/Hochsauerlandkreis. Finnland wird zum glücklichsten Land der Welt gekürt. Jörg Haase von der deutsch-finnischen Gesellschaft Hochsauerland weiß, weshalb das so ist.
Die glücklichsten Menschen der Erde leben im Norden: Das hat der Weltglücksbericht 2024 ergeben, der jährlich erscheint. Bereits zum siebten Mal in Folge hat Finnland Platz 1 erreicht und gibt sich damit ungeschlagen. Auf Finnland folgen die skandinavischen Länder Dänemark, Island und Schweden. Deutschland könnte sich davon eine Scheibe abschneiden und rutscht von Rang 16 auf 24 ab. Doch inwiefern heben sich die Finnen in ihrer Zufriedenheit von den Deutschen ab? Jörg Haase ist Vorsitzender der deutsch-finnischen Gesellschaft Hochsauerland und erklärt die Unterschiede zwischen den Nationen.
Dass Jörg Haase so verbunden mit Finnland ist, geschah eher durch Zufall: In den 80er-Jahren arbeitete er als Presseamtsleiter der Stadt Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet. Castrop-Rauxel steht in Partnerschaft zur finnischen Stadt Kuopio und hatte als erste Stadt Deutschlands einen Bezug zu Finnland. Für das Partnerschaftsbüro organisierte er den Besuch von finnischen Schülern, die ein Auslandspraktikum in Deutschland absolvieren oder von Arbeitern, die hier Umschulungsmaßnahmen machen. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Land und interessiert sich für dessen Kultur. Sein Engagement reicht so weit, dass der Winterberger schließlich Vorsitzender der Bezirksgruppe Hochsauerland von der deutsch-finnischen Gesellschaft wird und dafür 2014 sogar das Bundesverdienstkreuz vom HSK-Landrat Dr. Karl Schneider erhält.
Rund 80 Millionen Deutsche und fünf Millionen Finnen
In Finnland war Jörg Haase schon oft und kennt das Land wie seine Westentasche: „Ich habe durch die Arbeit und mein Ehrenamt viele Kontakte zu den Finnen aufgebaut. Je mehr Leute ich kennengelernt habe, desto enger wurde auch die Verbindung zu ihnen“, verrät er. Daher weiß der Vorsitzende genau, warum die Finnen so viel glücklicher sind als die Deutschen. Ein Hauptgrund ist zum Beispiel die niedrige Bevölkerungsdichte: „Die finnische Bevölkerung ist in ihrem Staatsgebiet nicht so zusammengepresst und nah aneinander. Das Land ist eher dünn besiedelt, sodass jeder Einzelne mehr Platz für sich hat!“
Wo in Deutschland über 80 Millionen Menschen leben, sind in Finnland nur 5 Millionen angesiedelt - und das auf einer Fläche, die nicht viel kleiner ist als unsere. Die Finnen leben konzentriert im Westen und Süden des Landes, während 86 Prozent der Fläche bewaldet sind. Ähnlich sei es laut Jörg Haase auch bei den skandinavischen Ländern Dänemark, Island und Schweden, die im Weltglücksbericht 2024 nur knapp hinter Finnland liegen und die Plätze 2,3 und 4 belegen.
Wenn nicht heute, dann morgen
Außerdem beobachtet Jörg Haase, dass die ganze Mentalität der Finnen anders ist. „Sie sind ein anderer Schlag Mensch: Sie sind viel gelassener und weniger im Stress als wir.“ Das hat er bei einer seiner Reisen selbst erlebt: Ein Bekannter vermittelte ihm eine Hütte im Wald als Unterkunft. Den Weg dorthin musste er im Ruderboot paddeln und einen See überqueren. An einem Tag will er zu einem Termin - seine Unterkunft ist jedoch über 100 Kilometer vom Ziel-Ort entfernt. Deshalb warnt er seinen Bekannten vor; er weiß noch nicht, ob er es pünktlich schaffen wird. „Das war den Finnen total egal, selbst wenn ich drei Stunden später beim Termin aufgetaucht wäre. Sie machen sich nicht verrückt und leben nach dem Motto: Wenn nicht heute, dann eben morgen“, so Jörg Haase.
Die finnische Bevölkerung sei zusätzlich ausgeglichener: „Das liegt natürlich auch an der Strahlkraft des Waldes und der Natur. Die Finnen legen Wert auf Harmonie und Ruhe“, sagt der Vorsitzende. Gleichzeitig hängen sie aber nicht nur rum, wenn es im Winter nur wenige Stunden Tageslicht gibt und hauptsächlich dunkel ist, sondern widmen sich Aktivitäten wie Kultur und Forschung. Alkohol sei dort sündhaft teuer, weshalb es weniger Trinker gibt. „Sie haben eine ganz andere Lebensweise - das erkennt man sofort. Wenn ich sie in drei Worten beschreiben müsste, wäre das langlebig, treu und unaufdringlich!“
Große Unzufriedenheit in Deutschland
Dass Deutschland im Weltglücksbericht von Rang 16 auf 24 abgerutscht ist, läge vor allem an der großen Unzufriedenheit, die Jörg Haase hierzulande beobachtet. Ständige gegenseitige Kritik und eine negative Grundeinstellung inklusive. „Wir Deutschen könnten uns definitiv eine Scheibe von den Finnen abschneiden“, sagt er. Der Vorsitzende ist nämlich der Meinung, dass man glücklich sein auch nachträglich noch lernen kann. „Zufriedenheit ist eine Entscheidung. Das führen sich die Finnen regelmäßig vor Augen und machen das Beste aus jeder Situation!“ Wer an dem Lebensstil interessiert ist, dem empfiehlt Jörg Haase, unbedingt mal nach Finnland zu reisen und sich selbst davon zu überzeugen.