Brilon/Berlin. Die Ampel verliert Zustimmung, die AfD steigt in Umfragen. Im HSK plant der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese ein eigenes Anti-AfD-Konzept.
Das Jahr 2023 ist auch am SPD-Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese aus Brilon nicht spurlos vorübergegangen. In Bezug auf das Heizungsgesetz der Regierung sagt er deutlich: ‚Das war ein Desaster.‘ Zumindest über die Webcam ist davon nichts zu sehen. Entspannt führte der Seeheimer durch das digitale Jahresauftaktgespräch und wich dabei auch kritischen Fragen nicht aus.
Koalition musste Haushalt umplanen
Besonders beschäftigt Wiese das Urteil des Verfassungsgerichts vom 15. November dieses Jahres. Das Bundesverfassungsgericht hat den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig erklärt. Damit muss die Ampel-Koalition ihren Haushalt umplanen und kann nicht mehr auf Corona-Kredite für den Klimaschutz zurückgreifen. Die Entscheidung hat zur Folge, dass sich der Umfang des Klima- und Transformationsfonds um 60 Milliarden Euro reduziert. Die Bundesregierung ist derzeit noch in den Prüfungen, wie sie die entstandene Finanzierungslücke schließen kann. „Über den Haushalt wird am 29. Januar 2024 entschieden, bis dahin ist noch etwas Zeit, an der ein oder anderen Stellschraube zu drehen“, sagt Wiese.
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Wiese setzt sich für Deckelung bei Agrardiesel ein
Aktuell mehren sich die Proteste gegen die geplante Abschaffung der Subventionen für Agrardiesel. Insgesamt will die Regierung im Zusammenhang mit der Steuerreduzierung landwirtschaftlich genutzter Kfz 920 Millionen Euro einsparen. Das setzt vor allem kleinere Betriebe unter Druck. Dirk Wiese setzt sich für eine Änderung des Vorhabens ein: „Man könnte zum Beispiel überlegen, eine Deckelung einzuführen. Bis 10.000 Liter pro Jahr könnte die Förderung weiterhin ausgezahlt werden, danach nicht mehr. In dieser Größenordnung befinden sich auch viele Betriebe im Sauerland,“ sagt Wiese. Er möchte mit dieser Maßnahme die Sparmaßnahmen etwas abmildern. Zudem weist er darauf hin, dass die geplante Stromsteuerbefreiung für Unternehmen auch in Teilen der Landwirtschaft in Anspruch genommen werden kann: „Das betrifft den produzierenden Bereich der Landwirtschaft“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Im Zuge des Cyberangriffs auf die IT-Systeme im Hochsauerlandkreis könne er sich außerdem vorstellen, eine Härtefallregelung zu finden, damit die Käufer von Elektroautos noch von einer Umweltprämie in Höhe von 4500 Euro profitieren können, sollte die Cyberattacke Ursache der Verzögerung gewesen sein.
Migration geht zurück
Die Daten zeigen, dass die Migration weiterhin zurückgeht. Im Oktober kamen 20.000 Ankünfte, im November waren es nur noch 5000. Dirk Wiese führt dies auch auf die Maßnahmen der Bundesregierung zurück, die seit einiger Zeit auf schärfere Kontrollen und Rückführungen setzt: „Das ist tatsächlich nicht nur mit der Jahreszeit zu erklären. Im Winter gehen die Zahlen ja häufig zurück. Dieser Sprung ist jedoch so deutlich, dass er nur mit den Maßnahmen der Bundesregierung erklärbar ist“, sagt Wiese. Der Bundespolitiker freut sich außerdem über die Einigung auf härtere Asylregelungen innerhalb der Europäischen Union: „Das ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass uns in diesem Punkt eine Einigung gelingt. Zwar wird es noch etwas bis zur Umsetzung dauern, aber das war die richtige Entscheidung“, sagt Wiese. Er merkt jedoch an: „Aktuell ist die Situation noch nicht zufriedenstellend, und ich werde mich weiterhin für mehr Steuerung und Ordnung einsetzen“. Einen ersten Erfolg kann Wiese schon verbuchen. An diesem Mittwoch, 20. Dezember, legten die Koalitionsparteien ihren Streit über die Einbürgerungsfrage bei: „Die Koalitionsfraktionen haben in konstruktiven Verhandlungen bei wichtigen Gesetzesvorhaben eine Einigung erzielt, die einer modernen Einwanderungsgesellschaft und den Prinzipien von Humanität und Ordnung gerecht werden.“ Sowohl die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts als auch das Gesetz „zur Verbesserung der Rückführungen“ könnten damit im Januar im Bundestag beschlossen werden, so das Statement der Ampelregierung. Künftig sollen Zuwanderer nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können, wenn sie ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten können. Bisher ist eine Einbürgerung erst nach acht Jahren Aufenthalt möglich. Bei guten Leistungen in Schule oder Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich sein.
Paradebeispiel misslungener Kommunikation
Das Heizungsgesetz hält er für ein Paradebeispiel misslungener Kommunikation: ‚In ein paar Jahren wird das Negativbeispiel dienen, wie man Gesetze nicht vorbereitet. Das war ein völliges Desaster,‘ sagt Wiese auch selbstkritisch. Er verweist jedoch auch darauf, dass die Regierung es geschafft habe, das Gesetz völlig umzudrehen: ‚Wir haben dem Vorhaben damit die Härte genommen‘, findet der Sozialdemokrat, der auch erwähnt, dass es in Zukunft bis zu 21.000 Euro Förderung geben wird.Weitere wichtige Themen sind die Reform des Bundeswaldgesetzes für das nächste Jahr: „Da führen wir intensive Gespräche mit der Forstwirtschaft“, sagt Wiese. Aktuell trage das Gesetz noch zu sehr die Handschrift des Bundesumweltministeriums. Doch auch Wiese ist klar: ‚Gerade im Sauerland sind wir auf die wirtschaftliche Nutzung des Waldes angewiesen.‘
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Mit einem neuen Postgesetz möchte die Regierung außerdem Lohndrückerei über Sub- oder gar Sub-Subunternehmen verhindern. Außerdem sollen Paketzusteller entlastet werden: „Pakete über 20 Kilogramm dürfen in Zukunft nicht mehr durch den Postzusteller zugestellt werden.“
Kneipengespräche im nächsten Jahr geplant
Dem aktuellen Aufschwung der AfD möchte der Politiker durch Bürgernähe entgegenwirken: „Ich starte im nächsten Jahr mit den Kneipengesprächen. Ich setze mich an die Tresen, und die Leute können mich einfach ansprechen und mit mir diskutieren“, kündigt er an. Zu weiteren Veranstaltungen sollen hochkarätige Politiker wie Boris Pistorius eingeladen werden, aber auch der DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat bereits einen Besuch angekündigt.
Zum heiß diskutierten Thema Bürgergeld sagt Wiese: „Wir müssen natürlich aufpassen, dass wir nicht nach unten treten. Aber mir ist auch klar, dass es Menschen gibt, die es sich in der sozialen Hängematte gemütlich machen.“ Er begrüßt deshalb die Abschaffung des Bürgergeld-Bonus in Höhe von 150 Euro für Bürgergeldempfänger, die in ihrer Freizeit Weiterbildungen besuchen. Auch Sanktionen stellen für den SPD-Politiker kein Problem dar.
Das Weihnachtsfest wird der Briloner wie immer mit Freunden und Familie verbringen. ‚Da freue ich mich in diesem Jahr ganz besonders drauf‘,“ sagt er abschließend.