Brilon/Olsberg. Zwischen der Chefetage der Firma Oventrop in Brilon und Olsberg und der IG Metall fliegen die Fetzen. Eine der Parteien sagt die Unwahrheit.

Der Schock im September war groß, als die WP erstmals und exklusiv berichtete, dass bei der Firma Oventrop bis zu 175 Menschen in Brilon und Olsberg ihren Job verlieren sollen. In der Belegschaft herrscht seitdem Unruhe. Nachdem die IG Metall der Oventrop-Geschäftsleitung jüngst „Psychospielchen“ im Zuge der Restrukturierung vorgeworfen hatte, eskaliert der Konflikt weiter.

Gegenüber der Westfalenpost hatte Unternehmenssprecher Dr. Christian Rohrlack der Gewerkschaft angelastet, sich auf Kosten der Mitarbeiter profilieren zu wollen. Laut IG Metall waren nach Weisung der Geschäftsführung am 6. Dezember Mitarbeiter vom Werksgelände verwiesen worden. IG Metall-Chef Helmut Kreutzmann warf der Oventrop-Führungsetage daraufhin vor, „betriebsverfassungsrechtlichen Rechte des Betriebsrats und der Belegschaft“ mit Füßen zu treten. Die sei „unverständlich und ist eine Kehrtwende von dem respektvollen Umgang der bisherigen Geschäftsführungen mit der Belegschaft.“

Glasklarer Widerspruch: Version von Oventrop und Version der IG Metall

Im Kern geht es um laut IG Metall um 21 Mitarbeiter, die Firma Oventrop nennt die Zahl von 25 Beschäftigten, die mit sofortiger Wirkung bei vollem Lohnausgleich freigestellt wurden. Unternehmenssprecher Rohrlack bestreitet, dass Mitarbeiter vom Gelände „abgeführt“ wurden. Und er widerspricht dem Olsberger IG-Metall-Vorsitzendem in einem weiteren entscheidendem Punkt: „Intern diskutieren wir den geplanten Stellenabbau bereits seit einigen Wochen in den Gremien des Unternehmens. Der Betriebsrat ist in diese Gespräche involviert und diesen Prozess haben wir nicht beendet“. Die IG Metall habe den letzten vereinbarten Gesprächstermin abgesagt und nicht wahrgenommen. Für Helmut Kreutzmann eine völlig verzerrte Darstellung: „Wie Herr Dr. Rohrlack zur Erkenntnis kommt, die IG Metall habe einen vereinbarten Gesprächstermin abgesagt und nicht wahrgenommen, ist mir gänzlich schleierhaft. Mit der IG Metall Geschäftsstelle Olsberg hat es keine Terminvereinbarung gegeben. Ist der Unternehmenssprecher nicht richtig informiert, oder handelt er wider besseres Wissen?“, fragt er.

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Darüber hinaus wehrt sich der IG Metall-Vorsitzende gegen den Vorwurf der Profilierung auf Kosten der Mitarbeiter. Es sei richtig gewesen, mitten im Verhandlungsprozess an die Öffentlichkeit zu gehen: „Es war der Wunsch Betroffener, diese Umgangsformen nicht innerhalb der Werkstore zu ersticken, dies entspricht auch meinem Selbstverständnis. Dieser Wunsch ist absolut nachvollziehbar. Wer so mit den Rechten Beschäftigter und ihrer Vertretung, sprich dem Betriebsrat, umgeht, hat jeglichen Vertrauensschutz verwirkt.“

Das alles ist ein makaberer und ein schlechter Stil. Hier soll ein Exempel statuiert werden.
Helmut Kreutzmann, IG Metall Olsberg

Gewerkschaftschef Keutzmann geht in seiner Kritik an die Oventrop-Geschäftsleitung noch weiter: „Das alles ist ein makaberer und ein schlechter Stil. Hier soll ein Exempel statuiert werden.“ Betriebsratschef Wolfgang Geilen berichtet davon, dass den jetzt freigestellten Mitarbeitern die Zugangs-Accounts ad hoc gekappt wurden. „Das macht mich fassungslos. Dafür gab es keinerlei Gründe.“ Er sei seit Jahrzehnten im Betrieb, seit 20 Jahren im Betriebsrat: „Es gab bei uns schon einige schwere Zeiten. Aber diese Art des Umgangs ist neu“ klagt er. Geilen berichtet davon, in Tränen aufgelöste und völlig verzweifelte Mitarbeiter am 6. Dezember angetroffen und getröstet zu haben.

Die Pläne zur Restrukturierung bei Oventrop

Die jetzige Freistellung steht nicht in dem Zusammenhang mit der Restrukturierung, die bei Oventrop rund 175 Arbeitsplätze kosten könnte. Die Firma plant den massiven Stellenabbau, der vor allem die Produktionsstandorte Brilon und Olsberg betreffen wird. Der Grund: Eine Umstellung in der Produktion. Im Sauerland wird die Produktion am Standort Brilon konzentriert. Dort würden künftig zwei der drei geplanten Segmente ihr zu Hause finden. Zusätzlich würden die Vollautomaten Dreherei und die Kunststofffertigung als sogenannte Kompetenzzentren von Brilon aus Vorprodukte in die einzelnen Segmente liefern. Das dritte Segment wird im polnischen Szydtowiec aufgebaut, wo Oventrop seit 2021 ein Werk betreibt. Der Aufbau des Segmentes am Standort Szydłowiec werde dort 2024 zum Stellenaufbau führen. Vor Mitte 2024 werde es in Brilon und Olsberg zu keinem Stellenabbau kommen, sichert das Unternehmen zu.