Bilon/Olsberg. Oventrop plant drastische Restrukturierung und entlässt Mitarbeiter kurz vor Weihnachten. Das Unternehmen wundert sich über die Gewerkschaft.
Die IG Metall Geschäftsstelle Olsberg hat scharfe Kritik an der Geschäftsführung des Armaturenherstellers Oventrop geübt. Am Nikolaustag habe die Geschäftsleitung einige Mitarbeiter vom Werksgelände verwiesen, heißt es seitens der Gewerkschaft. Die betroffenen Personen seien sowohl in Olsberg als auch in Brilon regelrecht „abgeführt“ worden, behauptet die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung. Die Firma Oventrop plant, wie bereits berichtet, eine Restrukturierung für Mitte 2024, die den Abbau von rund 175 Arbeitsplätzen in Brilon und Olsberg zur Folge haben könnte, so zumindest der Stand von September. Die Neuaufstellung der Produktion betrifft den weltweit tätigen Konzern mit Standorten in Deutschland, China und Polen. Während in Polen am Standort Szydlowiec Stellen aufgebaut werden sollen, wurde den Beschäftigten in einer Betriebsversammlung die möglichen Entlassungen mitgeteilt. Insgesamt arbeiten an den beiden Sauerländer Standorten rund 1.000 Beschäftigte.
„Dass ein so renommiertes, in der Region hoch angesehenes Unternehmen sich auf so eine Stufe herablässt, macht uns als IG Metall fassungslos“, sagte Helmut Kreutzmann, Vorsitzender der IG Metall Geschäftsstelle Olsberg. „Dass man sich in der Auswahl von Beratungsunternehmen vergreifen kann, geschenkt. Dass man aber die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte des Betriebsrats und der Belegschaft so mit Füßen tritt ist unverständlich und ist eine Kehrtwende von dem respektvollen Umgang der bisherigen Geschäftsführungen mit der Belegschaft.“
Vor vollendete Tatsachen gestellt
Oventrop Unternehmenssprecher Dr. Christian Rohrlack zeigt Unverständnis über den Vorstoß und Profilierungsversuch der Gewerkschaft, sondern widerspricht dem Vorwurf des Rechtsbruches entschieden: „Intern diskutieren wir den geplanten Stellenabbau bereits seit einigen Wochen in den Gremien des Unternehmens. Der Betriebsrat ist in diese Gespräche involviert und diesen Prozess haben wir nicht beendet“, so Dr. Rohrlack. Die IG Metall hat den vereinbarten Gesprächstermin Ende letzter Woche abgesagt und nicht wahrgenommen, daher verwundern diese Äußerungen auch vor diesem Hintergrund.
Die betroffenen Mitarbeiter seien nun in einem ersten Gespräch über die Planungen informiert worden. Es sollte Klarheit geschaffen werden: „Wir haben in Gesprächen mit den Mitarbeitern bereits angekündigt, in der nächsten Woche mit ihnen persönliche Gespräche zu den nächsten Schritten und konkreten Konditionen zu führen“, so Dr. Rohrlack. Insgesamt seien etwa 25 Mitarbeiter aus der Verwaltung betroffen, die bei vollem Lohnausgleich zunächst nach Hause geschickt wurden. „Uns ist bewusst, dass dies für die Mitarbeitenden sehr schwer ist. Wir bedauern zudem, dass diese ohnehin für die Mitarbeiter schwierige Situation nun so in die Öffentlichkeit getragen wird. Uns ist der direkte Austausch mit den Betroffenen wichtig“, so Christian Rohrlack. Der aktuell geplante Stellenabbau habe nichts mit der geplanten Umstrukturierung im nächsten Jahr zu tun. „Wir müssen aktuell aber auf geänderte Rahmenbedingungen im Baugewerbe reagieren und sind gezwungen Kosten einzusparen. “, so der Sprecher. Er bestreitet das Mitarbeiter vom Gelände „abgeführt“ worden seien.
Dem Vernehmen nach zufolge habe Oventrop die Aktion mit der Fürsorgepflicht begründet, erzählt Kreutzmann: „Die Mitarbeiter waren nach der Kündigung natürlich völlig durch den Wind. Dann mussten sie noch ihre Zugangskarte abgeben und wurden nach draußen begleitet. Von Fürsorgepflicht kann hier überhaupt nicht die Rede sein“, so Helmut Kreutzmann auf Anfrage der Westfalenpost. Er vermute, dass die spontanen Kündigungen ein Probeleauf wären: „Für nächstes Jahr ist ja schon die große Kündigungswelle geplant“, sagt Kreutzmann. Die aktuellen Kündigungen hätten die IG Metall daher überrascht: „Die Frist zur Anhörung für den Betriebsrat endet erst am Dienstag. Hier sollen wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, führt der Gewerkschaftschef aus.
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Kreutzmann weiter: „Die Eigentümer sollten dringend darüber nachdenken, ob es der richtige, zukunftsträchtige Weg ist mit solchen Psychospielchen zu versuchen die Beschäftigten loszuwerden.“
Der Betriebsrat und seine Berater hätten der Unternehmensführung einen geordneten Prozess zur Personalanpassung angeboten. Die Unternehmensführung, mit ihren Beratern, zeige sich bisher konsequent unwillig in einen geordneten Prozess einzutreten. „Sie zerstören lieber, nach meiner Auffassung, die durch ihre Vorgänger aufgebaute erstklassige Reputation des Unternehmens“, so Kreutzmann.
Vorgehen sei skrupellos
Bis jetzt lägen den Betroffenen nicht mal Kündigungen vor. „Das ganze Vorgehen geht völlig am geltenden Recht vorbei! Das ist schlichtweg skrupellos“, kritisierte Kreutzmann. „Das Gesetz und der Anstand verlangten, dass die Geschäftsleitung dem Betriebsrat zunächst die wirtschaftliche Notwendigkeit der betriebsbedingten Kündigungen darlegt. Dies ist bis heute nicht geschehen.“
Entgegen der ersten Ankündigung der Geschäftsleitung, 175 Mitarbeiter im Zuge einer Verlagerung abzubauen, sollen es jetzt schon in Summe über 200 werden. „Die Unternehmensführung hat sehr kurzfristig festgestellt, dass im Angestelltenbereich vermeintlich zu viel Personal vorgehalten wird. Dieser Personalüberhang soll jetzt mit einer Brutalität durchgesetzt werden, die bisher in der Region seinesgleichen sucht“, so Kreutzmann. Anders sei das oben genannte Vorführen der Beschäftigten nicht zu deuten. Eine Sozialauswahl, die rechtlichen einer Überprüfung standhält, sei dem Betriebsrat bislang trotz Nachfrage nicht dargelegt worden. Die IG Metall Olsberg wird den Betroffenen empfehlen keine vorschnellen Einigungen mit dem Unternehmen zu treffen. Dies ist mutmaßlich Ziel dieser ganzen Aktion. Gleichwohl bleibt für die Unternehmensführung die Tür der IG Metall und des Betriebsrats für einen Eintritt in einen geordneten Prozess immer offen.