Brilon/Olsberg/Bigge. Bei Oventrop in Brilon und Olsberg sollen 175 Jobs wegfallen. Auf der Betriebsversammlung wurden Mitarbeiter informiert. Stimmen und Reaktionen:

Die Geschäftsführung der Firma Oventrop hat am Donnerstagabend in der Bigger Schützenhalle die Belegschaft über ihre Pläne zum geplanten Arbeitsplatzabbau an den Standorten in Brilon und Olsberg informiert. Rund 175 Jobs sollen nach Informationen dieser Zeitung im Sauerland wegfallen. Bei der Betriebsversammlung waren nach Angaben des Oventrop-Betriebsrats knapp 800 der derzeit 1050 in Brilon und Olsberg Beschäftigen vor Ort. „Nach der Indiskretion der Geschäftsführung war die Stimmungslage in der Versammlung natürlich aufgeschreckt“, sagte Betriebsratschef Wolfgang Geilen am Freitag zur WP. Die Pläne zum Stellenabbau waren bereits – wie berichtet – im Vorfeld durchgesickert. Der Betriebsrat macht dafür die Geschäftsführung verantwortlich. „Klar war auch zu spüren: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Angst“, berichtet Geilen von den Emotionen in der Halle. Was der Betriebsrat positiv verbucht habe: „Es hat ein klaren Bekenntnis der Geschäftsführung zu den Standorten Brilon und Olsberg gegeben.“

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kamen zur Betriebsversammlung von Oventrop in der Bigger Schützenhalle. Der Betriebsrat schätzt, dass knapp 800 der 1050 Mitarbeiter vor Ort waren.
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kamen zur Betriebsversammlung von Oventrop in der Bigger Schützenhalle. Der Betriebsrat schätzt, dass knapp 800 der 1050 Mitarbeiter vor Ort waren. © Joachim Aue

„Es war erwartbar, dass es eine große Betroffenheit gibt“, sagte auch Unternehmenssprecher Dr. Christian Rohrlack der Westfalenpost. Er habe ein großes Interesse wahrgenommen. „Die Geschäftsführung empfand es als sehr positiv, dass so viele Fragen gestellt wurden. Das war in der Vergangenheit häufig nicht der Fall.“ Es sei eine „wichtige und angemessene Veranstaltung“ gewesen, so Rohrlack. Jetzt gehe es darum, den angestoßenen Prozess weiter auszuarbeiten und in den Dialog mit dem Betriebsrat zu gehen.

Stellenabbau bei Oventrop: Die Pläne der Geschäftsführung

Lesen Sie auch:Bald geht´s los: Michaelis Kirmes Brilon mit neuer Rutsche

Die Firma Oventrop plant wie berichtet einen massiven Stellenabbau, der vor allem die Produktionsstandorte Brilon und Olsberg betrifft. Der Grund: Eine Umstellung in der Produktion. Im Sauerland wird die Produktion am Standort Brilon konzentriert. Dort sollen künftig zwei von drei geplanten Segmente ihr zu Hause finden. Zusätzlich soll die Vollautomaten Dreherei und die Kunststofffertigung als so genannte Kompetenzzentren von Brilon aus Vorprodukte in die einzelnen Segmente liefern. Das dritte Segment wird nach Plänen der Geschäftsführung im polnischen Szydtowiec aufgebaut, wo Oventrop seit 2021 ein Werk betreibt. Der Aufbau des Segmentes am Standort Szydłowiec werde dort Mitte 2024 zum Stellenaufbau führen. Vor diesem Zeitpunkt werde es in Brilon und Olsberg zu keinem Stellenabbau kommen, betonen Geschäftsführung und Betriebsrat.

Stellenabbau bei Oventrop: Betriebsrat setzt auf Dialog und Verhandlungen

Für Betriebsratschef Wolfgang Geilen geht es in den nun anstehenden Verhandlungen mit der Geschäftsführung darum, den Umfang des geplanten Stellenabbaus in Brilon und Olsberg zu verringern oder sogar zu verhindern. Es sei nun an der Geschäftsführung nachzuweisen, dass die Pläne tatsächlich nachhaltig Produktionskosten reduzieren. „Dass die Löhne in Polen niedriger sind bezweifelt niemand“, so Geilen. Der Aufbau auf eine SAP-gestützte Produktion und die höheren Logistikkosten würden seiner Ansicht nach Kostenvorteile aber wieder einkassieren. „Das alles werden wir genau hinterfragen. Die Sinnhaftigkeit der Pläne müssen uns bewiesen werden.“ Bis heute stehe auch noch nicht fest, in welchen Bereichen wie viele Jobs wegfallen. „Wir gehen aber davon aus, dass sämtliche Teilbereiche betroffen sein sollten – bis hin in die Verwaltung.“ Wenn es zu einem Stellenabbau komme, seien die Details auch abhängig vom Sozialplan. „Uns fehlen da aber noch konkrete Aussagen der Geschäftsführung“, sagt Geilen. Unternehmenssprecher Rohrlack betont in diesem Zusammenhang: „Wir sind noch in einem sehr frühen Stadium des Prozesses.“ Es stünde nun an, auszuarbeiten, welche Bereiche in welchem Umfang betroffen sein werden.

Stellenabbau bei Oventrop: Leistungsfähigkeit und Leidensfähigkeit im Sauerland

Das Werk von Oventrop in Bigge.
Das Werk von Oventrop in Bigge. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Lesen Sie auch:Petition der Caritas Werkstätten: Es geht um Gerechtigkeit

Dass die Belegschaft im Sauerland bereit ist, Veränderungen mitzutragen, das hätten die Mitarbeiter in der Vergangenheit bewiesen, sagt der Betriebsratschef: „Die SAP-Umstellung hat Ende des vergangenen Jahres den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr viel abverlangt. Sie haben Leistungsfähigkeit und Leidensfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“ Es sei auf Urlaube verzichtet worden und es seien viele Überstunden geleistet worden – auch über die Weihnachtsfeiertage. Darüber hinaus seien im Sauerland in der Vergangenheit schon Krisen erfolgreich gemeistert worden. „Das könnte auch ein entscheidender Unterschied zu einer Belegschaft in Polen sein“, so Geilen.

Stellenabbau bei Oventrop: Geschäftsführung geht es um Wettbewerbsfähigkeit

Die Geschäftsführung habe dieses Engagement gesehen und honoriere dieses auch, sagt Rohrlack. „Dieser Einsatz war auf allen Ebenen im Unternehmen zu spüren.“ Die Geschäftsführung sei aber von dem geplanten Optimierungsmodell überzeugt. „Unsere Produkte, die wir auch im Ausland verkaufen sind preissensibel.“ Das Unternehmen müsse jetzt den Weg gehen, Produktionskosten zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Made in Germany wird nicht mehr so stark honoriert von Kunden. Sie honorieren Made by Oventrop. Dann muss aber auch der Preis stimmen.“ Auch im Briloner Werk werde es zu Prozessoptimierungen kommen.

Lesen Sie auch: Windkraft-Baustelle auf dem Mannstein: Beeindruckende Bilder

Letztlich hätten beide Seiten – Betriebsrat und Geschäftsführung – das gesamte Unternehmen im Blick, so Betriebsratschef Geilen. „Deshalb setzen wir auch zum jetzigen Zeitpunkt auf Dialog“, betont er. Da der geplante Stellenabbau erst Mitte 2024 geplant sei, gebe es noch ein Zeitfenster für Verhandlungen.