Marsberg/Bredelar. Die Pfotenhilfe Sauerland rettet Straßenhunde aus Ostungarn vor dem Tod. Worauf man bei den Hunden achten muss und wer ein Tier bekommen sollte.

Mal eben so im Tierheim vorbeigehen und sich einen Hund aussuchen und ihn mitnehmen - ist in einem animierten Disneyfilm schon so passiert. Bei den Mitarbeitern der „Pfotenhilfe Sauerland“ sträuben sich bei dem Gedanken aber alle Haare. Der in Marsberg beheimatete gemeinnützige Tierschutzverein kümmert sich seit über zehn Jahren um Hunde, die in verschiedenste Nöte geraten sind. Pia Kasparek, die Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins hat sich gemeinsam mit ihrem Großvater bereits in jungen Jahren um das Wohl ihrer geliebten Vierbeiner gesorgt. Im Jahr 2023 stehen hinter ihr nicht nur ein Hof, der sich über mehr als einen Hektar erstreckt, sondern auch ein Team aus mehr als einem Dutzend ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sehr viel Zeit und Herzblut opfern, um Hunden ein besseres Leben zu ermöglichen. Im Gespräch mit der WP sprechen drei der helfenden Hände aus dem Verein über den steinigen Weg der Straßenhunde sowie ihrer sorgfältigen Vermittlung in ein passendes neues Zuhause.

Lesen Sie auch

Elendige Zustände in Ungarn

Sie werden angefahren und liegen gelassen, ihnen werden als Welpen Ketten angelegt, die in ihre Haut hineinwachsen und sie früher oder später schwer verletzen und sie werden getreten und vergessen - Szenarien, die zum Glück in Deutschland nicht zur Tagesordnung gehören, in den ländlicheren Gebieten Ungarns oder generell Osteuropas aber leider schon. „So sollte kein Tier behandelt werden. Man kann in Ungarn täglich neue verletzte Hunde vorfinden“, berichtet Verena Hubert, die 2. Vorsitzende des Vereins. Mit der ungarischen Stadt Nyíregyháza, etwa hundertfünfzig Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, hat die Pfotenhilfe einen Ort gefunden, von dem aus sie bislang tausende Vierbeiner vor weiteren Schmerzen und dem Tod haben retten können.

Es vergeht kein Tag in Ungarn, bei dem einem die Tränen nicht herunterlaufen. Überall sieht man totgefahrene Hunde liegen.
Matthias Bender

„Es vergeht kein Tag in Ungarn, bei dem einem die Tränen nicht herunterlaufen. Überall sieht man totgefahrene Hunde liegen“, erzählt Matthias Bender, der sich ehrenamtlich im Verein engagiert, regelmäßig Fahrten nach Ungarn übernimmt und den Gnadenhof für schwerkranke und alte Hunde etabliert hat. Innerhalb des Vereins wird es auch Hospiz genannt, in dem die Tiere intensiv gepflegt werden. „Es gehört auch dazu, dass man sich zehn oder zwölf Stunden neben einen Hund legt und ihn an seinen letzten Momenten nicht alleine lässt. Es ist ein Seelenleid, aber ich weiß, wieso ich das tue“, so der engagierte Mitarbeiter der Pfotenhilfe, der den Gnadenhof gemeinsam mit seiner Mutter betreibt. Bevor es die Vierbeiner ins Sauerland schaffen, liegt aber ein steiniger Weg vor ihnen.

Transport, Vermittlung und Abschied

„Pia ist das Herz hinter der Pfotenhilfe. Sie ist manchmal monatelang in Ungarn, kümmert sich um die Erstversorgung der Straßenhunde oder rettet sie direkt vor einer Tötungsstation“, berichtet Krystian Kasparek, Mann der Gründerin und Herr des Geschehens auf dem Hof in Bredelar. Regelmäßig werden Fahrten nach Ungarn angetreten, um Tiere, die für den Transport aufgepäppelt wurden und die Quarantäne verlassen haben, abzuholen. Passende Adoptanten werden von den ehrenamtlichen Mitarbeitern alles andere als leichtfertig ausgewählt. „Wenn ein Hund vermittelt wird, sehe ich das immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Alle hier investieren viel Herz und Arbeit, um den Tieren das Beste zu ermöglichen“, betont Verena Hubert.

„Vor Ort in Ungarn lernen wir zunächst die Geschichte der Tiere kennen, beobachten sie und schätzen sie nach und nach ein. Es erfordert viel Vorarbeit, um ein passendes neues Umfeld für unsere Schützlinge zu finden“, so Krystian Kasparek weiter. Zunächst gibt es ein Erstgespräch zwischen seiner Frau Pia und den interessierten Adoptanten, die dann auch mit Bild- und Videomaterial aus Ungarn versorgt werden. Im Zweitgespräch mit Verena Hubert werden die detaillierten Lebensumstände der potenziellen neuen Hundefamilie geklärt. Einen Husky zu jemandem zu geben, der dem Auslauf dieses Hundes nicht gerecht werden kann, sei beispielsweise ein No-Go.

Den Kontakt beibehalten

Sind die Gespräche so weit durch, wird nach dem Vieraugenprinzip kontrolliert, ob jemand nicht doch in einem Hochhaus ohne Balkon wohnt und ein Einfamilienhaus mit großem Garten angepriesen hat. Die Pfotenhilfe hat sich über die Jahre ein Netzwerk aufgebaut: „Wir stehen im Kontakt mit anderen Vereinen, denen wir ebenso helfen, wie sie uns“, betont Verena Hubert. Wenn alles passt und die Vierbeiner auf dem Weg sind, werden die neuen Besitzer informiert, damit die Tiere möglichst schnell in eine stressfreiere Umgebung kommen. „Uns ist ein guter Kontakt zu den Adoptanten sehr wichtig. Wir bleiben in Kontakt, manche teilen uns Jahre später noch mit, wenn ein Hund verstorben ist“, so Matthias Bender.

Dem Tier gerecht werden

Dass Adoptanten in Einzelfällen ihre Hunde wieder zurückgeben, käme vor, der absolute Großteil bliebe aber mit dem neuen Wegbegleiter verschmolzen. „Einige werden zu Wiederholungstätern und nehmen mehr als nur einen Hund von der Straße auf“, freut sich Krystian Kasparek. Alle drei Ehrenamtlichen der Pfotenhilfe appellieren an eine gut durchdachte Entscheidung, bevor man sich dazu entscheidet, ein Tier zuzulegen. „Man muss sich fragen, ob das Tier in das eigene Leben passt und man seinen Bedürfnissen nachkommen kann. Es ist wie bei einem Menschen, man geht eine Verantwortung ein und hat es nicht mit einem Spielzeug zu tun“, mahnt Verena Hubert.