Hochsauerland. Ab heute ist Herbst - meteorologisch gesehen. Wir verabschieden uns im Sauerland von einem der wärmsten Sommer der letzten 100 Jahre.
Heute ist meteorologischer Herbstanfang. Denn für die Wetterfrösche bilden die Monate Juni, Juli, August den eigentlichen Sommer. Und der war gar nicht mal so schlecht, wie er sich zuletzt angefühlt hat. Lange warm, selten heiß und feucht. „Tschüss, Sommer - Du warst einer der wärmsten der letzten 100 Jahre!“
Verglichen mit dem 30-jährigen Mittel präsentierte er sich ein Grad wärmer als sonst und er hatte 80 Stunden mehr Sonne im Gepäck. Die Landwirte und Hobbygärtner wird’s gefreut haben. Es gab 160 Liter mehr Niederschlag als im Schnitt. Hätte der verstorbene Entertainer Rudi Carell so ein Wetter wie in den vergangenen drei Monaten gehabt, hätte er den Schlager „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“! 1975 niemals trällern können. Aber das Wetter-Feeling ist halt oft anders als die Wetter-Daten. Deshalb haben wir den Sommer 2023 nicht als den Knaller abgespeichert, was ihm aber für Sauerländer Verhältnisse gar nicht gerecht wird.
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Jede Menge Regen
„Wir wollen das Stichwort Klima-Erwärmung an dieser Stelle nicht bemühen. Aber man kann schon sehen, wohin der Trend geht. In keiner Jahreszeit wird das so deutlich wie beim Sommer“, sagt Wetterbeobachter Julian Pape. Der Dipl. Geograph betreibt mit seinem Vater Meinolf das „Wetterportal Sauerland“ und sagt zweimal pro Woche in der WP das Sauerland-Wetter vorher. Man mag es kaum glauben, aber seit 1928 gab es nur fünf Sommer, die noch wärmer waren als dieser. Das war in den Jahren 2022, 2019,2018 und 2003 und 1983. Für alle Daten-Fans: Der 83-er bescherte einen Mittelwert von 16,1 Grad; dieses Jahr waren es 14,6.
Julian Pape vertritt die Ansicht, dass wir langsam etwas sommer-verwöhnt sind. „So ein Wetter wie diesmal wäre in den 70-er Jahren ein Spitzensommer gewesen.“ Siehe Rudi Carell.
Juni rettet dem Sommer den Hals
Generell hat aber der Juni dem Sommer den Hals gerettet. „Da gab es eine lange, konstante Wetterperiode. Wir hatten kaum Ausreißer nach oben oder unten. In den tieferen Lagen von Brilon, Hallenberg, Marsberg, Medebach und Olsberg gab es nur drei Hitzetage – also Tage, mit Werten über 30 Grad. Davon sind wir aus den vergangenen Sommern durchaus zwischen zehn und 20 Tage gewohnt gewesen. Und es war konstant warm. In den letzen Sommern mussten wir mehr Hitze erdulden“, resümiert Pape.
Meteorologisch definierte „Sommertage“ mit Tageshöchstwerten von 25 Grad gab es auf dem Dach von NRW nur an drei Tagen – eine normale Ausbeute
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Die Sonne meinte es im Juni richtig gut: Insgesamt mehr als 300 Sonnenstunden allein im Juni – das gab’s noch nie. Insgesamt brachte es der Sommer auf 627 Sonnenstunden; 547 wären Durchschnitt. Der Juli war im Normbereich, der August blieb uns 50 Stunden schuldig.
Siebenschläfer-Tag hat gepasst
Die „Sieben-Schläfer-Regel“, wonach das Wetter sieben Wochen lang etwa so ist, wie es sich um den 27. Juni herum zeigt, hat diesmal ziemlich genau ins Schwarze getroffen. Pape: „Im Juni hatten wir kaum Windbewegungen, das hat sich dann Ende des Monats geändert und für ständig wechselnde Wetterlagen gesorgt.“
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Apropos Wind: Was wir als stürmische Gewitterlagen abgespeichert haben, war im Vergleich betrachtet gar nicht so wild. „Juli und August zeichnen sich bei uns eigentlich immer als wechselhaft aus. Es gab Ende Juni im Raum Medebach-Hallenberg einen ordentlichen Hagelschauer mit Windgeschwindigkeiten von 85 km/h und 98 km/h auf dem Kahlen Asten. Aber das sind Einzelereignisse, die auch für einen Sommer nicht ungewöhnlich sind.“
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Schauen wir auf den Regen: Der Sommer 2023 war einer der drei niederschlagsreichsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und der niederschlagsreichste seit 1974. Vor allem im August hat es gekübelt. Von den 470 Litern im gesamten Sommer fielen 235 im August, wobei die Mess-Station in Neuastenberg mit sogar 255 Litern den nassesten Spitzenplatz einnimmt. „Ich würde nicht behaupten: Die Trockenheit ist vorbei. Aber das Wasser ist durchaus auch bis in die tieferen Schichten durchgesickert. Wir können von einer Erholung sprechen. Vor allem den so hoch geschätzten Landregen hatten wir sehr häufig. Man sieht es der satt-grünen Landschaft auch durchaus an“, so Julian Pape.
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Bleibt die Frage, ob uns denn ein „goldener Herbst“ bzw. ein schöner Spätsommer bevorsteht? „Wir hatten jetzt eine sehr lange Phase mit viel Niederschlägen. Es sieht jetzt erstmal nach einer trockenen und ruhigen Woche aus. Ob noch mal 30 Grad drin sind, ist fraglich. Auf den Bergen werden es höchstens noch mal 25 Grad“, sagt Pape. Das Wetterempfinden ändere sich außerdem. „Es wird tagsüber nicht mehr so warm und dadurch kann die Sonne auch nicht mehr die Feuchtigkeit wegbrutzeln, die über Nacht entsteht.“ Aber bekanntlich hat ja auch der Herbst noch schöne Tage…