Alme. Grillen zirpen, der Duft von Gras liegt in der Luft und es plätschert. Warum eine spirituelle Wanderung an den Alme-Quellen etwas Besonderes ist:
Mit ruhiger Instrumentalmusik und lautem Grillenzirpen im Ohr, dem Geruch von frisch gemähtem Gras in der Nase und dem kühlem Luftzug der Bäume im Gesicht, lernen Wanderer die Natur im Alme-Quellgebiet ganz neu kennen.
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Die Wanderwege rund um das Alme Quellgebiet gehören zu den schönsten des Sauerlandes und zu den saubersten und stärksten Quellschüttungen in ganz Deutschland. Der Quellteich im Mühlental wird von 104 Quellen gespeist. Im spirituellen Sommer 2023 wurden die Quellen deshalb als Kunstwerk aufgenommen.
Wanderungen werden von der Kirche organisiert. „Die Lage ist ebenfalls fantastisch“, sagt die Dorfvertreterin von Alme, Doris Seifert. Der Treffpunkt Entenstall liegt unweit der Hauptstraße und hat somit eine gute Verkehrsanbindung. Vom Straßenlärm ist allerdings wenig zu hören. Das Plätschern des Quellwassers und des alten Wasserrads überwiegen. Auch zwei gute Gasthöfe sind gleich nebenan und ein Bauer zum Einkaufen frischer Lebensmittel.
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Vertraute Stimmung
Um die Führung um die Alme Quellen mitzuerleben, sind Besucher aus vielen unterschiedlichen Regionen eingetroffen, wie Wickede, Adorf und Salzkotten. Aber auch zwei Damen aus dem hohen Norden (Hamburg und Kiel) sind für einen Tagesausflug in ihrem NRW-Urlaub angereist. Sie seien nicht zum ersten Mal dabei, erzählen sie. Jedes Mal sei es ein anderes Erlebnis, bedingt durch Jahreszeit und Tageszeit.
Viele Teilnehmer kennen sich untereinander. Statt daheim ein Kaffeekränzchen zu veranstalten, treffen sie sich lieber hier, um gemeinsam zu wandern. Die Stimmung ist sehr vertraut, aber auch Neuankömmlinge werden herzlich in der Gruppe aufgenommen. Einige haben ihre Nordic-Walking-Stöcke dabei. Auch ein Paar mit den beiden Hunden Vici und Flocke schließt sich der Wandergruppe an. Ihre Hunde würden das Wasser lieben, sagen sie.
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Wasser, Himmel und Wald
Die Gemeindereferentin der Katholischen Kirche Brilon, Ute Stock, leitet diese spirituelle Führung zweimal im Jahr. Sie ist ausgebildete Nordic-Walking-Trainerin, nun arbeitet sie ehrenamtlich als Führerin. Sie und Doris Seifert begrüßen die zunächst 21 Teilnehmer am Entenstall in Alme. Von dort beginnt die Wanderung. Auf der Tour lernen die Wanderer Wasser, Himmel und Wald und deren Zusammenspiel auf eine ganz neue Weise kennen.
„Greife nach dem Himmel!“
Begonnen wird mit dem Wasser: Neben dem Entenstall wurde das alte Tretbecken abgebaut und dafür nun die Schieferquellen errichtet. Für einige Bewohner in Alme nicht zufriedenstellend, da sie das Tretbecken gerne behalten hätten. Die Instandhaltung war jedoch sehr schwierig, weshalb sich die Gemeinde dagegen entschied. Zur „Wassermusik“ von Georg Friedrich Händel, die Ute Stock abspielt, beginnt die Wanderung in Richtung Wald. Ein kühler Luftzug weht und neben der Musik ist nur das Plätschern des Wassers zu hören.
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Auf einem weiten Feld beginnt der zweite Teil der Wanderung: der Himmel. Die Sonne scheint und es lässt sich weit in die Natur blicken. Neben den ruhigen Klängen der Instrumentalmusik ist lautes Grillenzirpen zu hören und der Geruch von frisch gemähtem Gras steigt in die Nase. Über das Feld fliegen einige Kohlweißlinge hinweg. „Greife nach dem Himmel und Du wirst auch die Erde bekommen. Aber greifst Du nach der Erde, wirst Du keines von beiden bekommen“, ist ein Zitat, das Ute Stock vorliest und den Ort sehr gut beschreibt.
Vom Fluss bis zum Quellteich
Es geht weiter in den Wald. Die Gruppe folgt dem Fluss bis zum Quellteich. Er wurde 1872 künstlich angelegt, sieht aber wunderschön aus und zeigt die Verschmelzung von Natur und Kultur. Hier fließen alle Einzelflüsse zusammen. Der Teich hat einen Durchmesser von ca. 30 Metern. Der Himmel und die Bäume spiegeln sich in dem ruhigen Gewässer. Ein idyllisches Bild, das den Einklang zwischen Wasser, Himmel und Wald zeigt. Eine Gruppe schnatternder Enten gesellt sich zu den Wanderern, während alle Frau Stock und der Musik lauschen. Die Alme Quellen gehören zu den Sauerland Seelenorten. Sie symbolisieren Geburt und Wachstum, wie auf einer Tafel am Flussufer geschrieben steht: „Schöpfung in Aktion, immer gleich, immer anders, immer Anfang.“
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Vielerorts ist das Waldsterben durch den Borkenkäfer zu beobachten. Das Alme Quellgebiet ist weitgehend verschont geblieben, was an den vielen verschiedenen Baumarten und dem Wasser liegt, das die Bäume widerstandsfähiger macht. In Alme herrscht keine Monokultur an Fichten, sodass die Wanderer hier auch weiterhin die grüne Natur genießen können.
Der Wanderweg führt an liebevoll gestalteten Infotafeln und Wegplänen vorbei. Auf den Holzpfählen sind kleine rote Dächer angebracht. Die Tafeln informieren über die Fauna und Flora im Wandergebiet. Auch gibt es Informationen zu der Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff, deren Werke eng mit der Region verbunden sind.
Spuren in der Natur
Am Rande des Flusses sind Fußspuren von Wildschweinen und Rehen zu finden. Neben einer Vielfalt an Pflanzen sind auch viele Tierarten dort beheimatet. Vom Wasser steigt dichter Nebel auf. Ein Naturphänomen, das zu sehen ist, wenn das Wasser wärmer ist als die Luft. Es sieht atemberaubend aus.
Vom höchsten Punkt aus ist die Aussicht über das Waldgebiet und die Quellen unfassbar schön. Man kann weite Teile des Waldes überblicken und den Quellteich sehen. Aus dichtem Wald herausgekommen, strahlt der Gruppe die warme Abendsonne entgegen.
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Ein Ritual nach den Führungen war oft ein abschließender Besuch in der Kirche, um der Orgelmusik noch für ein paar Minuten zu lauschen. Da die Kirche jedoch gerade umgebaut wird, versammeln sich die Teilnehmer vor dem Entenstall und Ute Stock spielt zum Abschluss das Lied „Gott segne dich“ vor. Viele Teilnehmer kehren anschließend im Eulenhof ein, um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.