Brilon/Arnsberg. Nach Überfällen auf den Nettomarkt in Brilon und eine Tankstelle in Usseln stehen zwei Briloner vor Gericht. Die Taten waren stümperhaft.

Man konnte es den beiden jungen Männern bereits vor den Eröffnungsplädoyers ansehen, dass sie erst im Nachhinein wirklich realisiert haben, was sie im Frühjahr dieses Jahres eigentlich angerichtet haben. Spätestens als sie den drei Zeugen in die Augen schauten, die sie vor etwa fünf Monaten mit einer Waffe bedroht hatten, merkte man ihnen die totale Anspannung an. Am 24. März waren beide Männer mit Sturmhauben und Mund-Nasen-Schutz bedeckt in eine Tankstelle in Willingen-Usseln gestürmt und wollten die Tageseinnahmen erbeuten. Nach einem kurzen Wortgefecht mit der Angestellten und ihrem Mann hatten der 19-Jährige und der 21-Jährige den Tatort fluchtartig verlassen.

Lesen Sie auch: Aus für Kump-Zelt bei Michaelis-Kirmes war unabwendbar

„Man konnten den Jungen nicht in den Kopf schauen. Ich dachte mir, wenn er jetzt einen nervösen Finger hat, dann fällt einer von uns um und dann war es das“, erinnert sich die Angestellte an den Abend zurück. Der jüngere der beiden Täter nutzte eine, wie er beteuert ungeladene, Luftdruckpistole, um seine Forderung nach Bargeld zu unterstreichen. Diese habe er kurze Zeit zuvor von seinem Vater entwendet, sagte er vor Gericht. Die schnelle Reaktion der bedrohten Verkäuferin und die Worte „Ich habe keine Kasse mehr“, ließ die beiden Briloner von ihrem Vorhaben ab.

Überfall am nächsten Tag

Am folgenden Tag, dem 25. März dieses Jahres, entschied sich der Jüngere der beiden Angeklagten dazu den Nettomarkt an der Keffelker Straße in Brilon auszurauben. „Er hat sich bereits währenddessen bei mir entschuldigt“, erzählte der Kassierer im Zeugenstand. Der Täter selbst behauptet folgendes zum Angestellten des Supermarktes gesagt zu haben: „Ich brauche nur das Geld, ich will dir nichts Böses“. Er erbeutete über 2.000 Euro und wurde nach dem Überfalls von dem 21-Jährigen abgeholt und nach Hause gefahren. Der Kassierer erkannte den Vermummten, da beide auf dieselbe Berufsschule gehen und gab der Polizei einen entscheidenden Hinweis. Die Beamten zogen dann eine parallele zu dem Tankstellenüberfall am Vortag und verhafteten den jüngeren Täter in der folgenden Nacht in seinem Elternhaus. Bei seinem Komplizen klickten die Handschellen etwas später.

Lesen Sie auch:Städte im Raum Brilon ächzen unter neuem Flüchtlings-Zustrom

Beide kamen zunächst für über sechs Wochen in Untersuchungshaft, wobei der Ältere in den Erwachsenenvollzug gesteckt wurde, da für ihn nicht mehr das Jugendstrafrecht gilt. Vor der 2. Großen Strafkammer als Jugendschutzkammer des Landgerichts Arnsberg legten beide am Donnerstag ein Geständnis ab. Die Beweislast war durch die Kameraaufnahmen der beiden Tatorte sowie der sichergestellten Beute war ohnehin erdrückend. Der Haupttäter, der bei beiden Überfällen die Luftdruckpistole bei sich trug und den zweiten Überfall allein durchführte, gab Einblicke über seine angespannte finanzielle Lage und der damit eingehenden Motivation für die Taten.

Zwei Gramm Kokain am Tag

Er habe seit Jahren ein Drogenproblem, das solche Überhand genommen habe, dass er Kontakt zu niederländischen Dealern aufgebaut habe, um seinen Bedarf zu decken. Neben dem Konsum von Cannabis wurden von ihm bis zu zwei Gramm Kokain am Tag konsumiert. Dabei wandelte sich das zunächst freundschaftliche Verhältnis mit den Niederländern schnell in eine Abhängigkeit um. „Die wussten, wo ich wohne, und ich hatte Angst, dass sie zu meinen Eltern kommen. Ich wollte einfach die Schulden begleichen und nichts mehr mit denen zu tun haben“, erklärte er. Er habe Angst gehabt seine Eltern einzuweihen, da er bereits Jahre zuvor mit Betäubungsmitteln erwischt wurde und Sozialstunden leisten musste.

Lesen Sie auch: Orientierung und Perspektiven finden an Bruchhauser Steinen

Bereits unmittelbar nach den Überfällen habe er sich von all seinen alten Kontakten getrennt und die Drogen komplett aus seinem Leben entfernt. Neben seiner Familie steht ihm inzwischen lediglich sein bester Freund, der zweite Angeklagte, zur Seite. Beide Briloner haben sich über die gesamte Verhandlung kooperativ verhalten und sich bei allen drei Zeugen entschuldigt, was der Vorsitzende Richter Markus Jäger als positiv bewerte. Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Abschlussplädoyer eine zweijährige Freiheitsstrafe für den 19-Jährigen, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne sowie ein Jahr und acht Monate für den 21-Jährigen, ebenfalls mit der Möglichkeit auf Bewährung.

Strafen fallen milde aus

Nach einer Unterbrechung von gut 40 Minuten kamen die Richter und Schöffen zurück in den Saal und verkündeten das Urteil. Der jüngere Briloner, der nach dem Jugendstrafrecht bestraft wurde, bekam eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Richter Jäger sagte: „Da die Tat erst wenige Monate her ist, müssen wir noch von dem Bestehen schädlicher Neigungen bei dem jungen Mann ausgehen“. Sein Kompagnon wurde aufgrund seines Alters nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt und bekam ein Jahr und sechs Monate, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wird. Er ist nicht vorbestraft und war bei beiden Überfällen in der passiven Rolle.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

WP-Newsletter per Mail: Was ist los in Brilon, Olsberg, Marsberg, Winterberg, Medebach und Hallenberg? Holen Sie sich den Newsletter für Ihren täglichen Nachrichtenüberblick