Gevelinghausen/Herne. Indiana Jones hätte seine helle Freude daran. Warum die antike Amphore aus Gevelinghausen für Archäologen etwas ganz Besonderes ist.

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat auf dem Videoportal youtube eine 16-teilige Video-Reihe veröffentlicht. Dort stellen LWL-Wissenschaftler unter dem Titel „Show & Tell“ (Zeige und erzähle) in kurzen Beiträgen ihre liebsten archäologischen Fundstücke vor. Für die eine ist es ein lederner Kinderschuh, für den anderen der Deckel eines römischen Gefäßes. Alle Funde stammen aus Westfalen, aber nur ein Fund kommt aus dem Hochsauerlandkreis. Es ist die Amphore von Gevelinghausen, die es Michael Lagers, wissenschaftlicher Referent am LWL-Museum für Archäologie in Herne, besonders angetan hat.

Die Gevelinghauser Amphore ist ein Prunkstück, sagt Michael Lagers, wissenschaftlicher Referent am LWL-Museum für Archäologie in Herne.
Die Gevelinghauser Amphore ist ein Prunkstück, sagt Michael Lagers, wissenschaftlicher Referent am LWL-Museum für Archäologie in Herne. © WP | LWL

Das etwa im Jahre 800 oder 900 vor Christus in Norddeutschland hergestellte Objekt ist aus vier ausgeschmiedeten Bronzeplatten hergestellt worden und zeigt eine bemerkenswerte Ornamentik, so der LWL. „Besonders ist, dass wir in der Amphore auch Leichenfunde von einer 20 bis 40 Jahre alten männlichen Person gefunden haben. Offensichtlich wurde die Amphore 100 Jahre nach der Erschaffung zweitverwendet“, vermutet Lagers. Die Fachleute aus Herne glauben, dass damals ein Händler auf seiner Reise durch Westfalen plötzlich in Gevelinghausen verstarb und von seinen Begleitern in seiner schönsten Ware beigesetzt wurde.

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1500 gepunzte Stellen

„Natürlich kann man nur Vermutungen anstellen. Aber da wir im weiteren Umfeld keine Gräber oder andere Urnen gefunden haben, ist das eine durchaus denkbare Theorie“, so Lagers. Die Gevelinghauser Amphore oder Urne stehe von ihrer Qualität und Ornamentik ganz weit vorne. „Es gibt höchstens ein halbes Dutzend vergleichbarer Funde. Alle anderen stehen aber im Vergleich zu diesem außergewöhnlichen Stück weit hinten an“, so Lagers. Ihn fasziniert die aus 1500 einzeln gepunzten Stellen bestehende Ornamentik der Amphore, die das religiöse Bildmotiv der Vogel-Sonnen-Barke ergibt.

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Bei Ausschachtungsarbeiten gefunden

Auf der Gevelinghauser Internetseite ist nachzulesen, dass die Amphore 1961 bei Ausschachtungsarbeiten für eine Jauchegrube gefunden wurde. Michael Lagers erinnert sich: „Ein Landwirt ist mit einer Spitzhacke auf das Gefäß gestoßen und hat es dabei beschädigt. Er hat aber dankenswerterweise sehr schnell erkannt, dass es sich um ein besonderes Fundstück handelt.“

Die Gevelinghauser Amphore ist ein Prunkstück, sagt Michael Lagers, wissenschaftlicher Referent am LWL-Museum für Archäologie in Herne.
Die Gevelinghauser Amphore ist ein Prunkstück, sagt Michael Lagers, wissenschaftlicher Referent am LWL-Museum für Archäologie in Herne. © WP | LWL

Die wissenschaftliche Untersuchung an der Fundstelle ergab, dass das Bronzegefäß ursprünglich etwa 70 Zentimeter tief in einer Erdschicht aus blättrigem Ton eingegraben worden war und sich zum Zeitpunkt des Fundes etwa 95 Zentimeter unter der Erde befand. „Die schwierige Restaurierung und Ergänzung der einzelnen Teile übernahm das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz und schloss die Arbeit 1966 ab“, heißt es weiter. „Ursprünglich hat man einen vermeintlich abgebrochenen Henkel an der Seite wieder angebracht; dann hat man sie wieder in den Zustand des Fundes zurückversetzt. Es ist denkbar, dass ein Henkel bewusst abgebrochen wurde, um die Amphore zur Urne umzufunktionieren“, so Lagers.

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Drei Kopien vorhanden

Laut Internetseite Gevelinghausen gibt es drei Kopien dieser Amphore: eine steht im Sauerland-Museum in Arnsberg, eine im Rathaus Olsberg und eine im Heimatmuseum Gevelinghausen. Das Original befindet sich heute im LWL-Museum für Archäologie in Herne, wohin Michael Lagers herzlich einlädt.

Solche Funde wie die der Amphore sind eher eine Seltenheit. Trotzdem ermuntert der Wissenschaftler jeden, der beim Graben oder Ausschachten auf einen ungewöhnlichen Fund stößt, sich bei den archäologischen Außenstellen des LWL zu melden. „Oft sind es Steine und keine Speerspitzen, die gefunden werden. Aber gerade auch für Kinder ist es wichtig, einen Bezug zur Thematik und zur Bewahrung solcher stummen Zeugen herzustellen. Man darf sich ruhig bei uns melden.“

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Absolute Seltenheit

Eigentlich, so LWL-Sprecherin Maren Becker war die kleine Video-Reihe nur für Instagram gedacht. Nach dem großen Erfolg bei den Zuschauern und dem Spaß, den die wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen hatten, wechselt sie auf youtube. Außerdem sei es durchaus angedacht, weitere Folgen zu produzieren. Das Video des LWL kann man sich hier anschauen.