Winterberg. Anja Neumann aus Winterberg hat kürzlich ihren Jagdschein gemacht. Sie erklärt, was sie daran reizt und warum der Auslöser 19 Jahre zurückliegt.

Anja Neumann entschloss sich, freiwillig noch mal die Schulbank zu drücken. Dabei ist ihre Schulzeit schon lange vorbei. Wochenlang büffelt sie, um den Jagdschein zu bekommen. Eine Entscheidung, die ihre Wurzeln im Jahr 2003 hat. Zu der Zeit schaffte sich die Familie einen Hund an, der zufällig auch ein Jagdhund war. Gerne wäre die Winterbergerinaus dem Ortsteil Hildfeld dessen Trieb gerecht geworden und hätte für Auslastung gesorgt, „aber wie sich zeigte, war der Hund nicht schussfest. Der Jagdschein reizte mich aber dennoch und jetzt passte es zeitlich einfach“, sagt sie rückblickend. Neumann erklärt, warum sie sich auch Jahre später noch für das „grüne Abitur“ entschieden hat.

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Die Diplominformatikerin ist gerne im Waldund das zusätzliche Wissen, das sie sich im Rahmen der Schulung aneignen konnte, lockte sie. „Wildbiologie beispielsweise ist sehr interessant. Wie schätzt man das Alter der Tiere ein? Informationen zur Brunft und Setzzeit. Dazu der Jagdbetriebmit Hege und Pflege. Ich mochte den Wald einfach schon immer.“ Deswegen ist die 42-Jährige auch Naturpädagogin. Ihre neue Aufgabe gibt ihr die Möglichkeit die Natur aber mit anderen Augen zu sehen. Hier findet ein Wechsel statt, dort eine Losung. Plötzlich analysiert sie die Umgebung viel mehr.

Jäger erwerben das „grüne Abitur“

Um diese Veränderungen auch entsprechend einordnen zu können, musste sie monatelang noch mal die „Schulbank“ drücken. Zwischendurch pausierten die dreistündigen Kurse, die zweimal in der Woche stattfanden, wegen Corona und wurden dann ins Internet verlegt. Kein Idealzustand, weil die Geselligkeit und das Kennenlernen etwas zu kurz kamen, aber die Gruppe traf sich auch so online, um zu lernen. Circa 64 Abende waren nötig, um Themengebiete aus Wildbiologie, Jagdbetrieb, Jagdrecht und Waffenkunde abzuarbeiten. „Jede Menge Stoff“, sagt auch Neumann.

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Jede Menge Respekt hingegen ist im Umgang mit den Waffen nötig. Zuvor hatte die Winterbergerinmal mit einem Luftgewehr und im Schützenvereingeschossen. „Aber mit den echten Kalibern hatte ich keine Erfahrung. Die haben richtig Bums“, sagt sie, „Am Anfang war ich auch aufgeregt und man muss sich an die Abläufe erst gewöhnen. Da sollte man auch Respekt haben, denn das ist eine gefährliche Sache.“ Sicherheit wird entsprechend großgeschrieben.

Schneller Kontakt mit Jagdrevier

Die drei Prüfungen schaffte sie im vergangenen Jahr problemlos. Schriftlich holte sie sogar die volle Punktzahl und war damit Klassenbeste. Über eine ehemalige Jagdschülerin knüpfte sie Kontakt zu einem Revier und ist seitdem dort tätig. Hochsitze kontrollieren, reparieren, Wildäcker pflegen und sähen, Kirrungen bestücken und vieles mehr gehören nun zu ihren Aufgabenbereichen. Trotz des Jagdscheins ist das Erlegen von Wild übrigens keine Pflicht. Niemand wird gezwungen.

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Dass der Schnitt der Frauen unter den Jägernsteigt, war in ihrem Kurs nicht zu sehen. Von 16 Teilnehmern im Kurs waren zwei weiblich. In anderen Kursen ist der Anteil höher. Dass sie nun in einem Tätigkeitsfeld aktiv ist, das lange von Männern dominiert wurde, hat keine Nachteile. „Die Jäger, die ich kenne, haben damit kein Problem. Das ist mehr ein Klischee als alles andere. Es gibt keinen Geschlechterkampf.“