Marsberg/Winterberg. Wie klären örtliche Schulen ihre Schüler über die Situation in der Ukraine auf? Welche Fragen gibt es? Schulleiter über die Lage vor Ort:
Die Schrecken des Ukraine-Konflikts gehen auch an den örtlichen Schulklassen im Altkreis Brilon nicht spurlos vorbei. Im Zuge der aktuellen Kriegsereignisse in der Ukraine stellt sich auch in den Klassen vermehrt die Frage, wie es überhaupt zu diesen Ereignissen kommen konnte in einem Land, dass nur wenige Flugstunden entfernt ist und in dem es seit Tagen zu solch dramatischen Auseinandersetzungen kommt. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, lauten: Wie gehen die örtlichen Schulen mit der Situation um? Werden Schüler über die Ereignisse aufgeklärt?
Friedensaktion am Gymnasium Petrinum in Brilon
Schüler des Gymnasium Petrinum in Brilon setzten diese Woche ein Zeichen für Frieden und Menschlichkeit, als sie auf dem Schulhof das Wort „Peace“ (zu deutsch Frieden) dargestellt haben. Nach einer Gedenkminute wurden einige Gedanken, Wünsche und Worte aus der Schülerschaft vorgetragen. „Das war uns allen wirklich wichtig!“ war aus dem Schülerkreis zu hören. „Wir fühlen mit unseren Altersgenossen, auch wenn wir uns das Ausmaß des Schreckens oft nicht vorstellen können.“
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„Eine wichtige Aktion und ein wichtiges Zeichen, das sowohl aus der Lehrer- wie aus der Schülerschaft hervorgegangen ist. Wichtig war uns, dass wir als ganze Schule dieses Friedenszeichen gemacht haben!“ so die organisierenden Religionslehrer Frau Gosselke, Frau Rummel und Herr Streffing. Neben dieser Friedensaktion sammelt das Gymnasium Petrinum Spenden für Flüchtlinge und Kriegsopfer aus der Ukraine. In den kommenden Tagen und Wochen sind weitere Aktionen für den Frieden geplant.
Krieg in Ukraine bringt auch Konflikte an die Sekundarschule Marsberg
Das Thema beschäftigt auch die Schüler an der Sekundarschule in Marsberg. „Es ist in allen Fächern Thema“, sagt Rita Vogt, stellvertretende Schulleiterin, „Allgemein sind die Schüler sehr interessiert, aber gleichzeitig auch fassungslos über das, was sie in den Nachrichten sehen. Väter, die ihre Familien verabschieden, Bombeneinschläge, zerstörte Häuser und Straßen.“ Je nach Altersklasse muss unterschiedlich mit dem Konflikt umgegangen werden. Im Fach Religion geht es in den Jahrgangsstufen 5 und 6 beispielsweise um die Gedanken und Sorgen der Schüler. Sie haben Angst, dass der Krieg auch nach Deutschland kommt. Angst vor Atomwaffen. Daher findet dort auch eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Frieden statt.
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Im Gesellschaftsunterricht sprechen Schüler, die vor einiger Zeit mit ihren Eltern aus Syrien geflohen sind und erzählen ihre Erfahrungen. Auffällig ist aber: „Die Kinder sind überwiegend absolut nicht in der Lage, Informationen zu filtern. Die Wahrheit besteht für die meisten Kinder darin, was sie irgendwo aufschnappen.“ Das zeigt sich zum Teil auch bei Schülern mit russischem Migrationshintergrund, die sich laut Vogt unkritisch auf die Äußerungen aus russischen Nachrichtenkanälen, dem dortigen Staatsfernsehen und den Verwandten beziehen. Diese Schüler seien genervt von dem Thema und sehen sich teilweise in einem Rechtfertigungszwang. „Es gibt auch Konflikte und die Schüler werden dann verbal angegangen.“
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In der kurzen Zeit das Thema Medienkompetenz so vollumfänglich zu besprechen sei schwierig. Denn es gehe vor allem darum, was zuhause konsumiert wird. Damit können die Kinder noch nicht umgehen und die Eltern würden das Wissen entsprechend nicht vermitteln. So könnten die Lehrer nur reagieren, wenn die Informationen schon in den Köpfen der Schüler sind. Auf Stelltafeln schreiben die Schüler ihre Gebete und Wünsche für die Ukraine, Russland und die Welt auf. Stellenweise seien dort auch pro Putin beziehungsweise Krieg Äußerungen zu lesen gewesen. Die Lehrkräfte entfernten die Zettel umgehend und führten im Anschluss ein vier Augen Gespräch mit den entsprechenden Schülern. „Man muss sie nicht noch vorführen. Sie können ja auch nichts dafür.“
Grundschüler in Brilon beschäftigt der Krieg in der Ukraine
„Es ist sehr unterschiedlich, wie die Kinder mit dem Krieg umgehen und wie sehr es sie beschäftigt“, sagt Monika Aßheuer-Waller, Schulleiterin der St.-Engelbert-Grundschule. Die Kinder stellen Fragen. Viele sehen und hören die Nachrichten in den Medien, einige haben familiäre Bezüge in die Region, einige schnappen Äußerungen von Erwachsenen auf. „Das beschäftigt die Kinder und es gibt Verunsicherung, Sorgen und Ängste unterschiedlicher Art bei den Schülern. Das zeigt sich in spontanen Fragen oder Äußerungen der Kinder im Unterricht aber auch in den Pausen.“ Diese Fragen und damit verbundene Sorgen der Kinder werden behutsam thematisiert, je nach Gesprächsbedarf der Kinder einzeln oder auch mit der gesamten Klasse. Das geschehe aber eher anlassbezogen.
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Die Kinder sollen die „Schule als sicheren Ort“ erleben, in dem ihre Sorgen ernst genommen werden, aber in dem sie auch weiter auf ihren normalen, strukturierten und gewohnten Alltag treffen. Daher macht es- für die Schulleitung in der aktuellen Situation auch Sinn mit Kindern, über den Krieg zu reden, wenn das Thema sie beschäftigt und sie sich dazu äußern.
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Proaktiv steht im Unterricht weniger der Krieg selbst oder seine Hintergründe im Mittelpunkt, sondern der Frieden und das friedliche und demokratische Miteinander. „Es wird thematisiert, wie wichtig und wertvoll der Frieden ist und dass es manchmal auch großer Anstrengungen bedarf, um Konflikte friedlich zu lösen. Eine gewaltsame Lösung für einen Konflikt ist immer die schlechteste und zu verurteilen.“ Das gilt für die „kleinen Konflikte“ der Kinder ebenso wie für die „großen Konflikte“ der Welt.