Hallenberg. Im Berliner Kanzleramt hängen Bilder von ihm. In London wurde man auf ihn aufmerksam. Jetzt stellt Thomas Pöllmann in seiner Heimatstadt aus:

Anfangs war es mal grün. Vielleicht war es deswegen noch nicht ganz „reif“. Jetzt strahlt es in einem flammenden Rot und hängt im Gemeinsamen Bundesausschuss Berlin. „Manchmal ist es gar nicht so einfach, den richtigen Zeitpunkt zu finden, wann ein Bild fertig ist“, sagt Thomas Pöllmann. Nein, er sei eigentlich gar kein Perfektionist. Er müsse nur mit sich und dem Werk im Reinen sein. Und das ist er - sehr oft. Wer sich ein Bild von dieser Einheit machen möchte, hat dazu ab morgen ein Jahr lang im Hallenberger Rathaus und bis 24. September im Kump die Gelegenheit. Unter dem Motto „Abstrakt“ stellt Thomas Pöllmann in seiner Heimatstadt kraftvolle Bilder aus explodierenden Ölfarben aus.

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Nicht geplant und nicht zielgerichtet

Mit Malerei hat der 1969 in Olsberg geborene und in Hallenberg aufgewachsene Sauerländer lange Zeit nichts am Hut. Kein Malkurs, keine Kunsthochschule. Autodidakt. Die Eltern haben eine Gärtnerei, Thomas spielt auf der Freilichtbühne mit. Hänsel und Gretel, Pinocchio. Es folgen Höhere Handelsschule in Brilon, Ausbildung zum Industriekaufmann und einige Jahre bei Kusch + Co. 1995 zieht er nach Berlin, macht ein Abendstudium zum Betriebswirt und ist bis heute international für den Sitzmöbelhersteller im Bereich Vertrieb und Projektarbeit tätig. Und dann kommt irgendwann der Punkt, an dem er etwas Eigenes mit seinen Händen schaffen möchte. Thomas Pöllmann beginnt zu malen. Einfach so.

Fast schon Tradition

Im Januar 2013 wurde das historische Rathaus durch einen Brand zerstört. Für wertvolle Gemälde an den Wänden war kein Geld da und nur für Wappenteller und Urkunden war und ist das Ambiente des Verwaltungssitzes einfach zu schade. Nach dem Wiederaufbau gibt die Stadt daher jeweils einem/einer Künstler/in für ein Jahr die Möglichkeit, das Rathaus mit Kunst zu bestücken.Bislang stellten aus: Paul Stipp 2015, Margret Jakobi 2016, Marlit Peikert 2017, Marita Mogensen 2018, die Brüder Raphael und Boris Sprenger 2019 und Bruce Lin 2020.Die LIste der Künstler, die im Infozentrum Kump ausgestellt haben, ist noch länger: Unter ihnen sind Armin Mueller-Stahl, Günter Grass, Otto Waalkes, Frank Zander, Suzanne von Borsody oder Udo Lindenberg.

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Thomas Pöllmann vor einem seiner abstrakten Bilder.
Thomas Pöllmann vor einem seiner abstrakten Bilder. © WP | WP

Was da durch seinen Kopf oder eher durch seine Seele fließt, in die Ölfarbe gelangt und dann auf Leinwand, Papier, Holz oder Alu-Platten Gestalt oder auch nicht Gestalt annimmt, ist gegenständlich nicht greifbar. Kein röhrender Hirsch, keine Blume, sondern eine Ganzheitlichkeit aus Oberfläche, Farbe und Komposition. Es ist nicht geplant, nicht akribisch durchdacht, sondern das Ergebnis eines immer wieder einmaligen Schöpfungsprozesses, auf den man sich einlassen muss. „Ich kann nicht einfach sagen: Jetzt male ich mal. Neulich war ich zwei Monate nicht im Atelier. Ich sagte mir: Du zahlst Miete und nutzt die Räume hier in diesem Industriedenkmal gar nicht ausreichend. Jetzt musst Du mal wieder malen. Aber so geht das nicht. Ein Bild entsteht, ohne gewollt zu sein“, erklärt der 51-Jährige.

Gekonnt und nicht gewollt

Für das Kreativsein braucht es nicht das Arbeiten auf ein Ziel hin; Zielgerichtetheit ist in dem Fall nicht zielführend. „Ich lebe davon, dass ich Spaß beim Tun habe.“ Ähnlich wie ein Kind, das beim Spielen ganz mit sich und dem Spielzeug eins wird, geht es dem Künstler. „Es ist der Gedanke, mich selbst auf eine andere Art zu spüren.“

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Der Schöpfungsakt eines Bildes ist für Thomas Pöllmann so grundehrlich und kommt aus so tiefer eigener Quelle, dass mit ihm ein gesundes Selbstbewusstsein einhergeht. „Auf gewisse Art mache ich mich nackig und schutzlos. Aber ich weiß und bin davon überzeugt, dass hier etwas entsteht, das es so nicht gegeben hat. Es tut mir auch nicht weh, wenn es der eine oder andere nicht mag. Das Sich-Reinfallen-Lassen in diesen Prozess - ohne zu wissen, was daraus wird, das ist immer wieder ein Erlebnis.“

Kein Phantast

Thomas Pöllmann packt selbst mit an für die Ausstellungen in Hallenberg.
Thomas Pöllmann packt selbst mit an für die Ausstellungen in Hallenberg. © WP | privat

Dabei ist Thomas Pöllmann kein Phantast, kein Traumtänzer, kein Realitätsflüchtling. Eine wichtige Quelle für Inspirationen liefern seine Reisen. Im Zusammenhang mit der Einrichtung deutscher Auslandsvertretungen führten ihn diese im Auftrag des Auswärtigen Amtes in zahlreiche Länder auf sechs Kontinenten. Viele Eindrücke von Kulturen, Menschen, Farben und Licht hat er in seinem Berliner Atelier zu den abstrakten Ölbildern verarbeitet. Seine Bilder hängen in Privat-, Büro- und Konferenzräumen, Foyerbereichen und eben auch im Bundeskanzleramt in Berlin – und jetzt in Hallenberg. Das größte Bild misst fast sechs Quadratmeter.

Für London nominiert

Nach Ausstellungen in Wien, Innsbruck, Cannes und Berlin sowie der Nominierung des Bildes „Lost in space“ zur Finalrunde in der Royal Academy of Arts zur Summer Exhibition 2019 in London sind seine Bilder jetzt auch mit der ersten Doppelausstellung im Kump und im Rathaus zu sehen. „Ich habe den Werdegang von Michael Kronauge aus der Ferne betrachtet und er meinen. Über soziale Netzwerke waren wir verbunden. Vor eineinhalb Jahren kam die Idee zur Ausstellung in meiner Heimat. Ich finde es klasse, was hier im Kump alles geschieht und dass Bürgermeister Enrico Eppner und Michael Kronauge mir die Gelegenheit bieten, hier auszustellen.“

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Die Bilder von Thomas Pöllmann sind fast alle auch käuflich zu erwerben. „Von manchen kann ich mich nicht trennen. Wir haben zu viel gemeinsam erlebt.“ Aber die meisten schon. Beim jüngsten Besuch seiner Eltern ist ihm der erbärmliche Zustand des Waldes so richtig bewusst geworden. Borkenkäfer und Dürre haben ganze Arbeit geleistet. „Von jedem verkauften Bild möchte ich daher zehn Prozent an den Hallenberger Stadtforst spenden“, sagt Thomas Pöllmann.

Der Wald ist grün, immer noch - auch wenn sein Zustand auf Alarmstufe rot steht. Aber er soll grün bleiben - anders als das Bild im Gemeinsamen Bundesausschuss in Berlin…

Die Ausstellungseröffnungen am Donnerstag sind um 18.30 Uhr am Rathaus und um 19.30 Uhr im Kump. Es gelten die Corona-Regeln.