Brilon. Die Stadt will, dass vor allem die junge Generation in Brilon sesshaft bleibt. Daher gibt es diese Regeln für die Vergabe städtischer Grundstücke:
Zwei Punkte für den aktiven Dienst in der Feuerwehr und bis zu drei Punkte für ein Vorstandsamt in einem Verein: Um vor allem der jungen Generation die „dauerhafte, langfristige und nachhaltige Sesshaftigkeit“ inBrilon zu ermöglichen und so die „soziale Integration und den Zusammenhalt in der Gemeinschaft maßgeblich“ zu stärken, hat der Rat einen neuen Kriterienkatalog zur Vergabe von städtischen Baugrundstücken verfasst.
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Bis zu 250 Euro pro Quadratmeter in der Kernstadt
Ein Punktesystem berücksichtigt dabei nicht nur die persönlichen Verhältnisse, sondern gewichtet auch soziale Aktivitäten, denn: „Die örtliche Gemeinschaft wird geprägt von Menschen, die sich in vielfältigen Aufgaben ehrenamtlich engagieren.“ Und deshalb, so Bürgermeister Dr. Bartsch, sollen angesichts des knappen Angebots und davongaloppierender Grundstückspreise wenigstens die städtischen Bauplätze „nicht nach der Schwere des Geldbeutels“ vergeben werden.
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Bis zu 250 Euro pro Quadratmeter sollen in der Kernstadt für einen Bauplatz schon auf den Tisch gelegt werden, munkeln Insider. In den Ortsteilen ist es günstiger. Auf einem Online-Immobilienportal wird zum Beispiel in Alme ein 1989 Quadratmeter großer „exklusiver Bauplatz in Top-Lage“ für 149.500 Euro angeboten - das sind 75 Euro pro Quadratmeter. Das ist aber auch der einzige Bauplatz, den das Portal für ganz Brilon aufzeigt.
Auch Punktabzug möglich
Wesentlich günstiger zu haben und sofort verfügbar sind die 22 städtischen Grundstücke in Hoppecke, Madfeld und Messinghausen. Auf dem Immobilienportal der Stadt sind zudem auch zwölf weitere sofort verfügbare Bauplätze in Bontkirchen, Hoppecke, Madfeld, Messinghausen, Rösenbeck und Scharfenberg aufgeführt, im Gegensatz zu den städtischen Bauplätzen ohne Preisangabe.
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Ein größeres Baugebiet mit 13 Grundstücken wird derzeit in Thülen erschlossen. In der Kernstadt gibt es kleinere private Bau- und Erschließungsvorhaben, etwa am Ammertenbühl, am Rande des Kurparks oder - ein Projekt der Wohnungsbaugenossenschaft Hochsauerland - am Derkerborn.
Mit den neuen Vergaberichtlinien abgeschafft hat der Rat die Eigentums-Beschränkung. Wer bisher ein Haus oder eine Eigentumswohnung in Brilon besaß und sich in Brilon wohnlich verändern, neu bauen und dafür von der Stadt einen Bauplatz erwerben wollte, musste sein bisheriges Eigentum veräußern. In der Regel wenigstens, wobei es, so Marcus Bange, Fachbereichsleiter Planen und Bauen, auch Ausnahmen gab, die im Einzelfall allerdings jedes Mal hatten beschlossen werden müssen.
Verbundenheit zum Heimatdorf
Angesichts der steigenden Zahl von Erbfälle weichte der Rat diese Regelung auf. Künftig können - je nach konkretem Umstand - bis zu zwei Punkte von dem Konto abgezogen werden. Allerdings, so CDU-Sprecher Eberhard Fisch, sollte jeder nur einmal ein städtisches Grundstück kaufen sollen: „Wir geben die Grundstücke ja zum Selbstkostenpreis ab.“
Bau- und Wohnverpflichtung
Bei Punktgleichheit kommt als erstes derjenige mit den meisten minderjährigen Kindern zum Zuge, sollte es auch hier pari stehen, entscheidet die frühere Bewerbung und letztlich das Los.Nach Abschluss des Kaufvertrags muss innerhalb von zwei Jahren der Rohbau abgenommen werden, andernfalls erfolgt eine Rückübertragung und zinslose Rückzahlung des Kaufpreises.Der Käufer muss das Haus nach Fertigstellung wenigstens fünf Jahre selbst bewohnen, andernfalls droht eine Vertragsstrafe in Höhe des vollen Kaufpreises für das Grundstück.Die Richtlinien stehen auf der Homepage der Stadt unter „Ortsrecht/Bauen & Wohnen“ .
Und so sieht der Punktekatalog auszugsweise auf: Einen Punkt pro Kopf gibt es für Kinder, zwei Punkte, wenn Angehörige mit in das neue Haus aufgenommen werden. Die Verbundenheit zum Heimatdorf wird mit jeweils zwei Punkten bewertet, wenn man dort aufgewachsen ist oder mehr als zehn Jahre dort schon lebt. Zwei Punkte gibt es, wenn ein - auch auswärtiger - Bauplatzinteressent seinen Arbeitsplatz im Stadtgebiet hat. Bei „außergewöhnlichen Umständen“ kann die Stadt bis zu drei Punkte freihändig vergeben.
Grüne: Diskriminierung von Zuziehenden
Die Grünen sahen in der Wertung „kraft Geburt“ und in den Ehrenamts-Kriterien eine, so ihre Sprecherin Lena Neumann, Diskriminierung von Zuziehenden. Führungskräfte mit einer 60-Sunden-Woche, die in Brilon eine neue Stelle antreten, könnten sich wohl kaum noch ehrenamtlich engagieren. BBL-Stadträtin Annette Loos hielt die Bevorzugung von Einheimischen gegenüber externen Bewerbern sowohl sozial als auch rechtlich für bedenklich.
Angesichts der hohen Nachfrage nach Bauplätzen und dem geringen Angebot sei dieser Kriterienkatalog der, so SPD-Sprecher Hubertus Weber, „Versuch, den Mangel zu verwalten.“
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Bei vier Gegenstimmen aus Reihen von FDP, Grünen und Linke und zwei Enthaltungen auf Seiten der SPD verabschiedete der Rat den Kriterienkatalog.