Thülen. Die Schwestern der Christlichen Liebe geben ihr Altenheim in Thülen auf. Es gibt einen radikalen Vorschlag zur Zukunft der Liegenschaft.
Die Schwestern der Christlichen Liebe geben das St. Josefs-Haus inBrilon-Thülen auf. Der Orden schließt sein Schwestern-Altenheim zum Jahresende. Gestern Nachmittag teilte Regionaloberin Sr. Angelika Blochwitz die Entscheidung ihren Mitschwestern und den Beschäftigten mit. Die 42 Nonnen ziehen zum Gründungsort ihrer Kongregation, nach Paderborn. Die 32 Mitarbeitenden werden entlassen.
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Über diese Nachricht aus allen Wolken fiel CDU-Fraktionssprecher im Rat Brilon, Eberhard Fisch. Er ist in unmittelbarer Nachbarschaft des St. Josefs-Hauses aufgewachsen und wohnt dort. Mit allem, sagt er, habe er gerechnet - „Aber nicht damit.“ Die Schwestern, sagt er, seien stets „ein fester Bestandteil im Dorfleben“ gewesen.
Weniger Bewohnerinnen, steigende Kosten
Grund für die Schließung sei der rapide Rückgang der Angehörigen zahlreicher Ordensgemeinschaften und die von immer weniger Schultern zu tragenden Aufwendungen für den Unterhalt der weitläufigen Liegenschaft auf dem Stemmel. „Wir können vor dieser Entwicklung nicht die Augen verschließen“, so die Regionaloberin.
Bestand die deutsche Sektion der sogenannten „Liebesschwestern“ im Jahr 2016 noch aus über 130 Nonnen, so sind es aktuell noch 91. Auch auf dem Stemmel in Thülen sank die Zahl der Bewohnerinnen. Verbrachten 2014 - damals nahm das St. Josefshaus am bundesweiten Tag der offenen Klöster teil - 65 Nonnen ihren Lebensabend, so sind es heute noch 43. Die lasten die weitläufige, zwischen 1970 und 1972 errichtete Anlage, die neben einer Kapelle auch über ein eigenes Schwimmbad verfügt, nicht mehr aus.
Man habe sich „intensiv mit unserer Zukunftsplanung auseinandergesetzt“, so die Regionaloberin, und werde „alles uns Mögliche unternehmen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach einer neuen Stelle zu unterstützen und einen Sozialplan ausarbeiten.“
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Für die Schwestern wird es die Rückkehr an den Ursprung ihrer Kongregation mit dem Grab der Gründerin und den Ort ihrer Ordensausbildung sein. Dieser Gang werde „für uns alle ein schwerer“ sein, so die Regionaloberin weiter: „Der Ort und die Menschen sind uns über die vielen Jahre ans Herz gewachsen und nun bedeutet dies auch für jeden von uns persönlich Schmerz.“
Lange Kündigungszeiten
Die Kündigungen sollen im September ausgesprochen werden. Man führe bereits Gespräche mit der Mitarbeitervertretung und werde einen Sozialplan aufstellen. Und man wolle den Mitarbeitenden bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nach Möglichkeit behilflich sein. Aufgrund der langjährigen Arbeitsverhältnisse haben viele Mitarbeitende lange Kündigungsfristen und so hoffe man, in der verbleibenden Zeit gemeinsam gute Lösungen zu finden.
Die Bewirtschaftung der Immobilien und der dazugehörigen Liegenschaften müsse im Konvent und der gesamten Kongregation von immer weniger Schultern getragen werden und so sei die Entscheidung, sich aus Thülen zu verabschieden, leider unausweichlich geworden.
Propst Dr. Richter: Zeichen für Veränderungen in der kirchlichen Landschaft
„Die Herausforderung, den Standort zukunftsfähig zu gestalten, ist für unseren Orden zu groß geworden,“ sagt die Regionaloberin. Für Propst Dr. Reinhard Richter, den Leiter des Pastoralverbundes Brilon, ist das nicht verwunderlich. Deshalb kam die Nachricht für ihn auch „nicht überraschend“. Die sei ein „weitere Zeichen für die Veränderungen in der kirchlichen Landschaft“.
Bis 1990 Marienschule geleitet
Die Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe (Congregatio Sororum Christianae Caritatis, SCC) ist eine Ordensgemeinschaft päpstlichen Rechts, die 1849 von Pauline von Mallinckrodt (1817 – 1881) gegründet wurde.
1847 hatte Pauline von Mallinckrodt in Paderborn das private Blindeninstitut „Provinzial-Blindenanstalt“ gegründet, die bis heute als Westf. Schule für Blinde und Sehbehinderte Paderborn in Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe geführt wird.
Ihr Wunsch, einem Orden beizutreten scheiterte an dem Versuch, eine Gemeinschaft zu finden, die gleichzeitig die Betreuung ihrer Blinden übernimmt; deshalb gründete sie 1849 die Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe.
In Brilon übernahm der Orden 1928 die 1905 gegründete Höhere Mädchenschule, die heutige Marien-Realschule. Ab 1972 nahm die Schule auch Jungen auf. Letzte Leiterin aus dem Orden war bis 1990 Schwester Bonaventura.
In Paderborn gibt es im Mutterhaus ein Museum, das sich dem Leben und Wirken der Ordensgründerin und dem Orden widmet.
Viele der Schwestern, die ihren Lebensabend in Thülen verbringen, kennt er noch aus den 90er Jahren, als er als Präfekt in Paderborn für das Mutterhaus der Kongregation zuständig war. Es sei „erschreckend“, wenn eine derartige Einrichtung, in der die Ordensfrauen eine letzte Heimat gefunden haben, „aus dem Gesichtsfeld verschwindet“.
Auf dem parkähnlichen Gelände „Am Stemmel“ befindet sich derzeit auch noch das „DRK-Familienzentrum und die Kita Thülen“ sowie ein Friedhof des Konvents. Auf diese Einrichtungen habe die Schließung des Schwestern-Altenheims zunächst keine Auswirkung, teilt der Orden mit. Über die Anschlussverwendung der Immobilien nach der Schließung des Konvents werde derzeit noch intensiv nachgedacht.
Für Kommunalpolitiker Fisch gibt es angesichts des baulichen Zustands der Wohnheims nur eine radikale Lösung: „Am besten abreißen, damit das nicht zu einem Lost Place wird.“