Hochsauerlandkreis. Christian Rademacher, Leiter des Sozialpsychiatrischer Dienstes beim HSK, erklärt, die Folgen von Corona auf die Psyche und wie man sich schützt.
Das Coronavirus hat neben seinen gesundheitlichen Folgen auf den Körper auch Auswirkungen auf den Alltag, das Arbeitsleben, aber auch auf die Psyche. Christian Rademacher ist Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes im Hochsauerlandkreis und weiß, was die Angst vor Corona mit einem machen kann, wie Schutzmechanismen aussehen könnten und ob Corona-Leugner vor diesen Folgen gefeit sind.
Hilfen im HSK bei psychischen Belastungen
Hilfe bei psychischen Belastungen findet man unter anderem bei der Kontakt- und Beratungsstelle des Hochsauerlandkreises.
Auch der Sozialpsychiatrische Dienst ist eine mögliche Anlaufstelle.
In ganz akuten Fällen und vor allem mit psychiatrischen Vorerkrankungen sollte man sich gleich um eine psychiatrische Behandlung bemühen.
An Hand von Zahlen lässt sich der Einfluss von Corona auf die Psyche der Menschen im Hochsauerlandkreis noch nicht beweisen. „Dafür wären auch Informationen aus allen psychosozialen Bereichen notwendig, denn vielleicht melden sich die Leute nicht bei uns, um Hilfe zu bekommen, sondern woanders“, erklärt Rademacher die Beweislage. Verlässliche Forschungsergebnisse sind in dem Bereich noch überschaubar.
Studie zeigt nicht mehr psychiatrische Erkrankungen
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Eine aktuelle Studie aus Mannheim widerlegt sogar, dass es im Vergleich zwischen 2018 und 2020 einen signifikanten Anstieg psychiatrischer Erkrankungen gibt. Eine Zunahme der Fallzahlen hält Rademacher aber nicht für unmöglich, denn „das macht ja auch etwas mit einem, wenn man beispielsweise den Job verliert und damit eine sinnstiftende Tätigkeit, die einen motiviert.“
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Der Experte sagt, dass die psychische Belastung auch von den Belastungsfaktoren in der Coronakrise abhängig sind. Ist ein Angehöriger betroffen? Wie gut kann man selbst mit Stress umgehen? Sind wirtschaftliche Folgen ein Stressfaktor in der Situation? Lässt man sich durch die Befürchtungsdynamik beispielsweise zu Hamsterkäufen verleiten?
Hilfsmittel zur Bewältigung
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„Wichtig sind gute Bewältigungsressourcen und eine Widerstandsfähigkeit. Eine optimistische Grundhaltung, eine gute Wertschätzung gegenüber einem selbst und ein Netzwerk um sich herum können gesundheitserhaltende Faktoren sein“, beschreibt Rademacher mögliche Hilfsmittel für die eigene Psyche, „Hilfe holen und mit Angehörigen sprechen oder in einem professionellen Umfeld kann sicher auch einiges auffangen.“ Wenn Freunde und Verwandte nicht besucht werden können, sind digitale Wege ein guter Ersatz, um Kontakte aufrecht zu erhalten.
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Aber auch körperliche Aktivität hat seiner Meinung nach positive Auswirkungen. Wenn das wegen Corona-Maßnahmen nicht im üblichen Rahmen möglich ist, dann würde er zu Sport unter Anleitung von Videos raten. Leistungsorientiert muss das nicht sein. Auch kognitive Beschäftigungen wie Lesen und das Aufrechterhalten von Hobbies ist wichtig, auch wenn dafür stellenweise Kreativität gefragt sein könnte, wenn Sportstätten beispielsweise geschlossen haben.
Die Reaktionen der Psyche
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Menschen, die auf diese Ressourcen nicht zurückgreifen können, sind seiner Meinung sensibler für Reaktionen der Psyche. Das können Wut, Einsamkeit oder beispielsweise Depressivität sein und muss nicht in einer psychischen Erkrankung enden, die eine Behandlung zur Folge hat.
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Denkbar ist seiner Meinung nach auch, dass Menschen, die vorbelastet sind mit psychischen Erkrankungen, Teil einer anfälligen Gruppe sind, die es in der Coronakrise schwerer haben. Das muss aber nicht automatisch der Fall sein, wenn beispielsweise ein gutes Umfeld vorliegt und dadurch ein entsprechender Schutzfaktor vorhanden ist. Das ließe sich auch auf ältere und chronisch kranke Menschen übertragen. Auch auf Suchtkranke, die in der schweren Zeiten mit einem potenziellen erhöhten Rückfallrisiko konfrontiert sind.
Informationen wirken sich positiv aus
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Rademacher hält einen gewissen Wissensstand für wichtig. So versteht man beispielsweise, warum es zurzeit Einschränkungen im Alltag gibt, warum man zum Beispiel einen Mund-Nasen-Schutz tragen muss und warum man dieser Situation überhaupt ausgesetzt ist. Er rät aber, sich auf seriöse Quellen, zum Beispiel das Robert-Koch-Institut oder die Homepage des Hochsauerlandkreises zu beschränken, damit keine Angst in einem selbst geschürt wird, weil eine zu ausgedehnte Beschäftigung mit einem Thema auch zu einer Problemtrance führen kann.
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Dass Corona-Leugner vor all diesen Folgen gefeit sind, glaubt Rademacher nicht, denn Verleugnung ist neben Panik auch einen mögliche Reaktion auf Stress. Rademacher: „Was unter der Oberfläche brodelt, könnte sich auch seine Bahn brechen. Auch diese Personen könnten von wirtschaftlichen Folgen beispielsweise betroffen sein und der Job ist weg. Obwohl die Quelle vielleicht verleugnet wird, sind die Folgen doch spürbar.“