Brilon. Die Absage der Hansetage kam im Zuge der Corona-Pandemie nicht unerwartet. Der Schock in Brilon sitzt dennoch tief. Das sind die Reaktionen.

Die Enttäuschung, dass die Hansetage in Brilon abgesagt sind, ist groß. Die Westfalenpost sammelt Reaktionen, die Eines zeigen: In der Corona-Krise ist so ein Fest nicht möglich. Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet, der Text war - auch in englischer Übersetzung - bereits fertig. Der Zeitpunkt für die Absage der Hansetage wegen des Coronavirus kam jedoch spontan.

Nachdem am Dienstagmittag die Verschiebung der Olympischen Spiele bekanntgegeben worden war, zogen Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, der Corona-Krisenstab im Rathaus Brilon und das Präsidium des Städtebundes mit Vormann, Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau, einen Strich unter die Hansetag e. Im Jahr 2020 gibt es erstmals keinen Internationalen Hansetag. Was folgte, sei für ihn und das Team tröstlich gewesen, so Bartsch: Über Soziale Netzwerke und alle Kanäle trafen Zuspruch und Verständnis für die Entscheidung ein. Das habe „über die große persönliche Enttäuschung hinweg geholfen“.

Die Stimmen zur Absage

Jan Lindenau

Der Vormann des Städtebundes, Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau, hat sich mit einer Videobotschaft an die Briloner gewandt. Umständebedingt habe man gemeinsam mit der Stadt Brilon „eine schwere Entscheidung” treffen müssen. Lindenau erinnerte an das Herbsttreffen der Hanse-Kommission, bei der man Brilon als „stolze Hansestadt” erlebt habe.

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Beeindruckt habe die breite Einbindung der Bürger in die Vorbereitung. Als Beispiel nennt das gemeinsame Stricken für die Zelte der Begegnung, das von Brilon ausgehend „ein Wir-Gefühl in Europa erzeugt” habe. Auch wenn sich derzeit die Grenzen wegen der Corona-Pandemie schlössen, müsse diese Gemeinsamkeit erhalten und wiederbelebt werden.

Ute Hachmann

Die Chefin des Organisations-Teams fasst es in vier Worte: „Riesige Enttäuschung, richtige Entscheidung“. Seit 2016 war die Leiterin der Stadtbibliothek mit der Vorbereitung des Hansetages befasst.

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In diese Zeit hätten sich viele Menschen unterschiedlichster Couleur in das Projekt eingebracht und etwas angestoßen, das über die Veranstaltung hinaus bleibe - ideell, aber auch ganz konkret wie die Offenen Gärten. Und auch der Stadt Brilon sei es gelungen, sich in der großen Hansefamilie mit 195 Mitgliedsstädten in 16 Ländern auf sich aufmerksam zu machen. Letztlich, sagt Ute Hachmann, falle „nur die Performance, das I-Tüpfelchen“ aus.

Franz Schrewe

„Echt traurig wie viele Briloner” ist Franz Schrewe, als Vorsitzender des Fördervereins der Hansetage in Brilon und langjähriger Bürgermeister der internationalen Hanse-Familie eng verbunden. „Das wäre ein riesen Fest geworden.”

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Als damaliger Vorsitzender des SPD-Ratsfraktion hatte er die Initiative von Stadtdirektor Eberhard Schüle und Bürgermeister Franz Hülshoff bereits miterlebt, die 1995 bei in Bergen/Norwegen die Bewerbung um die Ausrichtung der Veranstaltung anlässlich des Stadtjubiläums 2020 einreichten. Und er kann sich auch daran erinnern, dass zum Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister im Februar 2014 auch noch im Rat einige Bedenken wegen der Kosten der Veranstaltung aus dem Weg geräumt werden mussten, ehe der neue Rat im Frühjahr 2015 bei einer Gegenstimme das formelle Votum für die Ausrichtung gab. Und noch eine ganz besondere Anekdote ist ihm in Erinnerung: Beim Hansetag 2001 in Riga wurde der Briloner Delegation der städtische Dienstwagen, ein in die Jahre gekommener 200er Mercedes, gestohlen.

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Im nächsten Jahr geht es wieder nach Riga. Schrewe, der zu den Hansetagen einen historischen Abriss über die Bedeutung dieses Wirtschaftsbundes einst und heute verfasst hat, ist überzeugt, dass „auch die Hansetage eines Tages wieder nach Brilon kommen”. Bis 2030 allerdings sind die Städte vergeben. Aber es kann ja passieren, dass – wie 2017 Goslar und 2019 Lünen - jemand die Ausrichtung zurückgibt.

Reinhard Sommer

Reinhard Sommer „weiß noch nicht, ob das schon richtig bei mir angekommen ist". Der Beigeordnete a.D. gehört zu den Geburtshelfern der Hansetag e Mitte der 90-er Jahre. So kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebte de Hanse-Gedanke eine Renaissance, vor allem ausgelöst durch die vielen Hansestädte im Norden Russlands und im Baltikum. Seitdem sei „viel gewachsen“ - bei den internationalen Kontakten, aber auch in Brilon selbst.

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Über die Absage sei er „unendlich traurig“. Vor allem wegen des großartigen Engagements, das so viele Bürger in den vergangenen Monaten gezeigt hätten. Auch das Organiations-Team um Ute Hachmann habe einen „fantastischen Job“ gemacht. Allein: Die Absage sei zu erwarten gewesen - „Das war alternativlos.“

Winfried Dickel

Die Nachricht von der Absage der Hansetage war für Winfried Dickel, Vorsitzender des Briloner Heimatbundes Semper ide m „großer Schock”, und gleiches gelte für alle, die sich „mit sehr viel Herzblut für das Gelingen des größten Ereignisses der Stadtgeschichte eingebracht haben”. Die Stadtführergilde des Heimatbundes war für alle Tage ausgebucht, auch das Museumsteam hatte Programme für einheimische und internationale Gäste, z.B. in mehreren Sprachen, vorbereitet. Die Absage sei „unausweichlich” gewesen.

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Dickel: „Das Coronavirus hat die Welt aus den Fugen gehoben.” Museum und Heimatbund hatten über die Hansetage hinaus das 800-jährige Stadtjubiläum im Blick und dafür monatlich eine Schwerpunktveranstaltung an den Orten geplant, an denen sich die Geschichte abspielte. Diese Veranstaltungen mit Besuchern, sagt Dickel, werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Hubertus Weber

„Ein ganz trauriger Tag für Brilon” - so die erste Reaktion von SPD-Fraktionssprecher Hubertus Weber. Auf das Fest hätten sich alle so gefreut, und viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt, aber: „Die Entscheidung ist nachvollziehbar.” Er hoffe, dass im Sommer die Situation besser sein werde, gleichwohl sei es dann „noch nicht wieder an der Zeit, mit so vielen Menschen zusammen zu feiern”, wenn andere Großveranstaltungen wie Fußball-EM und Olympische Spiele abgesagt wurden. Weber: „Das Leben geht vor!”

Christiane Kretzschmar

Egal, wie man zur Durchführung der Hansetage, die sehr viel Geld kosten würde, stehe: „Die Absage ist traurig, aber absolut unvermeidbar in dieser seltsamen Ausnahmezeit“, so Christiane Kretzschmar, Stadträtin der Briloner Bürgerliste.

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Die Politikerin, die schon vor 25 Jahren dem Rat angehört hat, hofft, dass „die Vorbereitung und die Vorfreude so vieler Menschen in ein anderes Fest, im nächsten Jahr, einfließen können“. Kretzschmar: „Vielleicht feiern wir 801 Jahre Brilon mit unseren Hansefreunden und -freundinnen aus vielen Ländern und freuen uns, dass wir gemeinsam diese große gesundheitliche Herausforderung gemeistert haben.“

Eberhard Fisch

Neben Enttäuschung über und dem Verständnis für die Absage hat CDU-Fraktionssprecher Eberhard Fisch einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn die Stadt im Herbst die YouthHansa nach Brilon einladen würde? Dabei handelt es sich um junge Leute i von 15 bis 26 Jahren, die als Delegierte von den Hansestädten zu den internationalen Treffen geschickt werden, um dort grenzüberschreitende Kontakte zu pflege und gemeinsam Projekte zu gestalten. Dafür, so Fisch, sei kein allzu großer organisatorischer Aufwand nötig: „Junge Leute sind doch unkompliziert.“