Brilon/Marsberg/Winterberg/Olsberg. Ein Einkaufsbummel durch die Stadt ist nicht mehr möglich. Wie hart trifft die Zwangspause Läden in Brilon, Olsberg, Winterberg und Marsberg?

Läden, die nicht der täglichen Versorgung dienen, haben zum Schutz vor der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus geschlossen. Die Maßnahme trifft bei einem Großteil der Händler auf Verständnis. Die Sorgen sind aber groß.

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Stefan Scharfenbaum klingt besorgt, fast ein wenig frustriert, wenn er an die Zukunft im Briloner Einzelhandel denkt. „Heute Nacht kam die endgültige Anweisung, dass unsere Läden schließen müssen. Allerdings war ohnehin schon niemand mehr bei mir im Laden am Tag zuvor.“ Der Inhaber des Spielzeugladens „Schatzkiste“ befürchtet, dass das auch nach den – vorerst – fünf Wochen Zwangspause wegen der Ausbreitung des Coronavirus so sein könnte.„Für mich startet eigentlich gerade die Hochphase des Geschäfts mit den Schulranzen.“ Natürlich ist die Sorge, dass nun alle ihre Ranzen und auch anderes Spielzeug im Internet bei den Big Playern bestellen, groß.

Kreative Ideen gefragt

Also hat sich Stefan Scharfenbaum etwas überlegt. „Ich habe alle Schulranzen ins Schaufenster gestellt. Dort können Kunden die Taschen ansehen, sich die dazugehörige Nummer merken oder ein Foto machen und sie bei mir bestellen oder auch erst einmal anprobieren“, erklärt er. Zur Anprobe könnten mehrere Ranzen bestellt werden, die dann nach Hause geliefert würden. Melden können sich Kunden auch mit Preisanfragen per Whatsapp unter 0172-8861571.

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Bezahlt werden könne Bar bei Lieferung oder per Rechnung. Die Anfahrt sei im gesamten Altkreis Brilon möglich. Auch Spieleklassiker wie Uno oder Mensch Ärgere Dich Nicht könnten auf Anfrage mitgeliefert werden.„Selbstständige hängen jetzt in der Luft – mir ist ein Homeoffice nicht möglich. Also muss ich mir Alternativen überlegen“, erklärt Stefan Scharfenbaum. Er sitze trotzdem hinten in seinem Büro und arbeite im Laden, wie er erklärt. „Ich bin ja nicht im Urlaub.“

Verständnis für Schließung

„Wir haben unsere Läden schon auf freiwilliger Basis und früher geschlossen, als der Erlass es vorgesehen hat“, sagt Christian Leiße, Vorsitzender des Gewerbevereins und Inhaber dreier Bekleidungsgeschäfte in Brilon, Willingen und Winterberg. „Wir haben das Ansinnen Berlins verstanden, die Kurve flach zu halten.“ Trotzdem ist die Situation extrem schwierig für ihn und die anderen Einzelhändler vor Ort. Lieferverträge laufen und sind nicht mehr kündbar. Einzelhändler erhalten Ware, die nicht verkauft werden kann. „Wir sind jetzt vom 100 Prozent Umsatz auf 0 Prozent runter. Das haben wir so noch nie gehabt.“

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Die Maßnahmen des Bundes, wie schnelle Darlehen, sieht Christian Leiße zwiegespalten. „Sollte ich jetzt einen Kredit wegen des Coronavirus aufnehmen müssen, bezahle ich den bis zu meiner Rente ab.“

Für ihn ist die große Sorge das Internet. „Wir als Einzelhändler im Sauerland mussten schon bittere Pillen schlucken. Es gab keinen Schnee, die Saison ist nicht gut gelaufen. Wir waren also schon verschnupft, als das Coronavirus uns getroffen hat.“ Leiße richtet einen dringlichen Appell an die Kunden: „Zeigen Sie sich solidarisch, treten Sie nicht die Flucht ins Internet an. Schließen Sie Ihr Portemonnaie und stecken Sie die Kaufkraft später in die Einzelhändler vor Ort.“

Jeder Cent ist wichtig

Auch das Schuhgeschäft von David Wegener, Vorsitzender des Gewerbevereins Marsberg, in der Hauptstraße von Marsberg ist zu. Er sieht schwierige wirtschaftliche Zeiten auf sich und die Mitglieder des Gewerbevereins zukommen. Er wäre froh, wie er sagt, wenn es eine schnelle und unkomplizierte Art geben würde, um finanzielle Unterstützung und Steuererleichterungen beantragen zu können. Hilfreich sei eine Datei, in der alle Informationen dazu zu finden seien, „damit man sich nicht durch einen Wust von Websites und Online-Diensten wühlen muss“.

Leere Plätze, geschlossene Hotels, Gaststätten und Geschäfte in Winterberg und Geschäfte. Wegen der Corona-Krise mussten alle Urlauber abreisen. 
Leere Plätze, geschlossene Hotels, Gaststätten und Geschäfte in Winterberg und Geschäfte. Wegen der Corona-Krise mussten alle Urlauber abreisen.  © Jutta Klute

Wie er aus Gespräche mit Gewerbevereinsmitgliedern weiß, könnten auch Gutscheineinkäufe eine schnelle und unbürokratische Hilfe sein. „In der Regel sind alle Geschäftsleute telefonisch erreichbar“, sagt er. Wichtig: Das Geld müsste zeitnah in den Geschäften eingehen. Wegener: „Denn alle Fixkosten für Personal und Wareneingänge laufen ja weiter.“ Jeder Cent sei in dem Fall hilfreich. Wenn die Geschäfte wieder geöffnet sind, können die Gutscheine gegen Ware getauscht werden.

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Hoffen auf Hílfe

Bernadette Kimmlinger, Vorstandsmitglied der Fachwelt Olsberg, erzählt, dass noch am Dienstag in der Geschäftswelt eine große Unsicherheit geherrscht habe, welche Vorgaben für den Einzelhandel umgesetzt werden sollen, bis dann schließlich am Abend die genauen Informationen kamen. Bernadette Kimmlinger ist Inhaberin des Damenmode-Geschäftes Völlmecke in Olsberg und bringt auf den Punkt, was viele Geschäftskollegen bewegt: „Wir sehen, dass das eine zwingend notwendige Maßnahme ist. Trotzdem haben viele natürlich Angst. Das kann an die Existenz gehen.“

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Mit Blick auf die Textilbranche erzählt die Unternehmerin, dass die Frühjahrsmode bereits geliefert ist und die Rechnungen natürlich gleich mit und, dass auch die Fixkosten trotz Einnahme-Ausfalls ja bestehen bleiben. „Wir alle hoffen auf unbürokratische und schnelle Hilfe und, dass unsere Ängste und Sorgen von der Politik wahrgenommen werden. Wir haben großes Vertrauen in die Politik. Das darf auf keinen Fall enttäuscht werden“, so die Geschäftsfrau.

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Dn Einzelhandel in Winterberg trifft die Komplett-Schließung hart. Winterberg ist schließlich als Tourismus-Hochburg auch großes Einzelhandelszentrum im Sauerland. Auch dort wird es nach der Corona-Krise gelten, den Blick nach vorne zu richten.

>>>>> Kommentar

Jetzt auch an die Zeit nach Corona denken

Es ist eine sehr ernste Situation, in der wir uns befinden – das wird von Tag zu Tag deutlicher. Corona bestimmt längst unser Leben. Corona schränkt unseren Alltag ein. Das öffentliche Leben wurde heruntergefahren – radikal. Die Leere auf den Straßen, in den Einkaufszonen ist gespenstisch.

Das ist aber wichtig, ja alternativlos, wenn wir verhindern wollen, dass unser Gesundheitssystem überlastet wird durch immer mehr und mehr kranke Menschen. Die Corona-Krise ist erst am Anfang.

Es wird aber – und das ist die gute Nachricht – ein Leben nach Corona geben. Und an dieses Morgen sollten wir heute denken.

Einerseits, um uns Mut zu machen in dieser oft trüben Zeit, in der man zu viel Zeit hat nachzudenken – denn Gedanken kreisen allzu oft um dieses eine Thema.

Den Blick auf die Zeit nach Corona jetzt zu werfen ist aus einem zweiten Grund wichtig. Wenn wir in Brilon, Olsberg, Marsberg, Winterberg oder anderswo eine Innenstadt haben möchten, wie es sie vor dem Virus gegeben hat, müssen wir jetzt handeln. Ein Einkauf im Internet sollte mit Bedacht geschehen: was braucht man jetzt unbedingt? Einzelhändler, Gastronomen und anderen Gewerbetreibenden werden nach dieser schwierigen Zeit die Unterstützung der Bürger brauchen. Sonst werden unsere tollen, lebhaften Innenstädte nicht mehr so sein, wie sie es vor Corona waren. ()