Olsberg/Elpe. . Am 23. Juni ist ein Learjet bei Olsberg-Elpe abgestürzt – das Unglück und dessen Folgen beschäftigen die Menschen im Ort bis jetzt.
Ein Holzkreuz mit dem Datum 23. Juni 2014 erinnert an den wohl schlimmsten Tag, den Elpe je erlebt hat. An die zwei Piloten des Learjets, die bei dem Absturz während eines Übungsmanövers ums Leben gekommen sind. Auch wenn die meisten Spuren bis heute beseitigt sind - das Unglück beschäftigt den Ort noch immer.
„Wenn ein Flieger über den Ort düst, dann erschrickt man“, sagt Martina Joch. So wie ihr geht es mehreren Elpern. Ihre Kinder haben den Absturz und vor allem den lauten Knall miterlebt: „Sie hatten lange Angst, ins Bett zu gehen.“ Auch Rudolf Becker leidet noch immer sehr unter dem Erlebten. Er hat gesehen, wie der Learjet Richtung Dorf stürzte und wusste nicht, was ich zu Hause vorfindet. „Meine Knie werden immer noch weich, wenn ich ein Flugzeug höre. Ich habe seelischen Beistand gebraucht.“
Eimerweise Trümmer
Löschgruppenführer Frank Kreutzmann war der Erste am Einsatzort. „Das war wie ein Schlachtfeld“, erinnert er sich. 22 Feuerwehrleute der Löschgruppe Elpe waren an dem Tag und auch noch einen Tag später im Einsatz. „Sie haben es alle gut verkraftet“, so Kreutzmann.
Lange wurden die Zuständigkeiten für die Aufräumarbeiten und Schäden hin- und hergeschoben. Besonders betroffen waren die Landwirte, deren Land mit Trümmerteilen übersät war. Anfang Oktober haben sie mit ihren Familien die Aufräumarbeiten selbst in die Hand genommen. Das bedeutete zunächst die Wiesen mähen, das Gras in Ballen pressen. Die belasteten Rundballen sollen demnächst in der Deponie in Hellefeld entsorgt werden. Danach hieß es absuchen, mulchen, wieder absuchen...
„Wir haben eimerweise Trümmer rausgeholt. Und das ist noch lange nicht alles“, sagt Landwirt Wolfgang Klauke. „Teilweise sind die Teile in den Boden geschossen.“ Auch Rudolf Beule hat diese anstrengende Arbeit erledigt - ihm gehört die betroffene Talwiese. Für nächstes Jahr ist geplant, erst eine fünf Zentimeter dicke Schicht Mutterboden aufzutragen und dann noch einmal vier bis fünf Zentimeter. „So kann das Gras durchwachsen“, erklärt der Landwirt.
Schockierende Fotos und Videos
Den Boden einfach abzutragen kommt nicht in Frage - es dauere zu lange, bis wieder eine feste Grasnarbe entstanden sei. Beules Ponys durften schon wieder grasen. „Die spucken fremde Teile wieder aus.“ So optimistisch ist Wolfgang Klauke nicht - seine sieben Pferde dürfen nicht auf die Koppel. Und wegen der Hanglage seiner Weidefläche kann er auch keinen neuen Boden aufschütten. „Das wird uns die nächsten Jahre noch beschäftigen“, so Klauke. Derzeit verhandelt er über einen Ausgleich für die nicht nutzbaren Pferdekoppeln. Bislang hat die zuständige Versicherung laut Klauke und Beule die geleistete Arbeit anstandslos bezahlt.
In den sozialen Netzwerken kursierten nach dem Absturz viele schockierende Fotos und Videos. „Das ist ein Phänomen, das uns zuvor noch nie aufgefallen ist“, sagt Notfallseelsorger Hans Joachim Bexkens. Obwohl mittlerweile viele Quellen gelöscht sind - das Netz ist so verzweigt, dass es nur selten etwas komplett vergisst. Die Sensationslust und fehlende Distanz ist Ortsvorsteher Dominic Beule bis heute absolut unverständlich. „Wie kann ich es mir selbst zumuten, da durchzulaufen und mitzusammeln? Da kann ich kein Mitleid haben.“
Notfallseelsorger Hans Joachim Bexkens hat mit seinem Team als „Ersthelfer für die Seele“ damals die Einsatzkräfte unterstützt und mehrere Elper Bürger und Familien betreut. Auch einige Mitglieder einer benachbarten Jugendfeuerwehr benötigten seelischen Beistand, weil sie schreckliche Fotos von der Unglücksstelle per Whats App geschickt bekommen hatten. Aufgrund der Erlebnisse ist eine Prävention geplant. „Die Jugendfeuerwehr soll lernen, wie sie mit so etwas besser umgehen können“, so Bexkens.
Eine Gedenkstätte
In vielen Gesprächen ist immer wieder ein Thema aufgekommen: Das Unglück für die Nachwelt zu dokumentieren. Löschgruppenführer Frank Kreutzmann hat sich der Aufgabe angenommen. Er will diese kleine Chronik vor allem mit Fotos, Artikeln der WESTFALENPOST und Polizeiberichten erstellen. Auch Persönlichkeiten wie Wehrführer Helmut Kreutzmann oder Bürgermeister Wolfgang Fischer sollen zu Wort kommen. „Noch ist alles sehr präsent, aber was ist in 20, 30 Jahren? So können die Nachkommen lesen, was passiert ist“, erklärt Kreutzmann. Gedruckt werden soll das Werk dann im Josefsheim Bigge.
An der Absturzstelle soll im nächsten Frühjahr eine Gedenkstelle errichtet werden. Laut Ortsvorsteher Dominic Beule ist ein Kreuz geplant. „Keiner will es verdrängen“. Es sei wichtig, sich zu erinnern. Die Gedenkstätte soll auch in der Chronik aufgegriffen werden - als würdiger Abschluss eines tragischen Kapitels.