Aue-Wingeshausen. Die „Wester-Elf“ von Trainer Don von der Ahe überwintert auf einem Fußball-A-Liga-Abstiegsplatz, muss aber trotzdem auf die Bezirksliga schielen.
„Schulterklopfen ist nur 50 Zentimeter von einem Tritt in den Hintern entfernt“, verkündete einst Uwe Krupp, ehemaliger deutscher Eishockeyspieler und Nationalmannschaftstrainer des DEB. Was der Kölner damit ausdrücken wollte? Was sich wie Lob für die eigene Leistung anfühlen mag, birgt große Gefahr. Denn zumeist werden aufmunternde und anerkennende Schulterklopfer an diejenigen verteilt, die zwar aufopferungsvoll gekämpft, aber dennoch verloren haben.
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Diese nett gemeinten „Mutmachern“ haben die Spieler des heimischen Fußball-A-Ligisten TSV Aue-Wingeshausen in den letzten Monaten nur zuhauf bekommen. Gut gespielt, stark dagegengehalten, am Ende aber die Punkte nicht eingefahren. Eine Spirale, die sich durch die laufende Saison der Rot-Weißen zieht, wie ein roter Faden. Als „Spiegelbild der Saison“ bezeichnet Don von der Ahe, Trainer des TSV, deshalb auch die 1:2-Niederlage kurz vor Weihnachten gegen die Sportfreunde Birkelbach.
Im Derby war Aue-Wingeshausen nicht schlechter als der Gegner, war sogar in Unterzahl die aktivere Mannschaft, wurde aber in den Schlussminuten um den verdienten Lohn gebracht, weil man bei einem kurz ausgeführten Eckball plötzlich in den Winterschlaf verfiel.
Ähnlich verhielt es sich bei der knappen 2:3-Pleite gegen den SuS Niederschelden, der 1:2-Niederlage gegen den VfB Burbach oder beim verrückten 3:3-Unentschieden gegen die SG Hickengrund, wo der TSV bis zur 94. Minute noch mit 3:1 in Front lag – gute Leistungen, doch am Ende eben wieder nur Schulterklopfer.
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Und diese, wie Uwe Krupp eben beschrieben hat, sind immer mehr zu Tritten in den Hintern geworden. Denn zum einen litt das Selbstvertrauen der jungen Wingeshäuser Mannschaft unter den ausbleibenden Erfolgserlebnissen und zum anderen findet sich Aue damit zum Rückrundenstart auf einem Abstiegsplatz wieder. Starke Leistungen hin oder her, Fußball ist – und damit werfen wir zwei Euro ins Phrasenschwein – ein Ergebnissport.
Ein Umstand, über den von der Ahe natürlich auch im Bilde ist. Ein wenig verzweifelt resümiert er deshalb auch die abgelaufene Halbserie. „Es wäre mehr drin gewesen, das wissen wir. Vielleicht haben wir alle gedacht, wir wären schon einen Schritt weiter als wir wirklich waren“, erklärt der neue TSV-Coach den schlechten Saisonstart seiner Mannschaft, den er als Knackpunkt für die brenzliche Lage ausgemacht hat.
Ein Sieg aus den ersten zehn Spielen haben Aue-Wingeshausen früh in den Tabellenkeller rutschen lassen, ehe die Formkurve endlich nach oben zeigte. Dabei hatte man sich in der Wester eigentlich reifer und in der Entwicklung weiter gewähnt, weil die Sommervorbereitung hervorragend lief.
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Doch pünktlich zum Start der A-Liga, war der Wurm drin. „Das wünscht sich natürlich kein Trainer. Mich beschäftigt das alles sehr, aber in vielen Spielen waren wir auch einfach zu grün hinter den Ohren“, meint von der Ahe, der verständlicherweise auf das junge Alter seiner Mannschaft verweist – bis auf Michael Spies hat kein einziger TSV-Spieler die 30-Jahre-Marke überschritten, viele wichtige Spieler sind erst Mitte Zwanzig und haben gerade einmal eine einzige A-Liga-Saison auf dem Buckel.
Hinzu kommen zudem immer wieder verletzungsbedingte Ausfälle von Führungsspielern, die dem TSV regelmäßig das Genick gebrochen haben. Einen Akteur, der alle 18 Partien absolviert hat, sucht man vergeblich. Ergänzt dadurch, dass die sonst so starke Offensive der „Wester-Elf“ in diesem Jahr noch nach Treffsicherheit sucht. Begeisterten letzte Saison Marc Koch (26 Tore), Shootingstar Gideon Schmidt (15 Tore) oder Maximilian Schreiber (11 Tore) die A-Liga mit ihrer Torquote, kommt das Trio derzeit auf lediglich zwölf Tore gesamt.
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„Die Mannschaften haben sich natürlich auf uns eingestellt, die Liga ist insgesamt auch nochmal stärker geworden. Das alles macht es für uns nicht einfacher. Wenngleich ich alle Stürmer für ihre Einsatzbereitschaft in der Defensive loben muss. Es ist aber wahr, dass die gesamte Mannschaft ihre Chancen nicht konsequent genug nutzt“, ordnet von der Ahe – der übrigens ligaunabhängig seinen Vertrag bereits verlängert hat – ein, schiebt aber verständnisvoll hinterher: „Gideon ist in seinem ersten echten Seniorenjahr, Maximilian war lange verletzt und Marc muss oft in einer defensiveren Rolle aushelfen.“
Es macht dem TSV allerdings Mut, dass noch großes Potenzial in den Reihen der Rot-Weißen schlummert – doch muss dieses schleunigst vollends abgerufen werden, sonst droht zwangsläufig der Abstieg. Das böse Wort mit „A“ geistert ohnehin in den Gedanken von Cheftrainer von der Ahe umher, theoretisch trennen den TSV derzeit sechs Punkte vom rettenden Ufer und Platz 14, auf dem momentan die SG Siegen-Giersberg noch ein Spiel weniger gemacht hat, als Aue-Wingeshausen.
Doch der Blick von von der Ahe wandert auch immer wieder sorgenvoll in Richtung Bezirksliga 5. Nicht, weil man in der Wester plötzlich von Höherem träumt, sondern weil dort Setzen, Salchendorf II und Freudenberg um den Klassenerhalt kämpfen. Sollten alle drei Siegerländer Teams aus der Bezirksliga absteigen, könnten das Auswirkungen auf die A-Liga haben und mehr als die derzeit zwei Abstiegsplätze bedeuten.
„Wir müssen auf Nummer sicher gehen und am besten zwei, drei Teams hinter uns lassen“, mutmaßt von der Ahe deshalb, ehe er kämpferisch nachschiebt: „Wir wissen, was wir zu tun haben. Die Jungs haben Lust es besser zu machen, wir halten die Klasse!“
Dafür muss allerdings am Sonntag mehr auf der Habenseite stehen, als die üblichen Schulterklopfer, sonst kommt der Tritt in den Hintern – in diesem Falle der Abstieg – immer näher.