Bad Berleburg. Die Wahl der Sportbekleidung ist bei Kälte ein schmaler Grat. Triathlet und Sportartikel-Experte Carsten Hennig nennt die wichtigsten Grundsätze.

Sport bei Kälte ist gut für die Abwehrkräfte und verhindert die Bildung von Winterspeck, ein fitter Ausdauersportler wird im Winter gemacht – und überhaupt gibt es kein falsches Wetter, sondern nur falsche Kleidung. Drei Binsenweisheiten in einem Satz, die aber ihre Berechtigung haben.

Bei Kälte ist die Wahl der richtigen Kleidung das Wandern auf einem schmalen Grat. Wer zu warm angezogen ist, schwitzt. Wer zu dünn bekleidet ist, friert.

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Auf das Treffen der goldenen Mitte spezialisiert ist Carsten Hennig. Der Bad Berleburger ist seit der Kindheit im Ausdauersport aktiv, 1999 absolvierte er den legendären Ironman Hawaii, hinzu kamen mehrere Rennen auf der Halbdistanz. Seit 15 Jahren betreibt er das Sportartikel-Fachgeschäft „Rothaar Aktiv“. Hennig gibt beim Besuch unserer Redaktion Auskunft darüber, was ein Sportler in der Kälte beachten sollte.

Vor dem Start

Eine gute Planung ist die halbe Miete – dies gilt auch bei der Wahl der Sportbekleidung. Einerseits gilt es die Umstände zu beachten. Ein Thermometer am Haus gibt Auskunft über die aktuelle Temperatur, an Bäumen und Sträuchern ist erkennbar, wie scharf der Wind weht – und Apps können prognostizieren, ob vielleicht ein Wetterumschwung einkalkuliert werden muss.

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Andererseits unterscheidet sich die passende Kleidung je nach Vorhaben. „Bei Radtouren kann es – je nach Strecke – unterwegs bis zu zehn Grad kälter oder wärmer werden“, sagt Carsten Hennig, der ergänzt: „Je länger man unterwegs ist, desto wärmer sollte man angezogen sein. Im Winter muss der Körper viel Wärme produzieren und verliert Energie. Man kann am Ende ermüden, langsamer werden und frieren.“

Bei kurzen Einheiten darf es auch etwas weniger sein. „Wenn es einem in den ersten Minuten etwas kühl vorkommt, ist das Ok. Man kommt dann noch auf Betriebstemperatur.“ In jedem Fall könne man eine Notjacke aus ganz dünnem Material mit sich führen, um „nachzulegen“.

Sicherheit geht vor

Wer im Winter Rad fährt oder läuft, muss sich nicht nur gegen die Kälte schützen, sondern auch etwas gegen die Unsichtbarkeit tun. Fahrrad- oder Stirnlampen, blinkende Lichter und Reflektionsmaterialien können den Sportler leuchten lassen wie ein Glühwürmchen im Sommer.

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„Es gibt zum Beispiel diese neongelben Umschlagbänder. Die sind nicht teuer, machen aber einen Riesenunterschied bei der Sichtbarkeit und können Leben retten“, so Hennig: „Man unterschätzt manchmal, wie schlecht die Sicht für Autofahrer ist. Wenn die Straße nass ist, schluckt das zum Beispiel schon viel Scheinwerferlicht.“ Bei zu harscher Kälte oder Glättegefahr rät Hennig dazu, auch mal nichts zu machen oder sich Alternativen zu suchen – Sicherheit geht vor.

Das richtige Material

Ein No-Go beim Sport ist Baumwolle, denn die speichert die Feuchtigkeit und trocknet langsam, was ein Frieren zur Folge haben kann.

„Am besten trägt man nur Funktionsfaser. Die sorgt für einen guten Abtransport der Feuchtigkeit nach außen“, sagt Hennig. Dies passiert meist auf der Körperrückseite, denn vorne ist eine schützende Schicht gegen Nässe und Wind sinnvoll. Bei starker Kälte und starkem Wind gilt dies auch bei der Unterwäsche. Ein Windschutz im Genitalbereich verhindert Blasenentzündungen.

Zwiebeltechnik und Mikroklima

Das Zwiebelschalenprinzip ist sinnvoll, weil je nach den Bedingungen auf eines der Kleidungsstücke verzichtet werden kann, wenn es zu warm wird. Wie der Name bereits verrät, werden mehrere Kleidungsstücke übereinander getragen.

Stirnbänder sind ein gutes Accessoire beim Skilanglauf. Im Foto sind Benedikt Niglis und Luisa Niglis aus Wiemeringhausen auf der Steinert bei Girkhausen unterwegs.
Stirnbänder sind ein gutes Accessoire beim Skilanglauf. Im Foto sind Benedikt Niglis und Luisa Niglis aus Wiemeringhausen auf der Steinert bei Girkhausen unterwegs. © Florian Runte

Wichtig ist, dass die unterste Schicht besonders atmungsaktiv ist und entsprechend schnell trocknen kann. Über die Unterwäsche gehört ein Funktions-T-Shirt. Dies sollte ebenfalls atmungsaktiv sein und sich an den Körper anschmiegen, aber die Bewegung nicht einschränken. Die dritte Schicht gehört einem Shirt, am Besten aus Fleece. Als oberste Schicht empfiehlt sich eine wasser- und windabweisende Sportjacke – je nach Sportart werden verschiedene Modelle angeboten.

Zwischen den Schichten kann in der Kleidung ein Mikroklima entstehen – und dieses kann der Sportler zum Teil mitregulieren. Wenn es einen langen Aufstieg hinaufgeht und kein Wind von vorne kommt, kann es Sinn machen, die Jacke am Hals oder sogar ganz zu öffnen, um einen Wärmestau zu verhindern.

Die wichtigsten Bereiche

Wichtig ist zunächst eine warme Brust. „Das ist die größte Fläche. Wenn es da kalt ist, fühlt man sich generell unwohl. Dann macht alles keinen Spaß“, weiß Hennig.

Ein Halsband oder Schlauchtuch – seit langem im Trend ist der „Buff“ – schützt die Atemwege und verhindert Halsschmerzen.

Bis zu 50 Prozent der Körperwärme verliert eine Person über den Kopf – und dort besonders über die Stirn, die nicht durch Haare geschützt ist. Eine passende Sportmütze zur Wärmung und zum Schutz des empfindlichen Kopfes ist unbedingt notwendig und sorgt zudem für weniger Energieverlust.

Nach dem Sport

Was nass ist, ist problematisch. Dies gilt erst recht nach dem Sport, wenn das Immunsystem angeschlagen ist. Feuchte Kleidung gilt es schnellstmöglich zu tauschen gegen trockene, wärmende Textilien – im Zweifel auch bei eisigem Wind auf einem Parkplatz. „Die paar Sekunden machen nichts und sind weniger problematisch als eine längere Zeit mit nasser Kleidung im kalten Auto“, sagt Hennig. Pflicht sei eine Mütze, empfehlenswert sei auch ein Getränk.

Auf die Details zu achten, sei wichtig. Hennig: „Sonst kannst du das, was dir Spaß macht, vielleicht nicht mehr machen. Es wäre schade.“

Die weiteren Teile der Serie „Fit durch den Winter“

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