Bad Berleburg. Der VfL Bad Berleburg muss sich im Winter ungeplant mit dem Abstiegskampf befassen. Wie es dazu gekommen ist und woran der Verein arbeiten muss.

Nach dem fünften Platz im Vorjahr und einer Verbreiterung des Kaders im Sommers ging der VfL Bad Berleburg eigentlich nicht als Abstiegskandidat in die neue Saison der Fußball-Landesliga. Mit zwölf Punkten aus 13 Spielen knüpfte die Elf vom Stöppel in der Hinrunde aber nicht an die Vorsaison an – was in dieser Härte vorher nicht erwartet wurde, weil „nur“ zwei Stammspieler verloren gingen. Die Liste der Baustellen ist lang, die der Verletzten auch.

Zur Rückrunde indes könnte der VfL bei optimalem Verlauf wieder komplett sein. „Wenn wir gut trainieren, holen wir die Punkte, die wir brauchen“, ist sich Trainer Martin Uvira sicher, der am Stöppel weiter den vollen Rückhalt genießt. Auch der Sportliche Leiter Holger Lerch betont: „Kräfte bündeln, Wunden lecken, nach vorne schauen – das muss unser Credo sein. Ich sehe uns weiter als Mittelfeldkandidat. Das Spiel gegen Hüsten hat gezeigt, zu was die Mannschaft in der Lage ist.“

Lange Verletztenliste

Die langzeitverletzten Flügelspieler Alexander Koch und Niklas Duchardt waren noch gar kein Faktor, Außenverteidiger Steffen Arnold verpasste die komplette Vorbereitung und sucht noch seine Form, zuletzt erwischte es Dauerbrenner Alexander Krowarz mit einem Muskelbündelriss. Der schlimmste Ausfall ist der von Christopher Geisler.

Dauerbrenner Alexander Krowarz fehlt im letzten Spiel des Jahres in Langenholthausen, verpasst aber auch einen Teil der Rückrundenvorbereitung.
Dauerbrenner Alexander Krowarz fehlt im letzten Spiel des Jahres in Langenholthausen, verpasst aber auch einen Teil der Rückrundenvorbereitung. © Florian Runte

„Die zentrale Position ist die halbe Miete. Da ist Christopher im Mittelfeld ein Spieler, der in jeden Zweikampf geht und die Mannschaft mitreißen kann“, sagt Uvira, der zudem immer wieder mit Kurzzeitausfällen und zuletzt mit einer Grippewelle zurecht kommen musste.

„Das soll keine Ausrede sein, es ist einfach ein Problem. Wir sind arg gebeutelt“, ergänzt der Sportliche Leiter Holger Lerch: „Von außen ist es für uns ist es schwierig, daran etwas zu machen. Da haben wir nur die Möglichkeit mit Physiotherapie zu helfen und uns für schnelle MRT-Termine einzusetzen.“

Trainingsbeteiligung

Das schwach besuchte Training, nur zum Teil resultierend aus der langen Verletztenliste, ist ein Kardinalproblem, aus dem weitere folgen – etwa die bei der Ballsicherheit oder dem Umstand, dass einige Spieler schon nach 60 Minuten am „pumpen“ sind. Freitags herrscht reger Betrieb am Stöppel, dienstags und donnerstags eher nicht. Eine einstellige Zahl an Spielern ist da keine Ausnahme. Dabei hatte man sich genau in diesem Punkt vor der Saison endlich einmal Besserung erhofft.

„Mit acht Leuten beim Training kannst du einfach nichts Besonderes machen. Die anderen Trainer fragen mich da manchmal, wie ich das dann überhaupt mache“, verrät Uvira: „Wir haben viele Jungs, die bei weitem nicht die Form der vergangenen Saison haben. Die müsste ich normalerweise auf die Bank setzen, das kann ich aber nicht.“

Faulheit will Uvira keinem Spieler unterstellen, weil die Gründe für die Absagen die typischen für eine Amateurmannschaft sind: Arbeit, Ausbildung, Krankheit, private Verpflichtungen. Den Eindruck, dass alles dafür getan wird, den Besuch des Trainings möglich zu machen, hat er aber nicht immer: „Ich habe den Eindruck, dass viele Spieler die Saison im Vorfeld unterschätzt haben.“

Zweikampfhärte

34 Gegentore aus 13 Spielen sind ein kritischer Wert, der damit zu tun hat, dass der VfL sich häufiger Ballverluste in der eigenen Hälfte leistete – aber auch damit, dass er von manchen Gegnern schlicht überrannt wurde. Ein Beispiel von mehreren ist das 0:5 in Hünsborn, in dem der VfL kaum in die Zweikämpfe kam und davon auch noch viele verlor. Doch auch gleich zum Start gegen Langenholthausen deutete sich dieses Problem an.

Hannes Schneider (l.) und Vadim Hafner (r.) sind neu im Männerfußball und gelten als Zukunftshoffnungen beim VfL.
Hannes Schneider (l.) und Vadim Hafner (r.) sind neu im Männerfußball und gelten als Zukunftshoffnungen beim VfL. © Dietmar Reker

Dass mit Marc Uvira, Vadim Hafner und Hannes Schneider drei dem Alter nach A-Jugendliche häufig im Team stehen, ist ein Faktor. Aber nur einer von mehreren. Und Martin Uvira betont: „Den jungen Spielern können wir gar keine Vorwürfe machen. Ihre Entwicklung ist gut, wir werden an ihnen noch viel Freude haben.“

Dies sieht auch Yannik Lückel so, einer von wenigen „Lautsprechern“ auf dem Platz: „Wir hoffen, dass es auch mit 90 Prozent geht und fallen damit total auf die Nase. Wir sind technisch keinem Team überlegen, deshalb brauchen wir die Bereitschaft“, sagt der Stürmer: „Das hat auch mit dem Selbstvertrauen zu tun, aber auch mit Erfahrung und fehlenden Führungsspielern.“

Harmlose Offensive

Rechnet man das 7:0 gegen die damals indisponierten Werdohler heraus, kommt der VfL im Schnitt auf ein Tor pro Spiel – zu wenig.

So sieht man sie in dieser Saison seltener als 2018/19: Ahmad Ibrahim (l.) und Kai Dengler beim Torjubel.
So sieht man sie in dieser Saison seltener als 2018/19: Ahmad Ibrahim (l.) und Kai Dengler beim Torjubel. © Florian Runte

Ein Problem, das mit mehr Ballverlusten in Abwehr und Mittelfeld beginnt und sich mit Formschwäche bei fast allen Offensivspielern fortsetzt. Ins letzte Drittel kommt der VfL aktuell zu wenig. „Die Mannschaften haben sich auf uns eingestellt, aber wir spielen es auch nicht so gut. Überfallartige Konter funktionieren selten und wir gehen sehr früh über außen, wo die Gegner uns dann zustellen“, sagt Lückel.

Die individuelle Klasse von Ahmad Ibrahim trug zwar maßgebend zu den Siegen gegen Wenden und Hüsten bei, häufiger waren allerdings die Spiele, in denen die Nummer zehn blass und wirkungslos blieb. Uvira: „In der Trainingsstatistik steht er ziemlich weit hinten.“

Kopfballschwäche

Als der VfL in der Saison 2015/16 unter Trainer Peter Neusesser zuletzt im Abstiegskampf der Landesliga steckte, erzielte das Team gefühlt die Hälfte der Tore nach Standardsituationen. Seitdem hat die Mannschaft über die Neusesser-Brüder oder Peter Rosenblatt bis hin zu Steven Lichy mehrere große sowie sprunggewaltige Spieler verloren.

Zwei „Türme“, die dem VfL beim Rasenschach fehlen: Tim Neusesser (r.) und Jan Neusesser beim Kopfball.
Zwei „Türme“, die dem VfL beim Rasenschach fehlen: Tim Neusesser (r.) und Jan Neusesser beim Kopfball. © Peter Kehrle

Gekommen sind überwiegend Spieler, die über Technik und Tempo kommen. Weil dazu aktuell Christopher Geisler verletzt fehlt, ist Tarek Benyagoub schon das gefährlichste das „Kopfballungeheuer“ des Teams. Auch defensiv ist all dies ein Problem, zumal Torwart Christian Badura bei hohen Bällen vors Tor vergleichsweise zurückhaltend agiert.

Torwartposition

Badura hat seinem Team in dieser Saison schon einige Punkte festgehalten, spielt aber sicher auch nicht seine beste Saison seit seiner Rückkehr zum Stöppel in 2016.

Ob Christian Badura beim VfL Bad Berleburg über die Saison hinaus nach Bällen schnappt, ist offen.
Ob Christian Badura beim VfL Bad Berleburg über die Saison hinaus nach Bällen schnappt, ist offen. © Florian Runte

Als „Baustelle“ ist die Position des Schlussmanns an dieser Stelle aber vor allem aufgeführt, weil sich der Verein mittelfristig um einen Nachfolger für den 39-Jährigen, der aus Sprockhövel zum VfL pendelt (!), wird bemühen müssen – ob Badura über den Sommer hinaus bleibt, ist offen. Ersatzmann Mik Römer war in der Hinrunde lange verletzt und muss sich als 17-Jähriger im Männer-Fußball erst noch beweisen.

Ein Problem ist der Torwart auch im Training – dienstags und donnerstags ist nämlich meist kein Schlussmann vor Ort, worunter das Stürmertraining naturgemäß leidet. Freitags trainiert neben Badura auch Yannick Schneider vom SV Feudingen mit, der in der vergangenen Saison noch für den VfL spielte.

Fehlender Co-Trainer

Als Torwarttrainer hilft Wolfgang Krowarz unverändert freitags aus. Für den im Sommer ausgeschiedenen Co-Trainer Marcus Goßler fand der Verein keinen Ersatz, wodurch ein zweites Augenpaar, anderer taktischer Input und eine Hilfe in der Spielvor- und -nachbereitung fehlt.

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Wie sehr sich dies auf die Leistung auswirkt, ist schwierig zu beziffern. „Wir würden lügen, wenn wir sagen würden, dass Marcus uns nicht fehlt“, sagt der Sportliche Leiter Holger Lerch. Uvira gibt jedoch zu bedenken: „Marcus konnte auch vergangene Saison oft nur am Sonntag kommen. Und du kannst taktisch nicht viel machen, wenn die Spieler nicht die Form haben, es umzusetzen. Deshalb macht das aktuell vielleicht fünf Prozent aus.“ Der Feudinger stellt aber klar: „Ich würde mich freuen, wenn Marcus zurück käme.“

Auswärtsschwäche

Null Punkte holte der VfL bislang in seinen Auswärtsspielen. Auf fremden Plätzen war die Bilanz schon in den vergangenen Jahren nicht gut, nun ist die Bilanz mit 1:19 Toren desaströs.

Bei bislang acht Heimspielen und fünf Auswärtsspielen ist es eine „schiefe“ Statistik, die andererseits bei nur noch fünf verbleibenden Heimspielen auch Sorgen vor der Rückrunde macht.

Sportanlage am Stöppel

Der Kunstrasen ist noch in einem ordentlichen Zustand, der Rest der Anlage macht einen trostlosen, teils heruntergekommenen Eindruck – vom kaputten Zaun über die marode und überdimensionierte Tribüne bis hin zum wenig einladenden „Casino“. All das drückt nicht nur die Zuschauerzahlen, sondern ist auch für potenzielle Neuzugänge wenig attraktiv. „Wir haben die schlechteste Anlage der Landesliga. Wenn ein Probespieler herkommt, dann fragt der sicher: ,Was ist das hier?’“, legt Uvira den Finger in die Wunde.

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Eine schnelle Lösung wird es nicht geben. Welcher Anteil des für das Sportzentrum am Stöppel bewilligten Fördergeldes den Fußballern zugute kommt, bleibt abzuwarten – der größte Anteil fließt wohl in Turnhalle und Schwimmbad.

Was Eigenleistungen angeht, waren andere Vereine in der jüngeren Vergangenheit mehr auf Zack. Aktuell tut sich aber etwas: Die zweite Mannschaft hat zuletzt eine Kabine zu einem annehmbaren Aufenthaltsraum umgebaut. Was wiederum die Gästeteams nicht freut: Die müssen jetzt im Schwimmbad duschen...