Hagen. . Der Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen zieht mit einem 99:88-Sierg am letzten Spieltag gegen den Mitteldeutschen BC erstmals in seiner jungen Vereins-Karriere in die Play-offs um die deutsche Meisterschaft ein. Eine Stadt im Glückstaumel. Nächster Gegner: Bamberg. „Wir sind nicht chancenlos“, sagt Geschäftsführer Oliver Herkelmann.

Es ist ein kurzer Moment des Innehaltens. Der Mann des Abends, der Mann der Saison, sinkt auf den Boden. Die Arme und Beine lässt Davin White der Länge nach auf das Parkett fallen. Der Amerikaner in Diensten des Basketball-Bundesligisten Phoenix Hagen schließt die Augen, liegt einfach nur da, als genieße er den Moment, als verstünde er jede Zeile des Liedes, das da gerade aus den Lautsprechern wummert.

„Das hier ist ewig,
ewig für heute.
Wir steh’n nicht still,
für eine ganze Nacht.“

Zwei Sätze aus dem Lied „Tage wie diese“ von den Toten Hosen. Einer, der einen Fakt beschreibt, einer, der eine Prophezeiung ist. Denn mit dem 99:88 (47:34)-Sieg gegen den Mitteldeutschen BC qualifiziert sich Phoenix Hagen erstmals in seiner jungen Geschichte für das Play-off-Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft. Eine Basketball-Stadt im Glückstaumel.

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In Blau und Gelb lautet die Botschaft auf den Tribünen schon vor dem Hochball: „Eine Stadt. Ein Team. Eine Liebe.“

Die Zuschauer peitschen die Hagener Mannschaft nach vorn. David Bell lässt in der Halbzeit seine Dreierwürfe durch den Korb sausen, als sei es das Leichteste auf der Welt. Hagen führt schnell komfortabel. Aber ein eigener Sieg reicht nicht. Bamberg und Bayern München müssen ihre Spiele auch gewinnen. Oder zumindest einer von beiden, dann ist es vollbracht.

In jeder Spielunterbrechung rasen Fingerkuppen über Handy-Displays. Wie steht es? Was machen die anderen?

Am Kassenhäuschen

Hagens Geschäftsführer Oliver Herkelmann verlässt selbst bei gewöhnlichen Spielen hin und wieder vor Aufregung die Halle, weil er durchschnaufen muss. Die Begegnung gegen den MBC verfolgt er eine Etage tiefer am Kassenhäuschen, wo auf einem kleinen Fernseher das Spiel übertragen wird. Aber wegen der eigenen Führung gilt auch seine Konzentration eher dem eigenen Handy.

Er verpasst viel von der sensationellen Show des Davin White, der trickst, täuscht, wirft - und trifft. 27 Punkte in der zweiten Halbzeit, 33 insgesamt. Der MBC scheint noch einmal heranzukommen, aber White ist nicht zu stoppen.

„Dreh’n unsere Kreise,
kommen nicht mehr runter,
sind schwerelos.“

30 Sekunden vor dem Ende hängt er nach einem krachenden Dunking am gegnerischen Korb. Das ist der Sieg, alle wissen das. White lächelt schon.

Schlusssirene.

„Im Spiel Würzburg gegen Bamberg steht es kurz vor dem Ende 50:70“, brüllt der Hallensprecher und geht im tosenden Lärm der Fans vollkommen unter. Weil München in Bonn verliert, springt am Ende Tabellenplatz acht heraus. „Meine Damen und Herren, wir sind sicher in den Play-offs“, dröhnt es aus den Lautsprechern. Hagen steht kopf. Die Spieler begeben sich zum Feiern auf die Tribüne, verschwinden fast unter den Fans.

„Wir lassen uns treiben,
tauchen unter,
schwimmen mit dem Strom.“

Stolz füllt die Halle. „Das ist ein weiterer Meilenstein in unserer Geschichte“, sagt Herkelmann. 2004 wurde der Verein neu gegründet und setzte die Basketball-Tradition, die der SSV und Brandt Hagen einst mit Erfolgen füllten, fort. 2009 stieg der Klub in die Bundesliga auf und musste wegen des erforderlichen Ausbaus der Halle am Ischeland in einem Provisorium seine Gäste empfangen: Erstliga-Duelle in den Badminton- und Tennis-Hallen eines Fitnessstudios. Vor einem Jahr entgeht Phoenix am letzten Spieltag dem Abstieg. Nun also erreicht der Klub mit einem der niedrigsten Etats der Liga die Play-offs. „Wer hätte das gedacht“, fragt sich Trainer Ingo Freyer selbst. Antwort: kein Mensch.

Die exzessive Party muss warten

Ab dem kommenden Sonntag ist Bamberg der Gegner, der Meister von 2010, 2011 und 2012. „Das ist nicht mehr das Bamberg der vergangenen drei Jahre“, sagt Herkelmann, „wir sind nicht chancenlos.“ Im März erst warf die Mannschaft von Trainer Ingo Freyer Bamberg mit einem 104:97 aus der Halle.

Deshalb muss die exzessive Party warten. Die Mannschaft feiert ein bisschen in der Stadt - und macht frühzeitig Schluss. „Die Jungs wollen ja noch etwas erreichen“, sagt Herkelmann.

„In dieser Nacht der Nächte,
die uns so viel verspricht,
erleben wir das Beste,
kein Ende ist in Sicht.“

Irgendwann erwacht Davin White aus seinem kurzen Glücks-Traum. Er öffnet seine Augen und stellt fest, dass all das die Wirklichkeit ist. Dass er nun am Ende der Hauptrunde der beste Werfer der Liga ist. Und dass Hagen tatsächlich in den Play-offs steht.