Hagen. Das Spiel von Phoenix Hagen bei den Karlsruhe Lions war kein Leckerbissen. So hat Bjarne Kraushaar den Auswärtssieg voller Besonderheiten erlebt.
Es gibt Spiele, die sind ganz besonders. Weil sie wichtig sind. Weil sie Überraschungen parat halten. Oder weil sie reichlich Spektakel bieten. Das Spiel von Phoenix Hagen bei den Karlsruhe Lions war auch besonders. Allerdings nicht aus den beiden letztgenannten Gründen. Einer, der dabei war, einer, der einen „wichtigen Arbeitssieg“ auf dem Feld erlebt hat, hat naturgemäß einen anderen Blick auf das Geschehen als Fans, die das am Ende verdiente 79:71 am Stream im Internet erlebten und sich über vermeintlich vermeidbare Fehler wunderten.
„Ich habe ja auch von vielen Seiten gehört, dass es kein ansehnliches Spiel war“, sagt Bjarne Kraushaar, Aufbauspieler und mit zwölf Punkten, drei Assist und einem Steal maßgeblich am Erfolg beteiligt, und lächelt, „aber es macht mir richtig Spaß, auch solche Partien zu spielen. Und am Ende gilt - ansehnlich oder nicht. Hauptsachen, wir haben das Ding gewonnen.“
Starke Leistung in der Defense
Eine der Besonderheiten in diesem Spiel war die Anzahl der Fehler. Eine weitere die extrem niedrige Dreier- und Freiwurfquote auf beiden Seiten. Aber noch eine Besonderheit - und das steht in engem Zusammenhang mit den beiden anderen - war auch die Leistung, die beide Teams in der Defense ablieferten. Die vergleichsweise geringe Punkteausbeute unterstreicht das noch einmal. „Mit 79 Punkten auswärts ein Spiel zu gewinnen - das ist schon besonders“, sagt Bjarne Kraushaar. „Natürlich ist das am Ende ein Spiel, in dem uns viele Fehler unterlaufen. Aber letztlich freut es uns dann um so mehr, wenn es immer wieder gelingt, den Gegner zu stoppen.“ Nur 71 Punkte der Karlsruher - noch eine Besonderheit, denn nur ein einziges Mal in dieser Saison erzielten die Löwen weniger - sind dafür der Beweis.
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Auf der anderen Seite tat sich auch Phoenix besonders in Hälfte eins - Halbzeitstand 36:32 - in der Offensive extrem schwer. „Vier von fünf Spielern, die bei Karlsruhe auf dem Feld stehen, haben richtig lange Arme“, spircht Bjarne Kraushaar die nächste Besonderheit an, „das macht es extrem schwer. Da wird das Feld richtig klein.“
Gutes Zusammenspiel im Aufbau
Eine Herausforderung besonders für Aufbauspieler wie Bjarne Kraushaar: „Ich denke, dass Siler Schneider und ich das Spiel unter diesen Umständen noch relativ gut strukturiert haben“, sagt jener Mann, der seine zweite Saison bei Phoenix erlebt, mit Blick auf sich selbst und jenen Amerikaner, der besonders im letzten Viertel immer wieder Verantwortung übernahm und mit 22 Punkten bester Werfer der Partie war. „Wir trainieren unser Zusammenspiel intensiv. Gerade gegen Gegner, die wie Karlsruhe viel Druck ausüben, hilft es, wenn zwei Spieler gleichzeitig auf dem Feld stehen, die gut mit dem Ball umgehen können. Da ist untereinander keine Konkurrenz.“
Was auch mit Bjarne Kraushaars neuer Rolle im Team zusammenhängen mag. Er, der sich derzeit voll auf den Basketball konzentriert und erst „in den nächsten Jahren ein Studium aufnehmen“ will, spielt ruhiger, wirkt ausgeglichener. „Es ist mein zweites Jahr in Hagen - es kann schon sein, dass ich mich mehr zu einem Leader entwickelt habe“, sagt der 24-Jährige, der immerhin 27 Minuten und 37 Sekunden (nur Naz Bohannon spielte länger) gegen Karlsruhe auf dem Feld stand und mit einer Dreierquote von 40 Prozent (2 von 5) noch dafür sorgte, dass das gesamte Team am Ende bei 19 Prozent landete. „Ich spüre mehr Vertrauen. Das merke ich an der Spielzeit, aber auch so auf dem Feld.“
Ein Hoch auf die Basketballkultur in Hagen
Aber auch abseits dieses Feldes, das seinen Alltag so sehr bestimmt, ist Kraushaar, der in der Hagener Innenstadt lebt, angekommen. „Ich schätze die Basketball-Kultur hier in der Stadt. Das ist schon etwas ganz Besonderes. Man merkt an vielen Stellen, wie sehr dieser Sport Menschen bewegt.“
3145 dieser Menschen hatte Phoenix selbst beim letzten Heimspiel bewegt - erstmals ausverkauft seit vier Jahren. „Das war schon Wahnsinn“, sagt Bjarne Kraushaar, „ich habe Fans an Stellen in der Halle gesehen, von denen ich bislang gar nicht wusste, dass sich da offizielle Plätze befinden.“
Der Aufstieg als Ziel
Ähnlich viele sollen es - wenn es nach Kraushaar geht - auch beim nächsten Heimspiel am Samstag, 6. Januar, 19 Uhr, gegen Nürnberg sein. „Das wird noch mal ein sehr physisches Spiel“, blickt er voraus, „Nürnberg hat extrem athletische Amerikaner im Team, dazu auf den deutschen Positionen Spieler, die viel Erfahrung mitbringen. Leicht wird das für uns nicht.“
Bei all dem aber bleibt am Ende ein Ziel, das Kraushaars Aufbau-Kompagnon bereits nach wenigen Spielen deutlicher formuliert hatte, als Coach und Offizielle: der Aufstieg. „Ich setze eher kurzfristigere Ziele“, sagt Kraushaar, „aber wer wie wir in die Playoffs will, wer wie wir im ersten Spiel in eigener Halle spielen will, der will am Ende auch aufsteigen. Sonst bräuchte man doch gar nicht erst anzutreten.“