Ennepetal. Fast ein Jahr nach dem Aus der Ennepetal Raccoons spricht Achim Hilger im Interview über seine Enttäuschung über die Absage der Stadt Ennepetal.

Die Enttäuschung ist nicht viel geringer geworden bei Achim Hilger. Auch ein Jahr später nicht. Im November 2021 musste der Ennepetaler eine bittere Nachricht an seine Spieler weiterleiten, die nicht weniger als die Arbeit fast eines ganzen Jahrzehnts zu Nichte machte. Seine Ennepetal Raccoons waren damals auf dem besten Weg in die Baseball-Bundesliga – sportlich zumindest. Was fehlte war allerdings ein eigener Platz, der den Ansprüchen in der höchsten deutschen Spielklasse entspricht. Nach Jahren voller Gespräche mit der Stadtverwaltung und Sponsoren scheiterte das Projekt für viele überraschend. Wir haben mit Achim Hilger über die damalige Enttäuschung, die Konsequenzen dieser Entscheidung und seine persönliche Motivation gesprochen.

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Fast genau vor einem Jahr scheiterte das Projekt, einen eigenen Baseballplatz in Ennepetal zu bekommen. Wie groß ist die Enttäuschung bei Ihnen heute noch?

Achim Hilger: Die ist immer noch sehr groß, da mache ich keinen Hehl draus. Nicht nur bei mir, sondern bei allen, die damals beteiligt waren. Ich glaube auch, dass das bei einigen politischen Entscheidungsträgern der Fall ist. Ich werde heute noch oft in der Stadt angesprochen, weil Menschen mir sagen, dass sie das immer noch nicht nachvollziehen können.

Kommentar: Auch ein Jahr später noch nicht nachvollziehbar

Damals entschied sich die Stadt Ennepetal aufgrund der hohen Kosten eines neuen Baseballstadions gegen den Bau. Was denken Sie heute über diese Entscheidung?

Das ist in meinen Augen ziemlich leicht: Die Anlage war politisch nie gewollt. Es kamen Mitarbeiter der Stadtverwaltung auf mich zu und haben mich gefragt: ‘Müssen wir uns das leisten?’. Mich persönlich hat diese Einstellung damals schon sehr verwundert, ich habe diesen Menschen dann aber gesagt, dass das nicht meine Entscheidung als Trainer ist. In meinen Augen ist die Antwort klar. Die Frage an sich zeigte mir damals aber, dass man sich bei Erfolgen gerne mit uns schmückt – aber wenn es drauf ankommt, nicht bereit ist, auch was für uns zu tun.

Diskurs über mögliche Orte für neuen Baseballplatz

Im Gespräch waren einige Orte als mögliche Spielstätte. Aus Rüggeberg beispielsweise wurde nichts, auch der stillgelegte Sportplatz Rote Erde in Schwelm war ein Thema.

Das setzt der Geschichte in meinen Augen die Krone auf. Die Stadt Ennepetal wollte uns ja anscheinend nicht, also haben wir uns auch in der Nachbarschaft umgeschaut. Beim Sportplatz Rote Berge beispielsweise hätte gar nicht viel getan werden müssen, damit er als Spielstätte für uns in Frage gekommen wäre. Aber da hat man uns von Seiten der Stadt Ennepetal damit gedroht, dass man uns bei einem Umzug nach Schwelm keine Trainingszeiten mehr zur Verfügung stellen kann. Also haben wir uns weiter in Ennepetal umgesehen.

Und dann mit der Ev. Stiftung Loher Nocken sogar ein Gelände gefunden...

Und das hat einigen bei der Stadt meiner Meinung nach gar nicht gepasst. Es ist ja auch nicht so gewesen, dass wir von heute auf morgen ein neues Stadion wollten. Das hätte man über Jahre ausbauen können, wir hatten sogar schon Partner, die uns und damit auch die Stadt finanziell unterstützt hätten.

Wie hier zu sehen, wollten die Ennepetal Racoons ihren neuen Platz direkt hinter dem Kunstrasen haben.
Wie hier zu sehen, wollten die Ennepetal Racoons ihren neuen Platz direkt hinter dem Kunstrasen haben. © OpenStreetMap | Aline Rinke

Wie lief die Bekanntgabe der Entscheidung damals für Sie ab?

Ich wurde telefonisch darüber informiert, anschließend habe ich meinen Spielern mitgeteilt, dass sie kein Sportzeug mit zum Training nehmen müssen. Da war ihnen natürlich klar, was kommt. Als wir uns dann getroffen haben, musste ich 25 erwachsenen Männern sagen, dass unsere Reise an diesem Punkt endet. Alle waren total niedergeschlagen, einige haben ihren Gefühlen freien Lauf gelassen und es sind auch Tränen geflossen. Für mich persönlich war das der schwärzeste Tag in meiner sportlichen Karriere.

Das ist aus den Spielern von damals geworden

Was hat sich seitdem getan bei Ihrer Mannschaft?

Die gibt es nicht mehr, genauso wie alle anderen Teams. Die Raccoons sind ein Scherbenhaufen. Die Spieler von damals sind jetzt in ganz Deutschland aktiv, einige spielen um den Aufstieg in die Bundesliga.

Von dem Sie bei ihrem Antritt in Ennepetal 2012 geträumt haben...

Und wir waren ja auch auf dem besten Weg dahin. Wir hatten den Kader für die Saison in der 2. Bundesliga beisammen, das war eine richtig starke Mannschaft. Auch finanziell waren wir so aufgestellt, dass wir uns dank einiger Sponsoren keine Sorgen machen mussten.

Wegen der Raccoons überhaupt erst in Ennepetal: Der US-Amerikaner Lukas Babinec.
Wegen der Raccoons überhaupt erst in Ennepetal: Der US-Amerikaner Lukas Babinec. © Michael Scheuermann

Haben Sie noch einmal mit den Entscheidungsträgern gesprochen?

Nein, und ich habe auch das Gefühl, dass man mir aus dem Weg geht. Im Sport ist es immer so, dass man zusammen gewinnt und zusammen verliert. In der Politik scheint das nicht so zu sein. Es hat sich damals und bis heute nie einer der Verantwortlichen hingestellt und uns und den Spielern erklärt, warum es keinen eigenen Platz für die Raccoons geben wird. Das finde ich extrem schade.

Blick in die Zukunft

Der Verein ist in den Jahren, in denen Sie tätig waren, stetig gewachsen. Wie sehr schmerzt Sie es, jetzt auf Ihren Verein zu schauen?

Man muss das gesamte Bild dabei betrachten. Wir waren ja nicht nur die erfolgreiche erste Mannschaft, die von Aufstieg zu Aufstieg geeilt ist. Wir waren uns damals auch unserer Gemeinnützigkeit bewusst und waren deshalb, trotz geringer Man-Power, überall wo wir konnten in der Stadt präsent. Wir haben AGs in Schulen angeboten, haben Projektwochen gemacht, unsere Jugendabteilung ist stetig gewachsen. Mit Finn Jacoby haben wir einen Junioren-Nationalspieler hervorgebracht. Bei der Stadtfete waren wir da, als wir gefragt wurden – wo ich im Übrigen andere Ennepetaler Vereine vermisst habe. Natürlich tut das noch weh, dass das nun alles so den Bach heruntergegangen ist.

Wie ging es bei Ihnen weiter?

Es gab genug Anfragen, aus der ersten und der zweiten Bundesliga. Ich war und bin auch heute aber noch nicht bereit, mich auf etwas Neues einzulassen.

Und wenn sich in Ennepetal doch noch eine Möglichkeit auf einen eigenen Platz ergeben würde?

Dann wäre ich, wenn es eine richtige Perspektive gibt, sofort wieder Feuer und Flamme. Auch die Spieler haben signalisiert, dass sie dann sofort wieder parat stehen würden. Die würden sogar wieder ganz unten anfangen. Doch bevor ich das wieder eingehe, muss es einen handfesten Plan für die Zukunft des Baseballs in Ennepetal geben.