Ennepetal. Der TuS Ennepetal steckt in der Krise. Im Interview spricht Thomas Riedel über die Situation, den Trainer, die Perspektive und die eigene Reserve
Sieben Punkte aus neun Spielen reichen für den TuS Ennepetal aktuell noch, um über dem Strich in der Fußball-Oberliga zu stehen. Zufrieden mit dem Saisonstart in die elfte Oberliga-Saison am Stück aber keiner im Bremenstadion. Wobei das Bremenstadion seit einigen Wochen ja gar nicht mehr die Heimat ist. Aufgrund der Bauarbeiten auf dem Natur- und dem Kunstrasenplatz mussten die Ennepetaler temporär umziehen. Am Samstag kommt es um 16 Uhr aber wohl zum letzten Auftritt im Dorma-Sportpark, wenn das aktuelle Schlusslicht von den Sportfreunden Siegen zum Kellergipfel nach Ennepetal kommt. Wir haben dieses Spiel zum Anlass genommen, um mit dem Sportlichen Leiter Thomas Riedel die aktuelle Situation des TuS Ennepetal zu beleuchten.
Wie bewerten Sie den Saisonstart in die Oberliga?
Thomas Riedel: Natürlich sind wir nicht zufrieden, auch wenn wir gerade an den ersten Spieltagen ein strammes Programm hatten. Grundsätzlich muss man sagen, dass die Liga in diesem Jahr deutlich ausgeglichener besetzt ist als im Vorjahr. Wir haben starke Aufsteiger dabei, mit Bövinghausen einen überdurchschnittlich starken. Deshalb war uns durchaus bewusst, dass es in diesem Jahr keine einfache Saison wird. Aber wenn wir eins im Moment haben, dann genug Ausreden.
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Welche Ausreden haben Sie denn im Moment?
Wie gesagt, genug, aber meckern hilft uns da nicht weiter. Es ist aber so, dass die vielen Verletzungen, der aktuelle Umzug auf einen fremden Platz und natürlich auch der immense Umbruch im vergangenen Sommer nicht unbedingt zuträglich zu der Gesamtsituation sind.
Riedel über den Umbruch und Trainer Petkovic
Ist dieser Umbruch nach den ersten Ergebnissen richtig gewesen?
Ja und nein. In gewisser Weise waren wir dazu gezwungen, weil uns mit Maik Bollmann und Florian Gerding zwei langjährige Säulen aus privaten Gründen verlassen haben. Beide hätten wir gerne gehalten. Vor allem der Verlust von Bollmann tut uns weh, das wollten wir mit Laslo-Maximilian Müllner und Adrian Schneider auffangen. Beide haben aber noch keine einzige Minute spielen können. Generell hätte ich mir diesen Umbruch lieber erspart, ich bin da ein großer Freund von Kontinuität.
Der neue Trainer Dragan Petkovic ist ungemein aktiv, tut viel – liefert aber bisher noch keine guten Ergebnisse. Sitzt er weiter fest im Sattel?
Wir sind weiter voll von ihm überzeugt und er steht außerhalb jeglicher Diskussionen. Wenn alle unserer Spieler so engagiert wären wie Dragan, hätten wir vielleicht den ein oder anderen Punkt mehr. Man muss auch einfach zugeben, dass einige Zugänge noch nicht so gezündet haben, wie wir uns das gewünscht haben. Dann ist die schwere Verletzung von Ibrahim Lahchaychi eine Vollkatastrophe. Er ist ein Spieler, den wir einfach nicht ersetzen können. Da kann niemand was für, aber das trägt alles dazu bei, dass Dragan bisher noch nicht die Ergebnisse liefern konnte, die er und wir uns wünschen würden.
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Alles muss hinterfragt werden
Der TuS spielt seine elfte Saison in der Oberliga. Wird es die vermutlich letzte auf unbestimmte Zeit sein?
Wir tun alles, dass das nicht der Fall sein wird. Gerade mit Blick auf die Sanierung unseres Stadions, das wenn es dann mal fertig ist ein echtes Schmuckstück ist, wollen wir auch in der kommenden Saison weiter in der Oberliga spielen. Wir müssen uns aber auch fragen, ob wir diesen Aufwand auch in den kommenden Jahren so weiter betreiben können.
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Was meinen Sie damit?
Da reicht ein Blick auf die Vereine um uns herum. Nicht wenige Oberligisten haben inzwischen hauptamtlich beschäftigte Mitarbeiter in ihren Geschäftsstellen sitzen. Bei uns dagegen machen das relativ wenig Leute neben ihrem eigentlichen, oft zeitintensiven Beruf. Wir müssen vor jedem Heimspiel schauen, ob wir jemanden für die Kasse haben, wer Ordner macht oder Würstchen verkauft. Irgendwann wurde einmal ausgerufen, dass wir in die Oberliga wollen. Das haben wir geschafft und sind jetzt seit einem Jahrzehnt da. Vielleicht wäre es also mal an der Zeit, sich ein paar neue Ziele zu stecken und einen Plan für die nächsten Jahre aufzustellen.
Ein Team voller Ennepetaler
Mit Blick auf die Zukunft dürfte Ihnen angesichts der vielen Talente in der Reserve doch eigentlich nicht bange werden, oder?
Das ist wirklich eine tolle Truppe und wir unterstützen als Verein auch ganz klar die Zielsetzung von Trainer und Mannschaft, dass diese junge Mannschaft voller Spieler aus der eigenen Jugend den Aufstieg in die Bezirksliga schafft. Ob das in dieser Saison gelingt, hängt aber auch davon ab, ob die TSG Sprockhövel II auch mal ein Spiel verliert. Da spielen sechs oder sieben Spieler, die bereits in der Regionalliga gespielt haben. Trotzdem haben wir da eine ganze Reihe an tollen Spielern bei uns in der Reserve, die sicher eine gute Zukunft bei uns haben werden.
Einer davon ist Joe Hellmann, der nach neun Spieltagen in der Kreisliga bei 25 Toren steht. Für die Oberliga aber habe er keine Zeit, wie er uns mitteilte. Haben Sie mit ihm darüber geredet?
Ja, natürlich. Aber es ist ja nicht so, als hätte Joe keine Lust bei uns in der Oberliga zu spielen. Er hat bedingt durch seinen Job im E-Sport einfach keine Zeit dafür und das müssen wir so respektieren. Wir würden ihn gerne in unserer ersten Mannschaft haben. Wenn er sagt: Ja, ich bekomme das zeitlich hin, ist er sofort wieder mit dabei. Er hat einen guten Riecher und ist eiskalt vor dem Tor, gerade das fehlt uns momentan in unserer Mannschaft auch ein bisschen.