Sauerland. Weil nach einem tragischen Todesfall eine Spielverlegung abgelehnt wird, herrschen in der Fußball-A-Liga West Empörung, Wut und massive Kritik.

Es ist ein Vorfall, der längst nicht mehr nur das Fußball-Sauerland beschäftigt, sondern über dessen Grenzen hinaus für Aufsehen sorgt. Im Zentrum der Kritik: Fußball-A-Kreisligist FC Fatih Türkgücü Meschede.

Nach dem tragischen Tod einer jungen Frau, die vor einer Woche kurz vor ihrem 20. Geburtstag starb, bat die SG Reiste/Wenholthausen – etwa zehn Spieler des A-Ligisten sind seit ihrer Kindheit eng mit der Verstorbenen befreundet oder bekannt gewesen – den FC Fatih um eine Verlegung des wenige Tage später für den vergangenen Sonntag angesetzten Meisterschaftsduells. Das aber ohne Erfolg: Nach mehreren Gesprächen entschied sich Fatih dazu, einer Verlegung nicht zuzustimmen, gewann daher die Partie kampflos und ebenso drei Punkte im Aufstiegskampf.

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Dieses Verhalten und auch vermeintliche Aussagen aus dem Vorstand Fatihs sorgen in der Liga für Unverständnis, Empörung und Wut – und haben Folgen: Mit dem SV Dorlar-Sellinghausen hat der übernächste Gegner Fatihs erklärt, aus Solidarität mit der SG Reiste/W. am Sonntag nicht antreten zu wollen.

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Mit 19 Jahren war die junge Frau aus Reiste wenige Tage vor dem angesetzten A-Liga-Spiel verstorben. „Ihr Cousin spielt in meiner Mannschaft, viele meiner Jungs waren eng mit ihr befreundet und sind zusammen mit ihr aufgewachsen. Sie war Teil einer großen Clique in Reiste. Für meine Spieler war ihr Tod ein Schock, die haben in ihrem Leben so etwas noch nie erlebt. An Fußballspielen war daher nicht zu denken“, erzählt Udo Dröge, Trainer der SG Reiste/Wenholthausen.

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Gemeinsam mit Jörg Kulina, Fußball-Abteilungsleiter des SuS Reiste, nahm Dröge Kontakt zum FC Fatih Türkgücü Meschede, dem kommenden Gegner in der Kreisliga A West, auf. Man bat aufgrund des Trauerfalls um eine Spielverlegung.

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Von Rainer Göbel und Heinz Heinemann

Erst nach drei Tagen sei von Seiten des FC Fatih eine endgültige Antwort gekommen: Man könne die Partie nicht verlegen. Mehr noch: Das Internetportal „match-day.de“ zitierte Durmus Acar, Vorsitzender des FC Fatih, wie folgt: „Die verstorbene Person war kein direkter Teil der Mannschaft, und die Beerdigung findet bereits am Samstag, 19. März, statt. Hätte sich dieses schlimme Ereignis erst zwei, drei Tage vor dem Spieltag zugetragen, hätten wir bestimmt einen neuen Termin gefunden. Letztlich hat sich unsere Mannschaft dagegen entschieden, das Spiel auf einen anderen Termin zu verlegen.“ Weil das Team bereits mehrere Englische Wochen erwarten würden, sei eine weitere Verlegung nicht möglich, so Acar laut Bericht: „Das wird für uns schon eine große Anstrengung, da im April die Fastenzeit beginnt.“

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Udo Dröge muss tief Luft holen. „Als ich das gehört habe, war es wie ein Schlag ins Gesicht und in die Magengrube zugleich. Man denkt dann auch an die Eltern der Toten. So einen Tiefschlag habe ich in 23 Jahren Trainertätigkeit bisher nicht erlebt. Hier sind Grenzen überschritten worden“, so der Coach der SG Reiste/Wenholthausen. „Wenn man richtig trauert, dann kann man am Tag nach einer Beerdigung doch keinen Fußball spielen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir wirklich nicht verlegen können“, pflichtet Jörg Kulina Trainer Dröge bei.

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Auf Nachfrage dieser Zeitung möchte sich Durmus Acar, Vereinschef des FC Fatih, telefonisch nicht ausführlich zum Sachverhalt äußern. „Ich werde an den Pranger gestellt und erlebe einen Shitstorm“, sagt er. Hauptgrund dafür, dass man der Verlegung der Partie nicht zustimmte, sei gewesen, „dass wir an den vorgeschlagenen Ausweichterminen als Mannschaft nicht genügend Spieler zusammenbekommen hätten“.

Mittlerweile hat sich der unrühmliche Vorfall zu einem Skandal ausgeweitet, der die gesamte Kreisliga A West betrifft – auch sportlich. Pikant: Während der FC Fatih als Dritter mitten im Aufstiegsrennen gegen den FC Fleckenberg/Grafschaft und TV Fredeburg mitmischt, benötigt die SG Reiste/Wenholthausen jeden Punkte für die neue eingleisige A-Liga.

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Solidarität erfährt die Spielgemeinschaft nun ausgerechnet von zwei direkten Konkurrenten: dem SV Dorlar-Sellinghausen und dem SC Kückelheim/Salwey. Der SV verzichtet an diesem Sonntag freiwillig auf das Duell gegen Fatih Türkgücü Meschede. Dies sei eine direkte Reaktion auf den Unwillen Fatihs, das Spiel gegen die Reister zu verschieben, erklärt Coach Markus Nagel – früher bei der SG Reiste/Wenholthausen aktiv – im Gespräch mit dieser Zeitung.

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Der Unwille, die Partie zu verlegen, sei für ihn „nicht nachvollziehbar. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Spieler der SG Reiste/Wenholthausen den Kopf nicht frei hatten und nicht angetreten sind. Umso mehr hat uns die Ablehnung dieser Anfrage samt Begründung des Vorstandes sowie der Mannschaft von Fatih Türkgücü Meschede schockiert. Die getroffenen Aussagen Fatihs stehen aus unserer Sicht im krassen Gegensatz zum Fair-Play-Gedanken des Amateurfußballs“.

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Mit diesem Schritt bringt sich der SV Dorlar/Sellinghausen selbst um die Chance, den Sechs-Punkte-Rückstand auf Platz acht schnell zu verringern. Nagel: „Wir möchten auf diesem Weg ein Statement setzen sowie höchstes Unverständnis für die Aussagen der Verantwortlichen von Fatih Türkgücü Meschede zum Ausdruck bringen. Diese Entscheidung hätten wir für jede Mannschaft aus der Liga gemacht. Die mit dem Nichtantritt verbundene Geldstrafe wird unsere Mannschaft aus der Mannschaftskasse begleichen.“

Unverschuldet in der Zwickmühle und gewissermaßen im Spotlight sitzt nun auch der SC Kückelheim/Salwey. Das Kellerkind ist am Freitag, 19 Uhr, nächster Gegner des FC Fatih. Man sei bestürzt ob des Trauerfalls in Reiste, sagt Trainer Martin Kelber: „Auch ein paar unserer Spieler waren mit der jungen Frau befreundet.“

Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, viele Gespräche geführt und entschieden, am Freitag anzutreten. „Es gibt gute Argumente, zu spielen und gute Argumente, nicht anzutreten. Aus unserer Sicht wäre es aber nicht im Sinne des Sports, nicht mehr gegen Fatih zu spielen. Das würde auch die Fleckenberger und Fredeburger im Aufstiegskampf benachteiligen“, sagt Kelber. Der SC erwägt nun, sein Unverständnis anders zu zeigen.