Sundern/Eslohe. Im vierten Teil unserer Serie zum Jugendfußball beleuchten wir Beispiele, bei denen Vereine im HSK den Jugendfußball in Eigenregie stemmen.
Es geht mitunter munter zu auf dem Fußballplatz des TuS Sundern. Knapp 400 Kinder und Jugendliche tummeln sich in einer Woche auf dem einen Feld, das das Röhrtalstadion bietet. Andreas Mühle ist froh, dass es so ist. Mühles Funktion allein beschreibt, welchen Stellenwert die Jugendarbeit im Verein hat, denn er ist Sportlicher Leiter – der gesamten Fußball-Abteilung wohlgemerkt, nicht Sportlicher Leiter der ersten Herrenmannschaft, wie es aus vielen anderen Vereinen bekannt ist. Als einer der ganz wenigen Vereine im gesamten Hochsauerlandkreis betreibt der TuS Sundern noch eine eigenständige Jugendabteilung und ist nicht auf den Zusammenschluss mit einem oder gar mehreren Vereinen angewiesen. Jugendfußball im Röhrtal boomt – entgegen des weitläufigen Trends.
Der Aufwand ist beträchtlich
Dass dieser Boom nicht ohne großen Aufwand möglich ist, dürfte angesichts der immer weiter sinkenden Zahl an jungen Fußballern keine große Überraschung sein. Für Vereine wie den TuS Sundern, den BC Eslohe oder den SV Brilon es aber ein Aufwand, der sich lohnt. „Bei uns haben wir derzeit 60 Trainer und Betreuer im Jugendbereich“, sagt Andreas Mühle. Heruntergerechnet auf die derzeit 14 am Spielbetrieb teilnehmenden Mannschaften sind das in etwa vier Übungsleiter und Betreuer pro Mannschaft. „Anders geht es nicht“, sagt Mühle. Beim TuS Sundern ist man sich des Stellenwertes der ehrenamtlichen Menschen im Verein bewusst, einen hauptamtlichen Trainer einzustellen, sei aktuell auch für einen Verein wie den TuS Sundern nicht darstellbar.
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Ohnehin steht und fällt auch bei den Vereinen, die noch keine Spielgemeinschaften bilden müssen, vieles mit dem Ehrenamt. „Das wird auch für uns immer schwieriger“, sagt Roland Keggenhoff vom BC Eslohe. Der Verein aus der 3000-Einwohner-Gemeinde im mittleren Sauerland ist der einzige Verein im gesamten HSK, der es noch schafft, eine komplette Jugendabteilung mit Kindern und Jugendlichen aus dem eigenen Ort zu bestücken. „Ich will das, was der TuS Sundern oder der SV Brilon machen, in keiner Weise schlecht reden. Aber wir generieren unsere Spieler tatsächlich noch ausschließlich aus unserem Ort“, sagt Keggenhoff.
BC Eslohe hat ein Alleinstellungsmerkmal
Vereine wie den TuS Sundern oder der SV Brilon, die sich darum bemühen, talentierten Spielern aus der Umgebung die Möglichkeit zu geben, überkreislich zu spielen, sieht er als „Leuchtturm-Vereine“ an. „Den Aufwand, der da betrieben wird, ist für uns auch nicht zu händeln“, gibt Keggenhoff zu. Einen eigenen Fahrdienst, wie ihn beispielsweise der SV Brilon auf die Beine stellt, könne der Verein nicht anbieten – auch, weil es dafür an ehrenamtlichem Engagement fehle.
Aktuell klappt es aber auch noch mit dem Engagement, dass der BC Eslohe betreibt. „Vielleicht profitieren wir auch gerade davon, dass wir so ein kleinerer Ort sind“, glaubt Keggenhoff. Von der A-Jugend bis zu den Minikickern schafft es der Verein, die Jugendmannschaften mit ausreichend Spielern zu besetzen. Eine Jugendspielgemeinschaft, wie sie vielleicht auch vergleichbar große Ortschaften schon mit anderen Gemeinden gebildet haben, sei derzeitig noch kein Thema.
Positiver Effekt oft nicht von Dauer
Ohnehin glaubt Keggenhoff nicht, dass so eine JSG auf die Dauer ein Gewinn für alle beteiligten Vereine ist. „Irgendwann geht da die Identifikation einfach verloren. Und gerade die ist es, was unseren Verein ausmacht“, glaubt er. Erst vor kurzem haben sich Spieler aus der Nachbargemeinde Kückelheim dem BC angeschlossen, weil die Spielgemeinschaft Reiste/Wenholthausen/Kückelheim/Salwey für sie nicht mehr genügend Mitspieler in ihrer Altersklasse stellen konnte. „Am Anfang einer solchen Spielgemeinschaft gibt es immer einen positiven Effekt, das nimmt aber aus der Erfahrung heraus mit der Zeit immer mehr ab“, sagt Roland Keggenhoff.
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Beim TuS Sundern ist man von einer Spielgemeinschaft ohnehin weit entfernt. In allen Altersklassen stellt der Verein derzeit zwei Mannschaften, zusätzlich gibt es noch Mannschaften für C- und D-Juniorinnen. Die Arbeit und die Akribie, die hinter so einer gewachsenen Jugendabteilung stehen, stellt einen Verein laut Mühle vor allem vor eine grundsätzliche Frage der Ausrichtung des Vereins. „Wir essen lieber das Obst aus unserem eigenen Garten, das schmeckt auch besser“, sagt er. Dieses Obst ist aber nicht billig, denn eines ist allen Vereinen, die wie der TuS Sundern oder der BC Eslohe noch eine eigene Jugendabteilung betreiben, bewusst: Jugendfußball kostet Geld.
Sundern ist dem eigenen Plan voraus
In Sundern habe sich der Verein 2015 dazu entschlossen, bedingungslos auf die eigene Jugend zu setzen. „Wir wurden am Anfang unserer Röhrtalschmiede noch ausgelacht. Da hieß es: ‘Da habt ihr aber jetzt ein schönes Wappen’“, erinnert sich Eric Wachholz, Vorsitzender des TuS Sundern. Inzwischen geht die Hälfte des Vereinsetats für die Jugendabteilung drauf. Die Bereitstellung der finanziellen Mittel zahlt sich aber aus: Inzwischen stellt der TuS Sundern eine extrem junge Mannschaft in der Männer-Bezirksliga, immer wieder tauchen neue Spieler aus der eigenen Jugend im Kader von Trainer Fabio Granata auf.
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Um das auch in Zukunft gewährleisten zu können, reflektiert der Verein sein eigenes Tun einmal jährlich in einer großen Runde zwischen allen Verantwortlichen, Funktionsträgern wie auch Trainern aus dem gesamten Klub. Dazu kommen externe Experten, die den Verein beraten. „Wir sind unserem Plan auch trotz Corona zwei bis drei Jahre voraus“, sagt Eric Wachholz. Es gelte, interessant zu sein und interessant zu bleiben. Nur so gebe es für den Jugendfußball im Sauerland auch eine Zukunft. Und viel buntes Treiben auf dem Platz.