Sauerland. Im dritten Teil unserer Serie zum Jugendfußball im Sauerland widmen wir uns dieses Mal Vereinen, die keine eigene Jugendabteilung haben.

Für Reinhard Zeitler sind es durchaus schwierige Tage. Und das liegt nicht daran, dass die erste und einzige Mannschaft des SC Bredelar in der Fußball-Kreisliga C Ost sportlich aktuell keine große Rolle spielt. Eher der personelle Zustand der Mannschaft macht ihm Sorgen, denn diese ist als 9er-Mannschaft gemeldet. Ein komplettes Team zu stellen ist aktuell nicht möglich. Auffüllen aus der eigenen Jugend? Beim SC Bredelar ist das nicht drin, denn der Verein aus Marsberg hat bereits seit zehn Jahren keine Jugendabteilung – und ist damit nicht allein im Hochsauerlandkreis.

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1050 Einwohner zählt der Stadtteil Bredelar. Zum Leben gibt es in dem Ort zwischen Brilon und Marsberg eigentlich alles, sogar der Regionalexpress nach Hagen und Dortmund hält hier stündlich. Fußball aber gibt es dort kaum noch. „Es ist schwer, eine Mannschaft zusammenzubekommen“, sagt Reinhard Zeitler. An eine eigene Jugendabteilung wie in den 1980er- und 1990er-Jahren sei überhaupt nicht zu denken. Und das, obwohl der SC Bredelar eigentlich ein Verein ist, der wächst. 230 Mitglieder zählt der Sportclub laut Zeitler aktuell. Er steht dem Gesamtverein vor.

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Lieber Fitnessstudio als Fußballplatz

Die einzige Abteilung, die nicht wächst, ist die Fußballabteilung. Jugendliche gebe es zwar, so Zeitler, diese tummeln sich aber lieber im vereinseigenen Fitnessstudio. „90 der 120 Mitglieder dort sind zwischen 16 und 21 Jahren alt“, sagt Zeitler. Verbindlichkeiten wie regelmäßige Trainingseinheiten und Spiele am Wochenende sind die jüngeren Mitglieder nicht bereit einzugehen – oder können es schlichtweg nicht. „Die meisten haben Ganztagesunterricht und sind erst so spät zuhause, dass sie es auch gar nicht zu einer bestimmten Uhrzeit schaffen würden“, sagt Zeitler. Doch nicht nur die Zeitnot und die fehlende Bereitschaft, Verbindlichkeiten einzugehen, stehen dem Fußball im Weg.

Reinhard Zeitler im Fitnessstudio des SC Bredelar. Die Abteilung hat seit einigen Jahren regen Zuwachs gefunden.
Reinhard Zeitler im Fitnessstudio des SC Bredelar. Die Abteilung hat seit einigen Jahren regen Zuwachs gefunden. © Annette Dülme

Vor allem der Boom bei den Individualsportarten sorgt für weniger – oder wie im Falle des SC Bredelar gar keinen – Zulauf in der Fußballabteilung. Das zeigen nicht nur die Zuwächse bei den Fitnessstudios, auch in anderen Abteilungen wie Darts oder Bouldern darf der SC immer wieder neue Mitglieder begrüßen. Darüber hinaus soll alsbald eine neue E-Sports-Abteilung an den Start gehen, von der sich Zeitler einiges erhofft. „Darüber wollen wir auch wieder Kinder für den richtigen Fußballsport begeistern“, sagt er.

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Neben den Spielereien an der Konsole soll es zusätzlich die Möglichkeit geben, auch in der nicht-virtuellen Realität sportlich zu werden. Eine vage Hoffnung, dass sich über diesen Zweig auch Kinder und Jugendliche finden, die im Verein Fußball spielen.

Spielgemeinschaft als Allheilmittel?

Wieso handhabt es der Verein dann nicht so, wie es viele andere Fußballklubs aus der Umgebung und geht eine Spielgemeinschaft ein? „Das ist in der Vergangenheit immer auf Ablehnung gestoßen“, sagt Zeitler. In der jüngeren Vergangenheit aber seien die Gespräche konstruktiver geworden, auch wenn die Probleme einer solchen Spielgemeinschaft Zeitler bekannt sind. „Da fehlt es einfach an Identifikation, finde ich“, sagt Zeitler.

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Außerdem zeige die aktuelle Situation in der Stadt, dass Spielgemeinschaften kein Allheilmittel seien. Gerade einmal zehn Teams mit Beteiligung von Marsberger Vereinen gehen in den vier Altersklassen von der D- bis zur A-Jugend an den Start.

Parallelen zum TuS Gevelinghausen

Die Sorgen, dass der SC Bredelar in absehbarer Zeit keine Männermannschaft mehr stellen kann, ist da nachvollziehbar. „Das kann ganz schnell gehen“, sagt Zeitler. Ähnlich ist die Situation beim TuS Gevelinghausen. Im Olsberger Ortsteil wohnen aktuell etwas mehr als 500 Menschen. Und das ist schon seit Jahren zu wenig, um eine eigene Jugend an den Start zu bringen. „Seitdem ich im Verein bin, haben wir keine Jugendabteilung“, so TuS-Vorsitzender Daniel Theck.

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Die erste Mannschaft der Gevelinghäuser spielt derzeit in der Kreisliga C, aktuell sind 20 Spieler aktiv. „Wir sind einfach zu klein, um eine eigene Jugendabteilung aufzubauen“, sagt Theck. Man sei froh, dass es in Gevelinghausen noch eine eigenständige Mannschaft gäbe, schließlich haben sich in der Umgebung immer mehr Vereine zu Spielgemeinschaften zusammengeschlossen.

Düstere Prognose

So wie dem SC Bredelar oder dem TuS Gevelinghausen geht es noch neun anderen Vereinen in den Fußballkreisen Hochsauerlandkreis und Arnsberg. Dass diese Klubs aus den überwiegend kleinen Ortschaften unter den heutigen Umständen noch eine eigenständige Jugendabteilung aufbauen können, halten Experten für nicht umsetzbar.

Wenn diese Vereine auch keine Spieler von anderen Klubs, die eventuell sogar eine Jugendabteilung betreiben, für sich gewinnen können, werden sie wohl in absehbarer Zukunft auch der Reihe nach von der Bildfläche verschwinden.