Gelsenkirchen. Viele Schalke-Mitglieder lassen ihre große Chance auf Mitbestimmung ungenutzt. Die Zahlen sind besorgniserregend, Veränderungen nötig. Ein Kommentar.
Schalke 04 polarisiert. Der Verein lebt davon, dass seine rund 190.000 Mitglieder miteinander jubeln, leiden und diskutieren – ob im Stadion, in der Kneipe, in Fan-Foren oder in den Sozialen Medien. Auch auf der Mitgliederversammlung am Samstag ging es in einigen Redebeiträgen der Mitglieder heiß her, inklusive harter Kritik an Vorstand und Aufsichtsrat. Doch letztlich hielt sich der Andrang stark in Grenzen. Lediglich 4735 Mitglieder waren vor Ort – also nicht einmal 3 Prozent der Vereinsmitglieder.
Stellvertretend 190.000 Schalker hat diese kleine Gruppe sämtliche Wahlen durchgeführt und entschieden. Dass Mitglieder auf Schalke über die Berufung des Aufsichtsrats bestimmen, dass sie durch Anträge aktiv Dinge bei ihrem Herzensklub verändern können, ist in Fußball-Deutschland längst die absolute Ausnahme. Der Großteil der Fans und Mitglieder ist zurecht stolz darauf, dass die Königsblauen auch im Jahr 2024 noch ein eingetragener Verein sind.
Schalke: Die Mitgliederversammlung muss verändert werden
Das Problem ist nur: Ein Großteil der Mitglieder nutzt dieses seltene und wertvolle Gut der Mitbestimmung nicht. Es ist dramatisch, dass Ender Ulupinar in diesem Jahr nur 1030 Stimmen für den Einzug in den Aufsichtsrat gereicht haben – in das Gremium, das den Vorstand kontrolliert. Nur rund 0,5 Prozent der Vereinsmitglieder haben demnach ihre Stimme für den Unternehmer aus Gelsenkirchen abgegeben.
Die schwache Anwesenheitsquote und Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Mitgliederversammlung müssen für die Mitglieder und den Verein eine Warnung sein. Die Veranstaltung muss verändert, womöglich sogar ein stückweit revolutioniert werden. Ein Antrag auf eine Hybrid-Veranstaltung, bei der auch eine digitale Teilnahme an der MV möglich wäre, wurde von den Mitgliedern abgelehnt. Obwohl etliche Schalker außerhalb von Nordrhein-Westfalen wohnen und eine Anreise am Samstagmorgen nach Gelsenkirchen mit großem Aufwand verbunden ist.
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Die Veranstaltung Mitte November in der Arena durchzuführen, hat zusätzlich Mitglieder abgeschreckt – schließlich war das Stadion bei rund acht Grad trotz geschlossenem Dach ein gigantischer Kühlschrank. Darin mussten die Schalker fünfeinhalb Stunden ausharren, bis endlich die wichtigen Wahlen der zwei Aufsichtsrats-Posten anstanden. Wenig verwunderlich hielten es etliche Fans so lange nicht aus – bei Ulupinars Wahl waren schon etliche Schalker auf dem heimischen Sofa. Abstimmen konnten sie folglich nicht mehr.
Eine Marathon-Veranstaltung mit einer Gesamtdauer von über sieben Stunden und weiteren Hürden wie der Kälte in der Arena sind extrem abschreckend. Die traurige Wahrheit ist: Unter diesen strukturellen Problemen leidet die Mitbestimmung der Mitglieder – und somit der ganze Verein.
* In einer früheren Version dieses Kommentars haben wir berichtet, dass der Aufsichtsrat sich in einer Empfehlung an die Mitglieder gegen eine hybride Mitgliederversammlung ausgesprochen hat. Tatsächlich aber hat der Aufsichtsrat keine Empfehlung abgegeben, um den Mitgliedern „eine wertfreie Entscheidung“ zu ermöglichen.
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