Dortmund. Borussia Dortmund sucht eigentlich nach einem externen Nachfolger für Nuri Sahin. Interimstrainer Mike Tullberg erhält Zuspruch.
Sogar in den professionellen Fußball halten hin und wieder Psycho-Spielchen Einzug. Lars Ricken, der Sport-Geschäftsführer von Borussia Dortmund, bediente sich in diesen Tagen an solch einem. Mike Tullberg war von ihm als Interimstrainer in die Bundesliga-Partie gegen Werder Bremen (2:2) geschickt worden – und zwar nur für dieses eine Spiel. Das war geflunkert, wie Ricken am Samstag dann zugab. Es sei intern längst klar gewesen, dass der Däne auch in der Champions League am kommenden Mittwoch (21 Uhr/DAZN) gegen Schachtar Donezk die Dortmunder Mannschaft betreuen werde. „Ich wollte 100 Prozent Mike Tullberg. Und den habe ich bekommen“, freute sich Ricken.
Mike Tullberg, wie er leibt und lebt. Den haben 81.365 Menschen im Dortmunder Stadion gegen Werder gesehen. Da sprang der Däne wie ein HB-Männchen an der Seitenlinie entlang, sprintete bei beiden Toren für den BVB in Richtung der Südtribüne, trieb seine Profis bis zur allerletzten Sekunde in Unterzahl an. Und, das war wohl am wichtigsten von allem, pustete der verunsicherten Mannschaft den Kopf frei. „Er hat ein gewisses Maß an Lockerheit reingebracht, hat mit allen gesprochen, sie eingeschworen, nicht zu sehr mit taktischen Maßnahmen überfrachtet. Nicht nur die Mannschaft emotional erreicht, sondern auch viele Fans“, lobte Ricken.
BVB: Mike Tullberg will Lockerheit zurückbringen
Der 39-jährige Mindestens-zwei-Spiele-Trainer meinte: „Wenn man keine Lockerheit hat und einen Riesendruck, dann kann man auch nicht performen. Alle haben angefangen, Fußball zu spielen, weil sie Spaß hatten. Den sollen sie jetzt nicht auf der großen Bühne verlieren.“ Freilich war nicht alles gleich viel besser als unter dem nach dem 1:2 in Bologna entlassenen Nuri Sahin. Das Offensivspiel wirkte einfallslos, eine 2:0-Führung wurde – nach der frühen Roten Karte für Nico Schlotterbeck – in Unterzahl verspielt. In „sechs, sieben Tagen“, könne er den Fußball nicht neu erfinden, betonte Tullberg, er könne auch nicht in die akribische Detailarbeit gehen, sondern wenn überhaupt den Mut zurückbringen. Es gab erste Erfolge: Nach dem Ausgleich, da fiel diesmal kein schwarz-gelbes Kartenhaus zusammen. „Dafür“, so Tullberg, „haben sie ein großes Lob verdient.“
Von der Trendwende unter Tullberg konnte noch keine Rede sein, der Punkt gegen Bremen allerdings verschaffte den Dortmunder Bossen Zeit. Sie fahnden ja eigentlich nach einem externen Fußballlehrer, der die Mannschaft bis zum Saisonende stabilisiert. Nach so jemanden wie Niko Kovac, 53. Noch aber scheint niemand geeignetes gefunden, eine Vertragsunterzeichnung bahnte sich auch am Wochenende nicht an. Der BVB wirkt unvorbereitet auf die Sahin-Entlassung.
BVB: Der Trainermarkt für den Winter ist schwierig
Woran hakt es? „Insofern gar nicht, dass wir uns die notwendige Zeit nehmen“, sagte Ricken. „Es zahlt auch darauf ein, dass wir den Weg mit Nuri gesehen haben und da auch nicht vorher in tiefe Gespräche gegangen sind. Das findet jetzt statt. Ich glaube, dass wir aktuell mit Mike hervorragend aufgestellt sind, weil er die Spieler wirklich erreicht, und das hat man heute gesehen, auch wenn das 2:2 nicht das Ergebnis ist, was wir uns erhofft haben.“ Fragen zu Szenarien nach dem Donezk-Spiel wich der Sport-Geschäftsführer aus.
Der Markt im Winter ist schwierig. Trainer, die eine „goldene Zukunft“ versprechen, sind derzeit nicht verfügbar. Ein renommierter Fußballlehrer, der nur für ein halbes Jahr im Ruhrgebiet aushelfen darf, muss erstmal gefunden werden. Greift der BVB ins Mittelklasse-Regal ist es fraglich, ob dieser Coach überhaupt einen größeren Einfluss als Tullberg hätte. Und: Sollte Dortmund die Play-offs der Königsklasse erreichen und gar ins Achtelfinale einziehen, startet derjenige im gnadenlosen Strudel Englischer Wochen. Tullberg kennt die Spieler, den Klub. Daher scheint es inzwischen nicht mehr ausgeschlossen, dass der U19-Trainer gar bis zum Sommer bei den Profis bleibt.
BVB: An Trainerfrage hängen auch die Transferplanungen
An der Trainer-Frage hängen auch die Transferplanungen, sie sollte also zügig geklärt sein. Vor allem in dieser Hinsicht wirkt der Klub derzeit planlos, ein Zugang zeichnet sich nicht ab – nicht mal der Nachfolger von Flügelspieler Donyell Malen, dessen Abgang sich seit Monaten praktisch feststand. „Wenn ich gefragt werde, antworte ich“, meinte Mike Tullberg auf die Frage hin, ob er in Planungen involviert sei. Tullberg verabschiedete sich dann mit dem Hinweis, dass er nun zu Hause seine Kinder in den Arm nehmen werden. „Und dann“, so Tullberg, „mal schauen.“
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