Dortmund. Der BVB besiegt Bochum 4:2, offenbart dabei aber viele Mängel. Doch die Lage ist deutlich besser als beim kriselnden Reviernachbarn.
Glückwünsche wollte Lars Ricken nicht entgegennehmen, als er lange nach Abpfiff im Stadion-Umlauf in Richtung des Ehrengastbereichs unterwegs war. Dafür war dem Geschäftsführer Sport von Borussia Dortmund zuvor trotz des 4:2 (1:2)-Siegs gegen den VfL Bochum zu vieles aufgefallen, was noch nicht so richtig rund lief bei seinen Schwarz-Gelben. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, resümierte Ricken so kurz wie korrekt.
Denn seine Mannschaft hatte, unter tatkräftiger Mithilfe des mutig aufspielenden VfL, einen zwar unterhaltsamen, dafür aber wenig hochklassigen Auftritt hingelegt. Einen, der den BVB-Verantwortlichen einige zusätzliche Sorgenfalten ins Gesicht gezaubert haben dürfte, insbesondere beim Blick auf ihre Abwehr, die dem Gegner einen Zwei- und fast sogar einen Drei-Tore-Vorsprung gestattete. Beim Führungstreffer durch Matus Bero reichte den Bochumern ein langer Ball nach vorne und dann ein simpler Doppelpass (16.). Den zweiten Treffer durch Dani de Wit schenkte BVB-Torhüter Gregor Kobel mit einem Ballverlust her (20.). Und dann durfte Myron Boadu noch vollkommen frei aufs Dortmunder Tor zulaufen, Bochums Angreifer vergab aber recht kläglich (32.).
BVB-Trainer Nuri Sahin kritisiert Abwehrverhalten
„Das war sehr, sehr schlecht verteidigt“, urteilte Dortmunds Trainer Nuri Sahin, der sowohl Stellungsspiel als auch Zweikampfverhalten seiner Defensive bemängelte. Nach dem 1:5 gegen den VfB Stuttgart steuerte der BVB auf das nächste Debakel zu. Doch diesmal gelang den Dortmundern eine adäquate Reaktion, auch weil der VfL deutlich instabiler agierte als vor Wochenfrist der VfB. Eine erste ernsthafte Drangphase noch vor der Pause endete mit Flanke Julian Brandt, Kopfball Serhou Guirassy und dem Dortmunder Anschlusstreffer (43.).
„Und was mich sehr, sehr glücklich macht, ist die Art und Weise, wie sich die Spieler in der Halbzeitpause in der Kabine verhalten haben, das gibt mir ein extrem gutes Gefühl“, meinte Sahin. Sehr klar nämlich, und sehr sicher, dass man diese Partie noch drehen würde. Und so kam es gegen nachlassende Bochumer: Foul des Ex-Dortmunders Felix Passlack an Guirassy, Elfmeter Emre Can – Ausgleich (62.). Steilpass Karim Adeyemi, Abschluss Guirassy, 3:2 (75.).
BVB-Stürmer Serhou Guirassy überragt mit zwei Toren
Nur am 4:2 war der Dortmunder Mittelstürmer nicht beteiligt, als VfL-Torhüter Patrick Drewes den harmlosen Schuss von Felix Nmecha durch die Finger flutschen ließ (81.). Ansonsten aber war der Sommerzugang der alles überragende Mann. „Wir sind alle sehr, sehr glücklich, dass er bei uns ist“, meinte Sahin. „Wir sind nicht nur froh, dass er Tore macht, sondern auch darüber, wie er sich gibt.“
Trotz aller Unzulänglichkeiten im eigenen Spiel, vor allem gegen den Ball: Ein Anschwellen der Diskussionen, eine erste echte Krise blieb den Dortmundern dank einer ordentlichen zweiten Halbzeit erspart. Eine Halbzeit, in der Bochum zwar weitere gute Chancen hatte, diese aber nicht mehr nutzte.
Bochum-Fans feiern Mannschaft – doch der VfL ist in der Krise
Und so war die Gemütslage beim kleinen Reviernachbarn eine ganz andere: Die 8000 mitgereisten Fan feierten ihre Mannschaft zwar, würdigten den aufopferungsvollen Kampf und den mutigen Auftritt beim großen Favoriten. Auch Trainer Peter Zeidler hatte viel Positives am Auftritt seiner Mannschaft gesehen, musste aber auch einräumen, dass die Bochumer davon am Ende wenig haben. Apropos wenig haben: Einen einzigen Punkt hat der VfL nach fünf Bundesliga-Spieltagen eingefahren, entsprechend gedrückt ist die Stimmung an der Castroper Straße, wo die Niederlage am Samstag aufgearbeitet wurde. Sportdirektor Marc Lettau wollte sich entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten nach dem Spiel nicht äußern.
Klar ist: Der Druck auf den allseits geschätzten Trainer Zeidler wächst, obwohl seine Ideen gegen Dortmund eine Halbzeit lang gut aufgegangen waren – doch nach der Pause verspielte Bochum wie schon so oft in dieser Spielzeit seine gute Ausgangslage und steckt tief in der sportlichen Krise. Ganz anders der BVB, der noch immer keinen Glanz versprüht, aber zumindest die Ergebnisse meist auf seiner Seite hat. So soll es schon am Dienstag (21 Uhr/Prime) weitergehen, dann ist Celtic Glasgow in der Champions League zu Gast – und damit der nächste Außenseiter.
Die gesammelten Hintergründe zum Derby BVB - VfL Bochum